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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Legionärslager und dem der Hilfstruppen auftauchen zu sehen. Er war noch viel überraschter, als ich mich zum Waffentraining meldete. Die jungen Rekruten starrten mit offenem Mund auf den ungewöhnlichen Anblick, den ich zweifelsohne bot, bis ihre Ausbilder sie anfuhren, sie sollten mit ihren Übungen fortfahren, und das monotone Geschepper von Übungsschwertern gegen Schilde wieder anhob.
    »Du hast so etwas doch bestimmt schon mal gemacht, Hauptmann«, sagte der Ausbilder am Speer, »also weißt du, wie so ein Drill abläuft. Du kannst dich eine Weile mit den Wurfspeeren aufwärmen und dann mit dem Pilum anfangen.
    Schilde gibt es dort drüben.«
    Meine Schulter zuckte in böser Vorahnung dessen, was da kommen sollte. Das Schleudern eines Wurfspeeres ist eine recht angenehme Disziplin, in der ich durchaus zu glänzen wußte.
    Natürlich ist es ein erheblicher Unterschied, ob man die Dinger ohne Schild und gewandet in einer Tunika auf dem Marsfeld wirft, oder ob man dieselbe Übung in Rüstung und mit einem Legionärsscutum in der linken Hand absolviert.
    Ein Scutum ist etwas anderes als der leichte, flache und schmale Schild der Kavallerie, der auch Clipeus genannt wird.
    Das Scutum bedeckt einen Mann vom Kinn bis zu den Knöcheln und ist etwa so dick wie eine Hand. Es ist oval und aus drei dünnen Holzschichten gemacht, die unter heißem Dampf verklebt und gebogen werden, so daß sich der Schild an den Körper anschmiegt. Die Vorderseite wird mit Bullenfell, die Rückseite mit dickem Filz bespannt, und das Ganze ist von einem Rand aus Bronze eingefaßt. Der lange spindelförmige Buckel ist mit einer Bronzeschicht überzogen und in der Mitte zu einer Mulde mit einem Griff ausgehöhlt, an dem man das unförmige Gerät mit einer Hand packen und halten muß.
    In Wahrheit ist das Scutum nicht so sehr ein Schild als vielmehr eine tragbare Wand, die eine Reihe voranschreitender Soldaten zu einer vorrückenden Festung macht. In der berühmten »Schildkröten«-Formation ist eine Einheit, auf allen Seiten und von oben durch Scuta geschützt, gegen alles unverwundbar, was kleiner ist als ein von einem Katapult abgeschossener Felsbrocken. Normalerweise muß ein Scutum kaum bewegt werden, weil es fast den ganzen Körper bedeckt. Im Nahkampf muß man es nur gelegentlich ein paar Zentimeter anheben, um einen Stoß auf den Kopf abzuwehren. Wenn man jedoch gleichzeitig einen Wurfspeer schleudern will, muß man es, um das Gleichgewicht zu halten, hochreißen, was einen enormen Druck auf das linke Handgelenk und die Schulter zur Folge hat. Im Verlauf einer Schlacht ergab sich diese Situation höchstens ein paarmal, aber in der Ausbildung übte man sie wieder und wieder, und an diesem Morgen war das nicht anders. Wurfspeere sind etwa l, 20 Meter lange, leichtgewichtige Waffen, die die Widerstandskraft eines Feindes brechen sollen, bevor die Schlachtreihen aufeinanderprallen. Anders das Pilum. Es ist etwa mannshoch, aus Esche oder einem anderen festen Holz gemacht und bis zum Gleichgewichtspunkt so dick wie ein Handgelenk, bevor es zu der Dicke und Länge eines Unterarmes anschwillt. Der Rest besteht aus einem Eisenstiel, der in einem kleinen, mit Widerhaken besetzten Kopf endet. Verglichen mit einem Wurfspeer verfügt es über die Flugeigenschaften eines angespitzten Baumstamms.
    Waffenbastler denken sich ständig irgendwelche Verbesserungen des Pilums aus, wobei es vor allem darum geht, es dem Feind zu erschweren, den Speer zurück zuschleudern, ein Risiko, das jeder Wurfwaffe innewohnt. Marius ließ den Eisenkopf in einem Schlitz in dem Holzschaft befestigen, wobei die eine Nietung aus Eisen, die andere aus Holz war, damit der Holzpflock durch den Aufprall abbrach, und der Stiel auf dem Eisenstift rotierte, was die Wiederverwendung des Speers verhindern sollte. Caesar hingegen veränderte nur die Spitze, so daß sich der vergleichsweise weiche Schaft beim Aufprall verbog, eine Maßnahme, die ihn bei den Waffenschmieden ungeheuer populär gemacht haben muß, weil die die Speere anschließend wieder geradebiegen mußten.
    Natürlich waren die Pila, die zu Ausbildungszwecken benutzt wurden, ungleich haltbarer. Das Ziel war eine mannshohe, knapp zwanzig Meter entfernt stehende Strohpuppe. Weiter wird ein Pilum nie geschleudert. Das liegt vor allem daran, daß es kaum einen lebenden Menschen gibt, der es überhaupt weiter schleudern könnte. Die meisten Centurionen wiesen ihre Männer an, bis auf gut drei Meter an den Feind heran zu

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