Tod eines Centurio
die personifizierte Jugend, Kraft und Grazie, ein prachtvolles junges Tier mit makelloser Haut, vollkommen bis ins letzte Detail.
»In Ordnung, du kannst dich wieder anziehen.«
Sie fuhr herum und ließ ihr Haar fallen. »Was?« Es war die erste echte Gefühlsäußerung, die ich ihr hatte entlocken können.
»Ich habe gesehen, was ich sehen wollte. Zieh deine Tunika wieder an oder laß sie aus, wenn du lieber so schläfst.«
Sie bückte sich und hob ihre Pelztunika auf. »Du bist aber leicht zufrieden zu stellen.«
»Titus Vinius hat dich nicht geschlagen, Freda«, sagte ich.
»Warum nicht?« »Ich habe ihn erfreut«, sagte sie, die Fibula an ihrer Schulter befestigend.
»Sei nicht albern!« fuhr ich sie an. »Der bösartige Bastard hat jeden geschlagen, der in Reichweite seines Stockes kam.
Du hast nicht eine einzige Strieme auf der Haut. Sag mir, warum das so ist.«
Sie ließ sich auf die Koje sinken, die noch vor kurzem von dem nun verbannten Hermes belegt worden war. »Manchmal finden Männer Gefallen an seltsamen Praktiken. Vor allem Männer, die große Macht über geringere Männer haben.
Manchmal wollen diese Männer selbst geschlagen werden.« Sie schenkte mir ein hinreißendes Lächeln. »Sie wollen von Frauen gedemütigt und erniedrigt werden. Am besten von Sklavinnen.«
Bei Herkules, dachte ich, diese Germanen waren weit kultivierter, als ich je angenommen hatte.
»Und du hast ihm diese...ähm... Dienste geleistet?«
»Wann immer er danach verlangte. Und er hat mich nie geschlagen, weder mit dem Stock noch mit der Hand, obwohl er vor den anderen manchmal in rauhem Ton mit mir geredet hat.
Er sagte, daß er das der Form halber tun müsse. Hinterher hat er mich immer um Verzeihung angefleht und wollte dafür bestraft werden.«
Also wirklich, Titus Vinius, dachte ich. Der Mann entpuppte sich mehr und mehr als überaus eigenwilliger Charakter. Ich habe in meinem Leben Politiker gekannt, die nicht annähernd so viele Marotten pflegten.
»Und du hast ihm immer gehorcht?« fragte ich.
»Natürlich. Schließlich bin ich eine Sklavin.«
»So ist es. Und jetzt geh schlafen, Freda. Ich muß über vieles nachdenken.«
Sie betrachtete mich eine Weile ungläubig, bevor sie sich hinlegte und den Kopf auf ihren angewinkelten Arm bettete. Sie schloß die Augen, doch ich wußte nicht, ob sie wirklich schlief.
Ich löschte die Lampen und lehnte mich zurück.
Es war nicht leicht gewesen. Ich hatte mich danach verzehrt, sie mit beiden Händen zu packen und mein Gesicht in diesem wunderbaren Haar zu vergraben, aber ich wußte, daß ich verloren gewesen wäre, wenn ich das getan hätte. Sie mochte eine barbarische Sklavin sein, doch sie wußte um ihre Macht, der ich mich gebeugt hätte, wenn ich mich meinen natürlichen Neigungen hingegeben hätte.
Was immer ich sonst sein mochte, ich würde kein zweiter Titus Vinius werden.
VIII
Am nächsten Morgen führte mich mein erster Weg zum Lagerschmied. Wie viele Handwerker der Legion war er ein einfacher Soldat, der durch die Erledigung notwendiger Handwerksarbeiten einen kleinen Extraverdienst und die Befreiung vom ermüdenden Drill erzielte. Glücklicherweise überstieg die Reparatur von Vinius' Truhe sowie die Anfertigung eines neuen Schlüssels seine praktischen Fähigkeiten nicht. Ich beobachtete ihn bei der Arbeit und gab ihm hinterher ein paar Sesterzen für seine Bemühungen. Das war zwar nicht notwendig, doch es erwies sich stets als ein Fehler, die Dienste solcher Menschen für selbstverständlich zu erachten.
Ich deponierte die Truhe im großen Zelt des Praetoriums, wo sie so sicher sein würde, wie das unter den gegebenen Umständen möglich war. Dann sprach ich mit den Männern, die der Erfolg meiner Mission am unmittelbarsten betraf. Ich fand sie unter strenger Bewachung in einer sieben Meter breiten, sieben Meter langen und vier Meter tiefen Grube, die man neben dem Zelt mit den Standarten ausgehoben hatte. Rundherum stand ein Contubernium, jeder der Männer trug einen Köcher mit Wurfspeeren sowie ein Pilum. Einer hatte einen weißen Streifen auf dem unteren Rand seines Helmes, der ihn als Decurio identifizierte.
»Ich bin der ermittelnde Offizier«, erklärte ich dem Mann mit dem weißen Streifen. »Ich muß mit den Gefangenen reden.«
»Man hat uns gesagt, daß du freien Zugang zu ihnen hast«, sagte der Decurio. Er wandte sich an den Mann neben ihm.
»Silva, laß die Leiter für den Hauptmann hinab.«
»Es wäre mir lieb, wenn du und
Weitere Kostenlose Bücher