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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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kurze Zeit.«
    Ich begleitete ihn, bis er seine Runde beendet hatte. Ich hatte es nicht eilig, meinem Schicksal ins Auge zu sehen. Wir erörterten die Stärke des Feindes und den bevorstehenden Feldzug. Blasio bewahrte sich seine professionelle Lässigkeit, doch ich spürte sein Unbehagen. Das ganze Lager vibrierte vor Anspannung: Die Legion lagerte tief im Feindesland und war im Begriff, sich ins Schlachtengetümmel zu werfen.
    Ich verabschiedete mich von Blasio, ließ mich rasieren und ging zu meinem Zelt, wo Hermes bereits zum Frühstück gedeckt hatte.
    »Einer der Gallier hat mir erzählt, daß du Ärger hast«, sagte er vergnügt.
    »Das ist zutreffend. Und jetzt lauf und melde dich bei deinem Schwertkampflehrer.«
    Er stöhnte. »Ich dachte immer, daß derjenige, der die Spitze des Schwertes zu spüren bekommt, der ist, der leiden muß.«
    »Ohne Fleiß kein Preis. Und jetzt ab mit dir.« Grummelnd fügte er sich.
    Viel zu schnell rief die Tuba zum Offiziersappell. Ich war unendlich müde, doch mir war keine Pause vergönnt. Den Helm unter dem Arm marschierte ich flotten Schrittes zum Praetorium. Einer der Vorteile, die die Herkunft aus einer Familie wie meiner mit sich bringt, ist eine gründliche Ausbildung in allen Disziplinen der Rhetorik, also nicht nur in der Kunst der öffentlichen Rede, sondern auch in der Fertigkeit, sowohl stehend als auch in Bewegung eine gute Figur zu machen. Da ein Mann mit Ambitionen auf höhere Ämter bei der Legion dienen muß, bringt man ihm auch bei, wie er sich vor der Truppe zu präsentieren hat. Es ist eine echte Kunst, den groben Militärumhang effektvoll hinter sich herwehen zu lassen; lässig um den leicht erhobenen Arm gewickelt, verleiht er einem die Würde einer Senatoren-Toga.
    Vielleicht konnte Vinius mich niederbrüllen, aber was Haltung und aristokratischen Stil anging, konnte er es nie mit mir aufnehmen. Und ich wußte, daß ich mich in dieser Sache allein auf meinen Stil verlassen mußte, weil ich sonst nichts aufbieten konnte.
    Die Mienen der um den Stabstisch versammelten Offiziere rangierten von vorsichtig unverbindlich bis offen feindselig. Der einzige, der lächelte, war ich selbst, und mein Lächeln war so falsch wie das einer Hure. Caesar sah finster aus wie der Tod, aber vielleicht, so hoffte ich, dachte er nur an die Gallier.
    »Decius Caecilius Metellus«, sagte er, eine weitere meiner kühnen Illusionen zerstörend, »der Erste Speer hat einige überaus schwerwiegende Anklagen gegen dich vorgebracht, zu denen du dich äußern solltest.« »Anklagen?« sagte ich. »Hab' ich mich etwa daneben benommen?«
    »Du würdest dir einen großen Gefallen tun, wenn du den Ernst deiner Lage anerkennen würdest«, sagte Caesar.
    »Torheiten, die man in Friedenszeiten in Rom vielleicht übersehen kann, können in einem Legionärslager im Krieg keinesfalls geduldet werden.«
    »Äh ja, Torheiten«, bemerkte ich, den Blick nicht auf Caesar, sondern auf Vinius gerichtet. »Meines Erachtens ist es eine Torheit der gefährlichsten Art, angesichts des Feindes Wachen Nacht für Nacht ohne Schlaf zu lassen.«
    »Prokonsul«, sagte Vinius, seine Stimme streng unter Kontrolle haltend, »dieser Offizier hat sich in meine Einteilung der Wachposten eingemischt. Seit seiner Ankunft hat er versucht, seinen vorlauten Klienten zu verhätscheln, der zufällig in meiner Centurie dient. In der vergangenen Nacht haben dieser Mann und die übrigen Mitglieder seines Contuberniums während des Wachdienstes geschlafen. Ich verlange ihre Hinrichtung.«
    Die Runde hielt geschlossen die Luft an.
    »Diese Männer haben auf meinen Befehl hin geschlafen. Ihre Wachposten waren nicht verlassen. Ich habe sie mit Soldaten meiner Ala besetzt.«
    »Er hat das Legionärslager von Galliern bewachen lassen!« stieß Vinius vernichtend aus. »Das ist schlimmer als Hochverrat!«
    »Das ist in der Tat ein schweres Vergehen«, sagte Caesar.
    »Trotzdem wäre die Verhängung der Todesstrafe zum jetzigen Zeitpunkt übertrieben. Die Männer haben auf Anweisung eines Vorgesetzten gehandelt, egal wie idiotisch sie auch gewesen sein mag. Wir müssen schließlich die Beweggründe ihres Handelns berücksichtigen. Der Fehler liegt nicht bei den Legionären, sondern bei diesem Offizier.« Vinius kochte vor Wurt. Es gibt keinen traurigeren Anblick als einen Mann, dem man ein paar Hinrichtungen verwehrt hat.
    »Ich bin der Ansicht, daß ich absolut...«
    »Ruhe«, sagte Caesar mit besonderem Nachdruck. Ich hielt die

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