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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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Ich hab mir Sorgen
     um Sie gemacht, Miss Moresby.«
    »Sie sind ja blau, Tony.«
    »Man redet, Miss Moresby. Man redet in den Fens.«
    »Worüber denn?« Das Flugzeug nach Lissabon tauchte vor der Glaswand der Abflughalle auf und die ersten Passagiere gingen an
     Bord. »Worüber redet man, Tony?«
    »Über dieses Dorf, Miss Moresby. Lauter Geschichten über dieses verrückte Dorf. Seien Sie unbedingt vorsichtig, ja?«
    Und dann verschwand Tony Olland wieder in der Einsamkeit der Küste von Suffolk.
     
    Über dem Raketensilo war der Mond aufgegangen und das Asphaltband der Straße schlängelte sich blauviolett zwischen den anderen
     Kuppeln hindurch. Berlitz zeigte auf das Monstrum, aus dem sie gerade herausgetreten waren.
    »Dort hinauf, mein Freund.«
    Fletcher kletterte den grasbewachsenen Hang hoch und spürte, wie der nächtliche Wind den Schweiß auf seiner Stirn trocknete.
     Auf halbem Wege blickte er sich um, doch Berlitz schien spurlos verschwunden. Oben klaffte plötzlich der Raketenschacht vor
     ihm auf, eine Öffnung, die in dunkle Tiefen führte.
    Zur Rechten sah man die dunkle Marschlandschaft der Fens, dahinter die Lichter von Thinbeach und noch weiter hinten den hellen
     Umriss der vom Mond beschienenen Kathedrale. Ganz in der Nähe aber hoben die anderen Silos sich als dunkle Kolosse vor der
     grauen Oberfläche des Plateaus ab, und in den Schatten, die die über den Himmel ziehenden Wolken immer wieder vor das Mondlicht
     legten, sah es so aus, als bewegten sich die Ungetüme.
    Iwan stand am Rand der Öffnung und blickte auf die Landschaft hinaus, und wie diese war er abwechselnd vom Mondlicht übergossen
     oder in den Schatten der dahinziehenden Wolken getaucht. Er trug diesmal wieder Nadelstreifen, und die Narbe an seiner Kehle
     schimmerte im Mondlicht, als er Fletcher lächelnd begrüßte.
    »Ein Polizist bittet mich um ein Treffen, da muss ich wohl wichtig sein.«
    »Peter Charter ist tot. Judith Denton ist eine verwirrte, verletzliche junge Frau. Sie machen uns Ärger, Iwan.«
    »Habe ich irgendwelche Gesetze übertreten? Einmal von der Waffe und der Einreise abgesehen?«
    »Das hängt von Ihren Plänen für Thinbeach ab.«
    Iwan nickte. »Pläne, das ist das richtige Wort. Seit meiner Kindheit habe ich eine Karte von Thinbeach im Kopf und studiere
     sie immer wieder. Ich habe Ihnen erzählt, dass ich im Zylinder war, nicht wahr? Aber nicht einmal im Zylinder habe ich mich
     an die Regeln gehalten, und ich wurde bestraft. Man steckte mich in eine Strafzelle, die nur so groß wie ein Schrank und bis
     auf ein wenig Licht, das in drei Metern Höhe durch einen Schlitz einfiel, vollkommen dunkel war. So etwas überleben nur wenige.
     Ich überlebte es, weil ich die ganze Zeit die Landkarte von Thinbeach vor Augen hatte. Ich ging im Geist durch die Straßen
     des Dorfes und stellte mir vor, wie dieser Ort riechen und wie die Menschen dort sein würden. Ich hatte alle Zeit der Welt,
     mir zu überlegen, was ich hier tun würde, wenn ich endlich selbst herkommen könnte.«
    »Hören Sie mir zu, Iwan. Sie müssen verstehen, was ich Ihnen jetzt sage, und lernen, es zu akzeptieren. Sie sind besessen
     von
The Wake
und Thinbeach, doch Ihr Groll entbehrt jeder realen Grundlage. Ich weiß, wie Ihr Vater gestorben ist: Er kletterte nach einem
     Autounfall aus dem Wagen und suchte Hilfe, stürzte aber unterwegs in den Thinbeach Pool und erfror. Es war ein tragischer
     Unfall.«
    »Er soll ins Wasser gefallen sein? Mein Vater? Das glaube ich nicht, und im Grunde glauben Sie es ebenso wenig. Das sehe ich
     Ihnen an.«
    Fletcher dachte an Alain de Minchings Bericht über jene Nacht, daran, dass man den Verletzten aufgrund eines schrecklichen
     Missverständnisses vor verschlossenen Türen hatte stehen lassen. Er dachte an die knappe, nichtssagende Aktennotiz aus dem
     Innenministerium. Doch er sagte: »Es ist vorbei, Iwan. In einer Stunde wimmelt es hier von Polizisten.«
    »Das wäre ein Fehler. Falls Sie mich festnehmen oder falls Sie die Hochzeit abblasen oder polizeilich sichern lassen, geht
     es erst richtig los, das kann ich Ihnen versprechen. Denken Sie etwa, Berlitz wäre mein einziger Helfer? Dafür habe ich diese
     Sache hier zu gründlich geplant. Jeden Tag rufe ich eine bestimmte Telefonnummer an, eine Nummer hier in England. Jeden Tag
     sage ich, nein, jetzt noch nicht, wartet noch. Aber wenn dieser Anruf eines Tages ausbleiben sollte, werden andere Russen
     kommen und schreckliche Dinge mit den

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