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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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ihre Sorge um ihn so groß, dass sie die Hand ausstreckte und sein Gesicht berührte. Ihr
     kam der Gedanke, dass er so jung war, dass er ihr Sohn sein könnte.
    »Es ist schwer zu erklären«, sagte er.
    »Versuchen Sie es.«
    Ein paar Stäubchen schwebten zwischen ihnen in der Luft, vom Licht blau und rot gefärbt.
    »Ich würde es gern. Aber ich kann nicht. Ma’am.«
    Webley ließ die Hand noch einen Moment auf seiner Wange ruhen. »Ich vertraue Ihnen«, sagte sie. Sie nahm die Hand von seiner
     Wange und rückte seinen Kragen gerade. »Bringen Sie diese Sache hier zu einem guten Ende.«
    Sie sah ihm nach, als er die Chapel verließ, während das Leitmotiv von Bachs Orgelchoral erklang. Kopfschüttelnd ließ sie
     ihre Gedanken zurückwandern.
    Ich habe ihn in meinen Armen gehalten. Ich hatte Angst, dass er stirbt. Dann habe ich dafür gesorgt, dass er diese verdammte
     Tapferkeitsmedaille bekam. Ihm meinen Stempel aufgedrückt.
    Jetzt aber fragte sie sich, was zum Teufel wohl wirklich in Tom Fletchers Kopf vor sich ging. Sie blickte auf und sah die
     Augen des Organisten, der sie im Spiegel beobachtete.
     
    Tom Fletcher hörte, dass sie wegging, bevor er es sah. Er hörte, dass die Tür geöffnet wurde, und wartete darauf, dass sie
     ins Schloss fiel, aber das Geräusch blieb aus. Er stieg die Treppe hinunter und sah, wie sie, einen Rollkoffer hinter sich
     herziehend, über die Alpha Road davonging. Er lief ihr nach und holte sie ein.
    Sie blickte sich nach ihm um, blieb aber nicht stehen. Es war früh am Tag und kalt, und über dem Cam, der am Ende der Straße
     vorüberfloss, lag Nebel. Er ging neben ihr her, als sie die Chesterton Road überquerte und dann dem Fluss zur Fußgängerbrücke
     folgte, die übers Wehr führte. Sie sagte nichts. Das Rattern des Rollkoffers war lauter als der Verkehrslärm und das Rauschen
     des Wassers im Wehr.
    »Wann kommst du zurück?«
    Sie antwortete nicht.
    Bei der Fußgängerbrücke sagte sie: »Bleib hier zurück.« Hinter ihr rauschte der Cam durch die Schleusentore, und das grüne
     Wasser verwandelte sich beim Herabfallen in weiße Gischt. Sie nahm sein Gesicht zwischen die Hände und lächelte ihn an. Er
     war fünfzehn und so groß wie sie. Dann drehte sie sich um, schleppte den Koffer auf die Brücke und ging davon. Bald schon
     übertönte der Fluss das Rattern der Räder.
    Er kehrte ins Haus zurück, ging in die Küche und setzte sich zu seinem Vater an den Tisch. Die Fenster waren beschlagen und
     Tropfen sammelten sich auf der Scheibe und rollten nach unten. Sein Vater hatte eine geöffnete Bierflasche vor sich stehen,
     der Kronkorken lag daneben.
    »Sie kommt bald zurück« , sagte sein Vater. »Sie macht einfach mal Urlaub. Sie ist nur in Urlaub gefahren.«
    Dann zwinkerte er ihm zu, und die Falten um seine Augen herum waren so scharf wie die Kanten des Kronkorkens.
    Tom Fletcher sah sie nie wieder. Seine Mutter ging übers Wehr und verschwand aus seinem Leben.

Donnerstagabend
    Hinter den Feldern schimmerte der Fluss im letzten Licht des Sonnenuntergangs. Fletcher fand die Lücke in der Hecke, und der
     Audi rumpelte auf die Geröllhalde am Rande der alten amerikanischen Raketenbasis.
    Er stellte den Motor ab, nahm die Stabtaschenlampe aus dem Handschuhfach und stieg aus. Vor ihm erstreckte sich das verblühte
     Löwenzahnfeld. Der bröckelnde Beton knirschte unter seinen Füßen, und Wolken von Pusteblumensamen stiegen in die Luft. Weiter
     vorn zeichneten sich die hohen Kuppeln dunkel ab. Als er die erste erreicht hatte, seinen damaligen Treffpunkt mit Iwan, stieg
     er hinauf und blickte von oben in den Spalt. Abgesehen von einer verkohlten Feuerstelle war nichts darin. Von dort oben konnte
     er die anderen Kuppeln sehen, die sich über die ganze Basis verteilten, alle in Ost-West-Richtung ausgerichtet. Außer einem
     Zug Gänse, der tief am Himmel flog, war nichts Lebendiges zu sehen. Er wartete eine Weile. Der Sonnenuntergang wich der Abenddämmerung,
     und oben am Himmel leuchtete ein einzelner Stern auf.
    Er stieg hinunter und kam auf eine rissige Asphaltstraße, die zu den anderen Kuppelgebilden führte. Einige davon waren riesig,
     offensichtlich keine einfachen Luftschutzbunker, sondern die Raketensilos, in denen die amerikanischen Missiles gestanden
     hatten. Er zählte etwa ein Dutzend dieser Giganten, die in einer unregelmäßigen Linie auf dem Plateau saßen.
    Einen Moment lang zögerte er. Dann dachte er an das Vertrauen,das man in ihn setzte.

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