Tod eines Centurio
Klappe. Caesar verfügte über die bewundernswerte Fähigkeit, ein ganz normal ausgesprochenes Wort wie einen Donnerhall Jupiters klingen zu lassen.
»Decius Caecilius, was soll ich bloß mit dir machen? Ich könnte dich unehrenhaft nach Rom zurückschicken, aber ich vermute, genau das ist dein brennendster Wunsch. Ich könnte dich degradieren, aber du hast bereits den niedrigsten Offiziersrang inne. Ich könnte dich in den Mannschaftsstand zurück versetzen, aber du bist schließlich Senator, und ich würde den Senat nie dadurch beleidigen, daß ich ein Mitglied dieser erhabenen Körperschaft als gemeines Arbeitstier einsetze.« Dies war möglicherweise das letzte Mal in seinem Leben, daß sich Julius Caesar Sorgen darüber machte, den Senat zu beleidigen.
»Du könntest ihn enthaupten lassen«, murmelte Labienus.
»Das ist eine ehrenhafte Strafe und eines herrschaftlichen Caeciliers durchaus würdig.«
Caesar strich sich über das Kinn, als würde er den Vorschlag ernsthaft erwägen. »Ich muß auch Rücksicht auf seine Familie nehmen. Der Beginn eines Krieges ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, eine der mächtigsten Fraktionen im Senat und den Versammlungen vor den Kopf zu stoßen.«
»Oh, wir werden ihn bestimmt nicht vermissen«, versicherte mein Vetter Knubbel ihm. »Wir haben noch jede Menge Nachwuchs.« Es gibt Männer, die alles tun würden, um eine Schuld von hundert Sesterzen nicht begleichen zu müssen.
»Der Gedanke ist wirklich verlockend«, sagte Caesar, »aber eine Hinrichtung vor dem Beginn ernsthafter Feindseligkeiten könnte als zu strenge Maßnahme angesehen werden. Nein, ich werde mir etwas anderes überlegen müssen. Mir wird schon etwas einfallen. Erster Speer, sei versichert, daß dieser Mann deine Männer oder dich nie wieder bei der Ausübung eurer Pflicht behindern wird.«
Vinius war weit davon entfernt, zufrieden zu sein, hütete sich jedoch zu widersprechen. Selbst als Erster Speer konnte er nicht die Hinrichtung eines höhergestellten Offiziers verlangen.
»Wie der Prokonsul wünscht«, sagte er fast ungehobelt.
Soweit schien ich mit meiner Pose aristokratischer Herablassung ganz gut zu fahren, doch ich war alles andere als beruhigt. Dieses Gerede von einer Hinrichtung war aller Wahrscheinlichkeit nach dazu gedacht, mich einzuschüchtern, doch ich konnte mir dessen nicht völlig sicher sein. Ein militärischer Oberbefehlshaber genoß enorme Freiheiten, was die Maßnahmen anging, die er für angemessen hielt, um Ordnung und Disziplin innerhalb seiner Truppen aufrechtzuerhalten. Wenn er nach Hause zurückgekehrt war und das Imperium niedergelegt hatte, konnte man ihn deswegen vor Gericht zerren, doch in den meisten derartigen Fällen hielten die Geschworenen zu dem Befehlshaber. Jeder Bürger begreift, daß die Sicherheit und der Zustand des Reiches völlig von der Disziplin der Soldaten abhängen, einer Disziplin, die auf der ganzen Welt ihresgleichen sucht.
Lucullus hatte es abgelehnt, Clodius (der damals noch Claudius hieß) hinrichten zu lassen, obwohl er jedes Recht dazu gehabt hätte. Clodius hatte Offiziere und Legionäre von Lucullus' Armee zur Meuterei gegen ihren Befehlshaber angestiftet. Doch Lucullus wollte den mächtigen Klan der Claudier nicht provozieren, außerdem war Clodius nicht besonders erfolgreich gewesen. Andere Kommandanten waren da weniger tolerant.
Für den Rest der Stabssitzung, in der er höchst effektiv die Banalitäten und Kniffligkeiten der gegenwärtigen Situation unserer Armee besprach und im knappen Ton Pflichten und Sonderaufträge verteilte, würdigte Caesar mich keines Blickes.
Erneut war ich beeindruckt. Später erfuhr ich, daß unklare Befehle nach Caesars Ansicht zu mehr militärischen Katastrophen geführt hatten als alles andere zusammen.
Nachdem ihm seine Aufgabe zugeteilt war, erhob sich ein jeder, um den Befehl auszuführen. Der letzte, der ging, war Titus Vinius. Er starrte mich haßerfüllt an, was Caesar nicht entging.
»Das wäre dann alles, Erster Speer«, sagte er. »Du kannst wegtreten.«
Vinius hätte beinahe etwas gesagt, besann sich jedoch eines Besseren, salutierte und ging, eine Aura des Hasses hinterlassend, die so greifbar war, daß man einen Speer hätte hindurchstoßen können.
»Nun, Decius Caecilius, was soll ich bloß mit dir machen?«
sagte Caesar, als Vinius gegangen war. Das war eine gute Frage.
Die Pflichten von Tribunen und Stabsoffizieren sind nur selten klar definiert. Jeder weiß, was ein
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