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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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erfuhr ich, daß sich der Name vom germanischen Wort für Frieden ableitet, was seltsam ist, wenn man bedenkt, wie wenig Interesse die Germanen für dieses Thema aufbringen. Es mußte im Zusammenhang mit ihrer Sitte stehen, eine Allianz zwischen zwei Stämmen dadurch zu besiegeln, daß man die Frauen des einen Stammes mit den Kriegern des anderen verheiratete.
    Ich versuchte, mich wieder auf meine Aufgabe zu konzentrieren, Caesars Schriftrollen in eine lesbare Form zu bringen, was mir trotz großer Anstrengung nur unzureichend gelang.
    An diesem Abend war Hermes mir wenig nützlich. Seine beiden Arme hingen schlaff herunter, und sein Gesicht war eine Maske des Schmerzes. Ich hatte fast Mitleid mit ihm. Mein Vater hatte mich mit sechzehn auf eine Ludus geschickt, um den Schwertkampf zu lernen, und jener erste Tag zählt zu den schmerzhaftesten Erinnerungen meines ganzen Lebens.
    Natürlich ließ ich mir derart weichherzige Gefühle nicht anmerken. »Ich muß heute nacht als Offizier der Wachposten Dienst tun«, erklärte ich ihm. »Das heißt, daß ich nicht schlafen werde.
    Genausowenig wie du. Wegen meines Dienstes kann ich keinen Tropfen Wein anrühren, und du ebenfalls nicht. Hast du verstanden?«
    »Du machst Witze«, stöhnte er. »Ich könnte nicht mal einen Becher heben, wenn ich in Libyen verdursten würde.«
    »Ausgezeichnet. Ich möchte, daß die ganze Nacht über ein Licht im Zelt und eines davor brennt. Das dürfte deine Kräfte wohl kaum überbeanspruchen.«
    »Wenn es kleine Lampen sind«, sagte er.
    Weil ich kein völlig herzloser Mensch bin, rieb ich seine Schultern mit einer dickflüssigen Salbe ein, bevor ich mich auf meinen Wachdienst begab. Schließlich würde seine Tortur am nächsten Morgen von neuem beginnen.
    Die Kontrolle der Wachposten war eine Pflicht, die traditionell an die Kavallerie delegiert wurde, vermutlich weil die Offiziere der Infanterie wichtiger waren und ihren Schlaf brauchten. Es war ein Dienst, den ich immer gehaßt habe, nicht nur weil ich ohne Schlaf auskommen mußte. Ich hatte auch ständig Angst, daß ich auf einem der Posten einen Soldaten antraf, der eingeschlafen war. Dann hätte ich ihn melden müssen. Selbst zu Friedenszeiten mitten in Italien war die Bestrafung dieses Vergehens brutal. Angesichts eines lauernden Feindes war sie weit mehr als brutal. Der Delinquent wurde von den Männern seiner eigenen Einheit vor den Augen der ganzen Legion mit Ruten zu Tode geprügelt, eine Maßnahme, die sich in die Länge ziehen konnte, selbst wenn die Stöcke von den kräftigsten Männern geschwungen wurden.
    Wie in so vielen anderen Tugenden konnte ich mich auch in Hartherzigkeit, einer von Militärs hochgeschätzten Charaktereigenschaft, nicht mit unseren Vorfahren messen. In unseren alten Sagen wimmelt es von Befehlshabern, die ihre eigenen Söhne wegen Ungehorsams zum Tode verurteilt hatten, selbst wenn dieser Ungehorsam zum Sieg geführt hatte. Damit sollte so etwas wie römische Gerechtigkeit und martialische Strenge bewiesen werden. Für mich hat es nie etwas anderes bewiesen, als daß römische Väter ein übler Haufen sind.
    Ich erklomm den Wall um das Legionärslager am Haupttor und drehte meine Runde, wobei ich mehr Lärm veranstaltete, als unbedingt notwendig gewesen wäre. Zu meiner Erleichterung bedeutete die verstärkte Wache, die Caesar angeordnet hatte, daß die Wachsoldaten zu zweit auf ihrem Posten standen und sich gegenseitig wachhalten konnten. Im Lager brannten noch Feuer, jedoch weit genug vom Wall entfernt, um die Nachtsicht der Wachen nicht zu beeinträchtigen.
    Auf meinem Weg entlang des Südwalls und dann weiter nördlich den Ostwall entlang traf ich die Männer in lobenswerter Alarmbereitschaft an. Sobald sie mich kommen hörten, fuhren sie mit erhobenen Waffen herum und senkten sie erst wieder, wenn ich das richtige Kennwort genannt hatte. Jeder wußte, daß die Verhandlungen mit den Helvetiern abgebrochen worden waren und die Barbaren uns jeden Moment angreifen konnten.
    Als ich den Nordwall erreichte, stellte ich fest, daß die Wachen hier noch nervöser waren; sie waren den Galliern ja auch am nächsten.
    »Ihr werdet auf jeden Fall früh genug gewarnt werden«, sagte ich zu den ersten beiden Wachposten, die ich dort antraf.
    »Zwischen unserem Lager und dem Feind gibt es ja noch den großen Damm.«
    Einer der Soldaten spuckte vielsagend aus. »Schon möglich.
    Aber der ist nur mit Hilfstruppen bemannt. Diese Scheißkerle taugen doch

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