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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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schaute nach allen Seiten .
    »Laß dir nur Zeit«, meinte er nach einer Weile .
    »Und sag nicht immer ›laß dir Zeit‹! Kannst du dir vorstellen, wie es an einem normalen Tag wäre, wenn hinter mir eine kilometerlange Autoschlange hupen und der Verkehrspolizist herkommen und mich weiterpfeifen würde ?
    Da wäre längst die ganze Stadt verstopft, und alle würden mir die Schuld geben. Wenn es bloß nicht so heiß wäre! Ich verschmelze buchstäblich mit dem Sitz. Ich hab dir gleich gesagt, wir hätten warten sollen, bis es kühler wird. «
    »Es wird dunkel, bevor es kühler wird«, entgegnete der Maresciallo sachlich .
    »Ich fahre nicht im Dunkeln, und damit basta. «
    »Schon gut. «
    »Also, der Gang ist drin. Ist er drin? Er ist drin. Kupplung – nein, Handbremse. Ich hätte in den Spiegel schauen sollen, aber … er fährt … nein. Salva, um Himmels willen! «
    »Hab doch ein bißchen Geduld. «
    »Geduld! Mit dir würde jeder die Geduld verlieren, wenn du so mit den Händen auf den Knien dasitzt wie ein Holzklotz. Als ob du fernsehen würdest. Wie kannst du mir das Fahren beibringen, wenn du nicht redest? Ich hänge seit einer halben Stunde an dieser Kreuzung fest – er fährt! «
    »Ich glaube, du solltest lieber anhalten. «
    »Und mir das Ganze noch mal antun? Ich werde nicht noch einmal anhalten, bevor wir zu Hause sind, wenn ich es vermeiden kann. «
    »Na ja … die Via Romana ist eine Einbahnstraße. Halt an und fahr rückwärts raus. Du hättest rechts abbiegen müssen. «
    »Was? Warum hast du das nicht gleich gesagt? Die Bremse … Wenn ich irgendwo drangefahren wäre – du willst uns wohl beide umbringen? «
    »Setz einfach ein Stück zurück. «
    »Das würde ich ja, wenn ich wüßte, wo … Da kommt ein Auto auf uns zu! Salva! «
    »Der wartet schon. «
    »Gleich sind wir tot. Das ist nicht der Rückwärtsgang. Wenn uns irgendwas zustößt, was wird dann aus den Kindern? Jetzt fährt er zurück, und ich kann es ihm nicht verdenken. Wenn du mir helfen würdest, statt einfach nur dazusitzen – ah, jetzt hab ich ihn. Und jetzt, wie muß ich rückwärts lenken? Hätte ich mich doch bloß nicht darauf eingelassen! Du bist unmöglich! Wenn uns jemand sieht, sterbe ich vor Scham. Jetzt kann ich da abbiegen – oder doch nicht? Der Blinker, ich habe vergessen … Jetzt ist es zu spät. Du hättest doch was sagen können. Er verfolgt mich. Warum? Glaubst du, er hat sich über mich geärgert? «
    »Vermutlich will er eben diese Strecke fahren. «
    »Also ich fahre nicht schneller. Oder soll ich? «
    »Ganz wie du willst. «
    »Sag bloß nicht, ich soll mir Zeit lassen. Es stimmt, was die Leute immer sagen, daß es nicht gut geht, wenn Männer ihren Frauen das Autofahren beibringen wollen. Die haben nicht soviel Geduld wie ein Fremder. Denen reißt ständig der Geduldsfaden. Er ist noch immer hinter mir. «
    »Mach dir keine Sorgen. «
    »Ich soll mir keine Sorgen machen? Das Ganze war einzig und allein deine Idee, vergiß das nicht. Autofahren lernen ist was für junge Leute. Eine Frau in meinem Alter, die an ihre Kinder denken muß, kann nicht … Salva, schau, die vielen Leute auf der Straße! Was soll ich tun? Ich muß anhalten – ich halte an. Einparken kann ich nicht, das weißt du, das mußt du machen, wenn wir da nicht durchkommen. Ist das nicht einer von deinen Streifenwagen? Wo gehst du hin? Laß mich nicht allein! «
    »Warte auf mich. «
    Mühsam hievte der Maresciallo seinen massigen Körper aus dem winzigen Fiat. Sie standen an einer Kreuzung, und das hintere Ende eines Autos, das rechts aus der schmalen Straße herausragte, gehörte tatsächlich zu einem Streifenwagen von seiner Carabinieri-Wache. Der Maresciallo bahnte sich den Weg durch die lärmende Menge und klopfte an das Fenster auf der Fahrerseite. Drinnen saß sein junger Brigadiere Lorenzini und sprach ins Funkgerät. Als er aufschaute und die großen Augen des Maresciallo hinter der Sonnenbrille auf sich gerichtet sah, kurbelte er die Scheibe herunter .
    »Wie sind Sie so schnell gekommen? Ich habe gerade erst angerufen. «
    »Was ist denn los? «
    »Nichts Ernstes, nur ein Streit zwischen zwei Nachbarinnen. «
    »Aber die ganze Straße ist hier versammelt! «
    »Ich weiß. Bruno versucht, die Wogen zu glätten. «
    »Ich hätte nicht gedacht, daß noch so viele Leute in Florenz sind. «
    »Nur gut, daß kein Verkehr ist. Ich glaube nicht, daß Bruno da sehr viel erreicht. Er ist zu jung, um genügend Autorität

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