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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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weht, friert es allerdings trotzdem, und man muß sich an den Sternen orientieren. Wenn es bewölkt ist, muß man raten.«
    »Das gibt doch bestimmt eine Menge Ärger«, vermutete ich.
    »Jeder wird glauben, daß er länger Wache gestanden hat als die Ablösung.«
    Der Sklave nickte. »So weit nördlich ist der Winter wirklich eine üble Zeit.«
    Ich begab mich zu meinem Zelt, wo Hermes pflichtschuldigst die Lampen am Brennen hielt. Er reichte mir eine Reiseflasche.
    Seine Arme und Schultern schienen sich ein wenig erholt zu haben, denn er schaffte es, sie in Hüfthöhe zu halten. Ihre Wärme tat meinen kalten Händen gut.
    »Es ist dieses gräßliche Essiggebräu, das Soldaten trinken«, sagte er entschuldigend, »aber es wird dich sicher wärmen.« Ich nahm einen Schluck, und er war höflich genug zu warten, bis meine Augen zu tränen aufgehört hatten, bevor er mir die unvermeidliche Frage stellte. »Sind das die Barbaren, die den ganzen Lärm da draußen veranstalten?« Mein Zelt lag nahe genug am Nordwall, um sie deutlich hören zu können. »Es ist jedenfalls bestimmt nicht die Verstärkung aus Rom.
    Aber mach dir keine Sorgen, das ist lediglich ihr nächtliches Unterhaltungsprogramm für uns.«
    »Wenn es dir nichts ausmacht, mache ich mir trotzdem Sorgen.« Dann senkte er die Stimme, obwohl er für seine Verhältnisse bereits sehr leise sprach. »Wir stecken wirklich tief drin, was? Ich habe Soldaten reden hören, daß wir ohne jede Unterstützung mitten in barbarischem Territorium lagern und es nur eine Frage der Zeit ist, bis Tausende von ihnen gleichzeitig über uns herfallen.«
    Als ich nickte, muß mein Gesicht in etwa so säuerlich ausgesehen haben, wie das Pulsum schmeckte. »Es ist wahr, doch das ist noch nicht mal das Schlimmste. Ich glaube, es gibt hier im Lager einen Mann, der uns viel gefährlicher werden könnte als jede Bedrohung von außen.«
    »Wie schaffst du es nur immer, diese Menschen gegen dich aufzubringen?« fragte Hermes.
    »Die Götter sind nicht völlig humorlos. Das ist ihr kleiner Spaß mit mir.«
    »Dann müssen sie sich heute nacht im Olymp die Bäuche halten vor Lachen«, sagte Hermes. »Sie haben dir den übelsten Kreuziger der ganzen Legion gegenüber gestellt.«
    Für einen Sklaven ist der Beiname »Kreuziger« der Inbegriff von Angst und Schrecken. Hermes verfügte über die Fähigkeit eines Sklaven, die Augen und Ohren offen zuhalten, während die freien Männer um ihn herum sprachen, als ob er gar nicht da wäre. Gleichgestellte rügten mich oft dafür, auf das Gerede eines Sklaven zu hören, aber es hat mir schon ein paarmal das Leben gerettet.
    »Neuer Soldatenklatsch?«
    »Es macht überall im Lager die Runde. Neben den Barbaren sind der Erste Speer und seine germanische Frau das Lieblingsthema. Jeder spricht davon, daß Vinius und der neue Offizier es Mann gegen Mann austragen werden.«
    »Der arme Caesar«, sagte ich. »Er ist gewohnt, daß jeder nur über ihn redet. Gibt es schon Wetten?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein. Jeder sagt, daß du wie eine Wanze zerquetscht werden wirst.«
    Ich nahm einen weiteren Schluck Pulsum und würgte ihn hinunter. »Schon sehr bald wird es noch sehr viel schlimmer werden. Ich möchte, daß du dich morgen umhörst, um zu sehen, ob du Wetten auf mich abschließen kannst.«
    Er sah mich mitleidig an. »Du erwartest doch nicht, daß ich Geld auf dich setze, oder?«
    »Du bist ein Sklave. Du hast gar kein eigenes Geld zu haben.
    Oder hast du mich wieder bestohlen?« Laut Gesetz durften Sklaven über keinerlei eigenen Besitz verfügen, doch die Kluft zwischen Gesetz und Wirklichkeit ist so tief wie die zwischen Olymp und Hades. Im Grunde bestahl mich Hermes so gut wie nie, doch es war nur gut, wenn er wußte, daß ich ihn ständig verdächtigte.
    Er wich der Frage aus. »Werden die Quoten noch steigen?«
    »Und ob. Ich will Titus Vinius noch wütender machen. Wenn wir Glück haben, fällt er aus reiner Wut tot um.«

V
    Als ich ans Wachfeuer zurückkehrte, fiel gerade eine weitere Bronzekugel in die Schale. Die Wachablösung hatte sich in zwei ordentliche Reihen aufgestellt. An ihrer Spitze stand ein Mann, dessen Helm nicht bronzebeschlagen war, sondern silbern glänzte und mit einem Helmbusch aus weißem Pferdehaar besetzt war. Er riß die Augen auf, als er mich sah, und dann noch ein Stück weiter, als er erkannte, daß ich nicht allein war.
    Er salutierte mit der lässigen Verachtung eines Berufssoldaten.
    »Aulus Vehilius«, stellte

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