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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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kommen, bevor sie das Pilum warfen. So konnte man das Ziel kaum verfehlen, und die Wirkung war verheerend.
    Der Zweck eines Pilums war es weniger, den Feind zu töten, als ihn vielmehr seines Schildes zu berauben. Wenn sich ein schwerer Speer in einen Schild bohrt und es verbiegt, ist es für den Krieger nahezu wertlos. Die allgemein vermittelte Technik sieht daher vor, daß man zunächst mit dem Pilum den Schild des Feindes festnagelt, dann das Gladius zieht, auf den Gegner zutritt, dem Stiel des Pilums einen Tritt gibt, um den unglückseligen Gegner seiner Deckung zu berauben und dann zu zu stechen. Die meisten Barbaren sind zu faul, schwere Schilde römischer Machart mit sich herum zu schleppen, so daß das Pilum ihre Leichtbauschilde oft durchbohrt und die Träger aufspießt. Dann bleibt einem nichts anderes übrig, als sich einen anderen Barbaren zum Niederstechen zu suchen. Manchmal versuchen die Barbaren den ersten Geschoßhagel zu überstehen, indem sie sich unter mehreren Schichten von Schilden zusammenkauern, was jedoch meist zur Folge hat, daß alle ihre Schilde aneinander genagelt werden: zuletzt stehen alle schutzlos.
    Kurzum, obwohl dem Schwert immer alle Ehre zuteil wird, ist das Pilum unsere eigentliche Wunderwaffe.
    Der Drill an einem Pilum war immer der gleiche: Vortreten, den Speer über die Schulter heben, wenn man die Wurfdistanz erreicht hat, einen langen Ausfallschritt, das Pilum zurück- und das Scutum hochreißen. Um einen massiven Speer fast zwanzig Meter weit zu schleudern, muß man die Kraft des ganzen Körpers einsetzen, und man spürt die Belastung vom Handgelenk bis in den linken Knöchel. Und im Drill geht das stundenlang so, während der Ausbilder einen mit unglaublich witzigen Bemerkungen anfeuert.
    »Das war noch nicht so gut, Herr, aber zumindest mußt du nicht so weit laufen, um es wieder zu holen, was?« Oder: »Ich glaube, dieses Mal hast du ihn richtig erschreckt, aber wie ich höre, erschrecken die Germanen nicht so leicht, also muß das noch besser werden.« Oder: »Ist doch ein bißchen was anderes, als Reden auf dem Forum zu halten, was, Hauptmann?
    Vielleicht probierst du beim nächsten Mal noch, nicht deinen eigenen Fuß anzunageln.« Oder: »Was hast du denn in deiner letzten Legion getan, Herr? Hattest du einen Sklaven, der für dich deine Zahnstocher geschultert hat?« Wenigstens war er zu den Rekruten noch unflätiger.
    Als ich den Tod durch Erschöpfung schon heftig herbeisehnte, war es Zeit für die Schwertübungen.
    »Dort ist dein Feind«, sagte der Exgladiator und wies auf einen mit Stroh umwickelten Pfahl. »Töte ihn! Im Gegensatz zu Hermes hast du doch in einer Ludus trainiert, also solltest du diese Barbaren ohne viel Aufwand niederstrecken können. Ich werde es dir ein wenig erleichtern, indem ich dir einen Zielpunkt aufmale.« Mit einem Stück Holzkohle markierte er etwa in Gurgelhöhe einen Punkt, der nicht breiter war als die Kuppe meines kleinen Fingers. »Da. Den kann man doch praktisch gar nicht verfehlen, oder? Und jetzt auf die Gurgel, stoß zu!« Das letzte Wort knallte wie der Bogen einer Ballista, die angetrieben von einem gewundenen Seil ein eisernes Geschoß abfeuerte.
    Wenn ich mir Arm und Schulter nicht schon beim Schleudern des Pilums völlig ruiniert gehabt hätte, hätte ich es wahrscheinlich schaffen können. Doch so war ich kaum in der Lage, mein Schwert so weit zu heben, daß ich überhaupt zustoßen konnte. Die Spitze meines Schwertes trudelte schlingernd durch die Luft wie eine kranke Fliege und landete schließlich etwa fünfzehn Zentimeter neben und zwanzig Zentimeter unter dem angepeilten Ziel.
    Der Schwertmeister stützte sein Kinn in die Hand und gluckste, zum größten Vergnügen einer Ansammlung von herumlungernden Müßiggängern, von denen es für ein gut organisiertes Armeelager deutlich zu viele gab.
    »Herr, ich glaube, ich erkenne einen elementaren Fehler in deiner Technik. Soll ich es dir erklären? Ja? Also, zunächst einmal ist es wichtig, schnell zu zustoßen. Denn wenn dein Schwertarm erst vor dem Schild ist, ist er völlig ungeschützt.
    Deswegen tragen wir Gladiatoren Manica, wenn wir in der Arena kämpfen.« Das waren die schweren Leder- und Bronzebänder, die Gladiatoren zum Schutz ihres Schwertarms um den Unterarm wickelten. »Deine Spitze sollte hervorschnellen, zustechen und wieder hinter dem Schild verschwunden sein, bevor der Feind überhaupt etwas gemerkt hat.
    Doch genau das hast du eben nicht gemacht. So

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