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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Pfad strikter Vernunft und geistiger Ausgeglichenheit entfernt hatte und mir selbst diese seltsame Ablenkung willkommen war. Das, und die Anwesenheit des germanischen Mädchens. »Römer«, sagte sie, als ob wir etwas ungeheuer Belustigendes, völlig Unbegreifliches und leicht Geschmackloses wären. Zu meiner Enttäuschung wandte sie sich ab und schlenderte davon, zweifelsohne, um auf ihrem Weg zahllose Erektionen hervor zu rufen. Molon blieb, wo er war. Er sah sich um und kam dann noch einen Schritt näher auf mich zu.
    »Senator, du brauchst nicht zufällig einen neuen Sklaven?«
    Ich war perplex. »Du meinst Freda? Ich bezweifle, daß ich sie mir leisten könnte, und Vinius würde sie mir bestimmt nicht verkaufen!«
    »Nicht sie, mich! Könntest du es in Erwägung ziehen, mich zu kaufen?«
    »Warum, um alles in der Welt, sollte ich das tun? Hermes macht mir schon genug Kummer.«
    Er nickte und nahm einen gerissenen Gesichtsausdruck an.
    »Einfach so. Ich kann für dich auf ihn aufpassen, ihn schlagen, wenn er stiehlt und dergleichen. Du siehst aus wie ein Herr, der zu weichherzig ist, einen Sklaven zu schlagen.«
    »Ich kann verstehen, daß mich das für dich attraktiv macht.
    Aber warum sollte ich dich kaufen wollen?«
    »Ich kenne dieses Land, Senator. Ich kenne das Land und alle Stämme, ich spreche ihre Sprache. Ich genieße bei den Einheimischen hohes Ansehen, Herr.«
    »Ich habe gesehen, wie hoch das Ansehen war, das du bei den germanischen Gesandten genossen hast. Und wenn du so wertvoll bist, warum sollte sich Vinius da von dir trennen?«
    »Nun, Senator, mein Herr hat Pläne, in denen für mich kein Platz ist. Ich denke, er würde mich billig verkaufen. Wenn du nicht direkt mit ihm feilschen willst, kannst du ja einen Mittler einsetzen.«
    »Nun hör mir mal gut zu, kleiner Mann. Du täuschst mich nicht. Ich habe jede lateinische und griechische Komödie gesehen, die je geschrieben wurde, und ich weiß, daß Sklaven, die so häßlich sind wie du, ständig Ränke schmieden.«
    Er grinste verschlagen. Andererseits konnte er gar nicht anders aussehen als verschlagen. »Denk einfach darüber nach, Senator.« Er drehte sich um und torkelte davon.
    »Du willst ihn doch nicht etwa kaufen?« fragte Hermes entsetzt.
    »Vielleicht doch«, warnte ich ihn, »wenn du dich nicht nützlicher anstellst.«
    An jenem Abend saß ich nach Beendigung meiner Arbeit an Caesars Berichten in meinem Klappstuhl und dachte lange über die Sache nach, während ich ein frugales Mahl zu mir nahm, genießbarer gemacht durch ein wenig stark gewässerten lokalen Wein.
    Glaubte Molon ernsthaft, daß ich ihn kaufen würde? Und wenn ja, warum? Es war leicht vorstellbar, warum er nicht der Sklave eines Mannes wie Titus Vinius sein wollte. Wenn der Mann schon seine Soldaten derart brutal behandelte, wie mußte da erst ein Leben als sein Sklave sein? Doch erwartete er allen Ernstes, daß Vinius ein Angebot meinerseits überhaupt anhören würde?
    Es gab natürlich auch eine naheliegende Deutung: Vinius hatte ihn geschickt, weil er einen Spion auf mich ansetzen wollte. Derlei Gedankengängen habe ich mich stets verschlossen. Ich habe zu viele Männer so lange über subversive Pläne des Feindes grübeln sehen, bis sie überall nur noch Intrigen, Spione und Verschwörungen sahen.
    Andererseits bestand der typisch römische Alltag tatsächlich aus Intrigen, Spionen und Verschwörungen. Man erwartete bloß nicht, etwas so Raffiniertes und Finsteres in einem Legionärslager anzutreffen.
    Und was hatte er mit Vinius' Plänen gemeint, in denen kein Platz für ihn war? Ich nahm an, daß ein Mann wie Vinius dem höchstwahrscheinlich unverkäuflichen Molon einfach einen Knüppel über den Kopf ziehen und ihn in einem Graben liegen lassen würde, wenn er keine Verwendung mehr für ihn hatte.
    Wahrscheinlich war das Ganze bloß Geschwafel, um mich von seinem eigentlichen Vorhaben abzulenken. Diese Praxis ist nämlich keineswegs auf Reden vor den Volksversammlungen beschränkt.
    Vor allem jedoch fragte ich mich, wie ich an Freda heran kommen könnte, und diese Frage beherrschte alle meine Gedanken. Ich war damals etwa zweiunddreißig Jahre alt und hätte solchen jünglingshaften Leidenschaften längst entwachsen sein sollen, doch es gibt Dinge, denen man nie wirklich entwächst. Daß eine komplette, in der Schlacht abgehärtete Legion meinen Zustand zu teilen schien, linderte die Peinlichkeit meiner Situation ein wenig. Aber nicht viel.

VI
    »Wach auf!«

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