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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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sich an die Reling, als die Luftfähre aufstieg, und schauten hinab auf die Universitätsinsel, die Stadt und die Bucht. Die fast lautlosen Propeller über ihren Köpfen zerhackten den scharlachroten Sonnenuntergangshimmel in Tupfen und Flecken; in dem gewölbten Deck der Luftfähre konnten sie nur den Baß der surrenden Propeller und den hohen Sopran der zischenden Düsen hören.
    Locille sagte plötzlich: »Ich habe dir noch nichts von Roger erzählt. Meinem Bruder«, fügte sie hastig hinzu.
    Cornut unterdrückte eine Gefühlsaufwallung, ehe sie richtig begonnen hatte. »Was ist mit ihm?« fragte er erleichtert.
    Sie sagte trocken: »Er hat nicht das Kaliber für die Universität. Vielleicht hätte er es gehabt, aber … Als Roger ungefähr fünf war, ging er vom Texas aus schwimmen – er sprang ins Wasser, und dort war schon ein anderer Junge. Sie prallten zusammen. Der andere Junge ertrank.« Sie machte eine Pause und wandte sich ihm zu. »Roger hatte einen Schädelbruch. Seitdem ist er – nun ja, seine Intelligenz hat sich von da an nicht mehr weiterentwickelt.«
    Cornut nahm die Mitteilung stirnrunzelnd auf.
    Es machte ihm nichts aus, daß er einen blöden Schwager hatte; er hatte nur nie daran gedacht, überhaupt einen Schwager zu haben. Es war Cornut nie in den Sinn gekommen, daß eine Heirat mehr als zwei Menschen mit einschloß.
    »Er ist nicht verrückt«, sagte Locille bekümmert, »nur eben nicht intelligent.«
    Cornut hörte ihr kaum zu. Er war dabei, mit dem Gedanken fertig zu werden, daß es hier nicht nur Wachhund oder Liebe gab; hier gab es etwas, womit er nicht gerechnet hatte. Es dauerte zwanzig Minuten, um die restliche Strecke bis zum Texas zurückzulegen, und Cornut grübelte die ganze Zeit über die Tatsache nach, daß er nicht nur eine Bequemlichkeit oder ein Vergnügen auf sich genommen hatte, sondern auch eine Art Verpflichtung.
     
    Der Texas stand dreißig Meter im Wasser, von Sandy Hook aus gerade über dem Horizont. Er bestand aus fünfzehn Morgen Stahldecks auf zwölf Ebenen, die niedrigste davon etwa dreizehn Meter über dem mittleren Hochwasserstand. Es war nicht der Fehler der Texasplaner, daß »der mittlere Hochwasserstand« eine Abstraktion war, der Durchschnittsunterschied zwischen Ebbe und Flut. Der Texas hockte auf Hunderten von Metallbeinen, die bis zu den Grundfelsen im Schlick versanken, und er war eine Zielscheibe der Wellen. Bei Stürmen klatschten die schaumgekrönten Wogen fordernd gegen seinen Unterleib. Bei Gewittern schlug der Blitz bestimmt in das Radargerät auf seinem Turm ein.
    Einst waren diese Radargeräte der Grund für das Vorhandensein der Texastürme gewesen. Diese Epoche war vorüber; Satellitenaugen und ionosphärische Forschungsmethoden hatten ihrer Bedeutung ein Ende gemacht. Aber die Welt hatte andere Verwendungszwecke für die Türme gefunden. Sie lotsten die walfischförmigen Unterseeboote der Welthandelsflotte, wenn sie über dem Kontinent als Schelf auftauchten, in die Häfen; sie dienten in seichten Gewässern der kreuzenden Fischereiflotte als »Mutterschiffe«. Allein schon an der amerikanischen Küste boten sie mehreren Zehnmillionen Unterkunft. Sie boten lästigen Industrien Raum – Industrien, die stanken oder laut oder gefährlich waren.
    Energie war auf einem Texas so gut wie gratis. Jedes hohle Bein war am unteren Teil durchbrochen. Die vorbeirauschenden Wellen komprimierten die Luft in den Säulen und preßten sie durch ein Klappventil in einen Drucktank. Beim Öffnen der Ablaßventile surren die pneumatischen Turbinen, und von dort bezogen die Beleuchtungsanlagen und Industrien des Texas ihren Strom. Bei »gutem« Wetter – wenn die Wellen wühlten und tosten – war Energie zum Schmelzen von Aluminium vorhanden; die Erzschiffe, die das Rohmaterial löschten, nahmen die Schlacke mit und schütteten sie in Sichtweite des Texas in die unerschöpfliche Abfallgrube des Ozeans. Bei »schlechtem« Wetter – wenn der Atlantik spiegelglatt war – wurde die Aluminiumherstellung eine Zeitlang eingestellt. Aber das Wetter war nie lange wirklich »schlecht«.
    Locilles Eltern und Bruder lebten in einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Wohngegend des Texas. Sie lag auf der Leeseite des Fischereidistriktes, möglichst weit ab von der Aluminiumraffinerie und sechs Ebenen über den Generatoren. Cornut fand es hier gräßlich. Es stank und war laut.
    Locille hatte Geschenke mitgebracht. Eine Krawatte für ihren Vater, irgendwelche Kosmetika für ihre

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