Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Burrus. »Einige meinen, er sei schlicht irre, aber ich glaube, er will an uns ein Exempel statuieren, um seine Macht über die Zehnte zu festigen.«
    »Wie das?« fragte ich, wieder verwirrt von der Legionspolitik, die genauso kompliziert und erpresserisch sein kann wie die auf dem Forum. Burrus klärte mich auf.
    »Er ist erst Primus Pilus, seit Caesar die Legion vor etwas mehr als einem Monat übernommen hat und Gaius Facilis, der alte Erste Speer, in den Ruhestand getreten ist. Es dauert immer eine Weile, bis die Männer den neuen Mann als denjenigen akzeptieren, der Macht über Leben und Tod hat. Ich glaube, er versucht uns zu einer Meuterei zu provozieren.«
    »Mit der Exekution eines ganzen Contuberniums könnte er seine Macht nachhaltig demonstrieren«, sagte Quadratus. »Ich glaube nicht, daß hinterher noch irgend jemand seine Autorität in Frage stellen würde.«
    Ich hatte derartige Geschichten schon des öfteren gehört, doch falls die beiden recht hatten, war es beunruhigend, aus nächster Nähe Zeuge einer solchen Machtdemonstration zu werden. Das Merkwürdigste war, daß sie sich offenbar keineswegs als Opfer besonderer Scheußlichkeiten fühlten, sondern die Willkürbehandlung bloß als eine der vielen Plagen des Soldatenlebens hinnahmen wie Verwundungen, ungnädiges Wetter, die Folterung durch Barbaren oder die Tötung als Menschenopfer.
    »So etwas hat es schon gegeben«, meinte Burrus, meine Gedanken lesend. »Allerdings noch nie in der Zehnten.«
    »Ist Vinius schon immer hier bei der Zehnten?« fragte ich.
    Einige Männer verbrachten ihre gesamte Militärzeit in einer einzigen Legion, doch höhere Offiziere wurden bisweilen auch versetzt.
    »Nein«, antwortete Burrus. »Er war vor ein paar Jahren als einer der leitenden Centurionen der Siebten mit Caesar in Spanien.« Das bedeutete, daß er einer der Centurionen der ersten, zweiten oder dritten Kohorte gewesen sein mußte, die höhergestellt waren als die anderen Centurionen einer Legion.
    Zumindest war es damals so. Soweit ich weiß, haben sich die Verhältnisse seit der Militärreform des Ersten Bürgers verändert. Zum Guten, wie ich hoffte und andererseits ernsthaft bezweifelte.
    »Warum wollte Caesar gerade ihn?«
    »Man bringt es nicht zum leitenden Centurio, wenn man seine Arbeit nicht gut macht«, meinte Quadratus. »Er ist ein hervorragender Soldat, zumindest auf dem Marsch und im Lager. In der Schlacht haben wir ihn noch nicht erlebt.«
    »Außerdem«, fügte Burrus hinzu, »hat er eine Reihe von Phalerae, die er bei zeremoniellen Paraden trägt. Und die bekommt man nicht für gutes Benehmen.«
    Phalerae sind massive runde Medaillons, die man an einem Gurtgeflecht über der Rüstung trug. Es sind Auszeichnungen für besonderen Heldenmut, die so respekteinflößend waren, daß die Ordensträger sie sogar in der Schlacht trugen, obwohl sie nur hinderlich und eine zusätzliche Belastung waren.
    Irgend etwas summte an meinem Kopf vorbei, und ich strich mir in dem Glauben, es müsse sich um ein Insekt handeln, mit der Hand übers Ohr. Die beiden Wachen fuhren herum und hoben ihre Schilde, so daß sie gerade noch darüber hinweg sehen konnten. Sie taten das völlig automatisch und scheinbar gelangweilt ob einer weiteren zu erledigenden Pflicht, so daß mir die eigentliche Bedeutung des Vorgangs zunächst gar nicht klar war.
    »Das war ein Pfeil, Patron«, informierte mich Burrus. »Du solltest dich lieber hinter die Palisade ducken oder hinter uns stellen, da du keinen Schild hast.«
    Während er noch sprach, hörte ich, wie sich ein Pfeil fest in das etwa brusthohe Holz des Schutzzaunes bohrte. Aus der Finsternis hörte man Gallier brüllen und johlen.
    Ich ging hinter den beiden Männern in Deckung. »Ich werde Garbo deswegen zur Rede stellen«, sagte ich. »Er sollte doch dafür sorgen, daß das aufhört.« Ich war entsetzt, wie sehr meine soldatischen Instinkte verkümmert waren. In einer Gasse in Rom konnte ich jede Gefahr, egal aus welcher Richtung, riechen.
    Doch hier kam ich mir hilflos vor wie ein Tribun an seinem ersten Arbeitstag.
    »Das wird zwecklos sein«, meinte Quadratus. »Diese Gallier bewegen sich durch die Dunkelheit wie die Fledermäuse.« Ein Stein aus einer Wurfschleuder krachte gegen das fellbespannte Holz seines Schildes, daß mir die Ohren dröhnten.
    »Sollten wir nicht Alarm geben?« fragte ich, verlegen, als Offizier ein paar gemeine Legionäre um Rat fragen zu müssen.
    »Dafür müssen die Attacken noch sehr

Weitere Kostenlose Bücher