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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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viel schlimmer werden«, erklärte mir Burrus. »Wegen ein paar Pfeilen und Steinen wollen wir doch nicht das ganze Lager wecken. Die Barbaren haben sich nicht mal besonders nah an den Wall heran gewagt, sonst müßten wir längst Wurfspeere abwehren.«
    »Das ist ja genau die Absicht der Gallier, verstehst du«, fügte Quadratus hinzu. »Wir sollen in ständiger Alarmbereitschaft sein. Je weniger Schlaf wir bekommen, desto geschwächter werden wir sein, wenn wir ihnen auf dem Schlachtfeld gegen überstehen.« Ein weiterer Stein krachte scheppernd gegen den bronzeverstärkten Rand seines Schildes. Er ertastete den angerichteten Schaden. »Verdammt! Eine Delle. Nein, Hauptmann, wir schlagen nur Alarm, wenn sie einen direkten Angriff auf das Lager starten, doch dafür bringen sie nicht genügend Leute über den Damm. Also geben sie sich mit kleinen nächtlichen Störmanövern zufrieden.«
    »Wenigstens habt ihr beide nur jede dritte Nacht Dienst«, sagte ich.
    »Schön war's«, erwiderte Burrus. »Vinius hat behauptet, er hätte heute morgen einen Schimmelfleck an unserem Zelt entdeckt. Bis auf weiteres müssen wir jede Nacht Wache schieben.«
    »Nach einem normalen Diensttag?« Ein Stein trudelte über meinen Kopf hinweg; er klang wie eine große Biene auf dem Weg zu einer entfernten Blüte. »Ich werde mit Caesar darüber sprechen.«
    »Das kannst du dir sparen«, riet mir Burrus. »Er wird seinem Ersten Speer den Rücken stärken, und du wirst beide verärgert haben.«
    »Er hat recht, Herr«, bestätigte Quadratus. »Vinius hat bis jetzt noch jeden Stabsoffizier kleingekriegt, den er nicht leiden konnte.« »Warten wir's ab. Ich muß meine Runde beenden. Wir sehen uns dann bei Tageslicht wieder.«
    »Bring das nächste Mal besser deinen Schild mit, Patron«, sagte Burrus kichernd. Wie ein Mann in seiner Lage noch irgend etwas komisch finden konnte, war mir ein Rätsel. Ich war so beeindruckt, daß ich diese geringfügige Unverschämtheit übersah.
    Ein Offizier soll vor einem gemeinen Soldaten nie zeigen, daß er Angst hat; also wartete ich, bis ich außer Sichtweite war, bevor ich mich hinter die schützende Palisade duckte und den Weg zum nächsten Wachposten in einem lächerlichen Entengang zurücklegte. Erst als ich in Sichtweite des nächsten Paares kam, richtete ich mich wieder auf, um die letzten paar Meter im furchtlosen Schlendergang zu absolvieren.
    Über die gesamte Länge des Nordwalls beantworteten die Wachposten die Kriegsrufe und Provokationen der Gallier mit zahlreichen obszönen Geräuschen, in deren Hervorbringung die Italiker Weltmeister sind. Nur die Dunkelheit und ihre Ausrüstung hinderten sie an den vielsagenden Gesten, die jeder, der südlich des Padus geboren ist, zum Nationalrepertoire nonverbaler Kommunikation zählt.
    Überaus erleichtert beendete ich meine Inspektion des Nordwalls und arbeitete mich auf dem Westwall vor, wo die feindlichen Aktionen weniger heftig waren, bis ich wieder den Südwall erreichte, wo nach wie vor alles friedlich war. Am Haupttor stieg ich ins Lager hinab und folgte der Via praetoria bis zur Kreuzung mit der Via principalis, wo das Hauptwachfeuer brannte. Hier versammelte sich die Wachablösung. Ein Sklave überwachte die Wasseruhr, die den Wachwechsel terminierte.
    »Wie lange noch bis zur nächsten Ablösung?« fragte ich den Sklaven, einen grauhaarigen Mann, dessen langjähriger Dienst in der Legion ihm diesen bequemen, wenngleich durch Schlafmangel gekennzeichneten Posten eingebracht hatte.
    »Zwei Stunden, Herr. Vier Stunden Wache, vier Stunden Pause, so läuft das in dieser Legion. Die erste Nachtwache beginnt eine Stunde vor Sonnenuntergang, die letzte wird eine Stunde nach Sonnenaufgang abgelbst.«
    Ich betrachtete die Wasseruhr. Es war eine raffinierte griechische Konstruktion, die aussah wie ein mit Wasser gefüllter, verzierter Bronzeeimer. Das Wasser floß durch ein schmales Rohr am Boden des Eimers ab, und ein Schwimmer löste stündlich einen Hebel aus, der bewirkte, daß eine kleine Bronzekugel mit einem lauten Scheppern in eine flache Schüssel aus demselben Metall fiel. Ich hatte einmal die riesige Wasseruhr in Alexandria gesehen, die ein Geräusch produzierte, das in der ganzen Stadt zu hören war. Warum, war mir schleierhaft, da die Alexandriner ohnehin nie darauf achten, wie spät es ist.
    »Und was machst du im Winter, wenn es friert?« fragte ich.
    »Ich rücke näher ans Lagerfeuer, damit das Wasser nicht friert. Wenn ein kräftiger Wind

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