Tod eines Centurio
wollte. »Mein Vater war ein griechischer Kaufmann, der in Massalia lebte. Meine Mutter war eine Gallierin, eine Bojerin aus dem Norden, so daß ich als Kind beide Sprachen lernte. Ich bin mit meinem Vater auf Handelsexpeditionen die Flußtäler hinauf bis zum Meer im Norden gereist.« All das erzählte er, als würde er von jemand anderem sprechen, ohne anzudeuten, ob dies für ihn eine glückliche Zeit gewesen war oder nicht.
»Ich muß etwa sechzehn Jahre alt gewesen sein, als wir von einem Trupp germanischer Freischärler gefangengenommen wurden. Normalerweise können griechische Kaufleute die zwischen zwei Stämmen umkämpften Gebiete absolut unversehrt durchqueren, ohne von den Galliern belästigt zu werden, weil jene den Handel mit dem Ausland sehr hoch schätzen. Doch diese Männer waren Germanen, gerade erst über den Fluß gekommen, für die wir nichts anderes waren als ein paar Fremde. Sie machten sich über den Wein her, den wir erworben hatten, und es dauerte nicht lange, da töteten sie die Männer und vergnügten sich mit dem Sklavinnen, die wir gekauft hatten. Am nächsten Morgen wurden wir nach Germanien verschleppt. Da war mein Vater schon tot, was eine große Erleichterung für ihn gewesen ist.«
»Warum haben sie dich verschont?« fragte ich. »Später, als ich ihre Sprache gelernt hatte, erfuhr ich, daß sie bei mir eine Ähnlichkeit mit einem ihrer Waldgeister festgestellt haben wollten, einer spitzbübischen Kreatur, die unter den Wurzeln der Bäume lebt und den Menschen Streiche spielt. Sie haben gedacht, es würde Unglück bringen, mich zu töten, also haben sie mich zu ihrem Sklaven gemacht. Zunächst zwangen sie mich zu harter körperlicher Arbeit, doch dann stellte sich heraus, daß ich ihnen als Dolmetscher wertvollere Dienste leisten konnte.«
»Warum?« fragte ich. »Diese germanischen Stämme leben doch schon seit Jahrhunderten in der Nachbarschaft der Gallier.
Es dürfte kein Mangel an Menschen herrschen, die beide Sprachen fließend sprechen. Und gallische Sklaven haben die Germanen bestimmt reichlich.«
»In der Tat«, bestätigte er nickend. »Doch bei diesem Stamm handelte es sich um ein Volk aus den tiefen Wäldern, die den am Fluß siedelnden Stämmen mißtrauten, und allen Galliern, egal ob Freien oder Sklaven, sowieso.« »Was machte dich anders?«
»Ich war Grieche oder zumindest Halbgrieche und deshalb ein Exot. Ich hatte keinerlei Verbindung zu den örtlichen Stämmen, so daß es wenig wahrscheinlich war, daß ich sie wegen irgendeiner Stammesloyalität verraten würde.«
»Und wie hat Vinius dich erworben?«
»Mein He..., das heißt, mein früherer Herr war Mitglied einer Delegation, die Rom vor zwei Jahren zu Verhandlungen mit König Ariovistus gesandt hat. Sie haben sich am Ostufer des Rhenus getroffen, um die Fiktion aufrecht zu erhalten, die Germanen würden sich nicht wirklich in Gallien aufhalten.«
»Vielleicht sind diese Germanen politisch gar nicht so unkultiviert, wie wir immer glauben«, sinnierte ich.
»Subtilität ist ihnen fremd«, sagte Molon, »doch sie sind sehr versiert in fast allem, was ihnen hilft, ihre Macht auszudehnen.
Sie kämpfen gerne, doch noch lieber schüchtern sie ihren Gegner ein, ohne zu kämpfen, und sie sind durchaus bereit zu verhandeln, bis sie stark genug zum Angriff sind.«
»Du erweist dich schon jetzt als ziemlich wertvoll. Hat Vinius dich gekauft?«
»Ich war Teil der an die Gesandten überreichten Geschenke.
Titus Vinius hat persönlich um mich gebeten, und die anderen haben bereitwillig zugestimmt, da sie mich für das bei weitem minderwertigste Präsent hielten.«
»Ein verzeihlicher Fehler. Hat er auch Freda auf diese Weise erworben?«
Er musterte sie mit einem Grinsen. Sie starrte wütend zurück.
»Nein, sie wurde ihm einige Monate später von einem suebischen Häuptling namens Nasua geschenkt.«
»Warum?« fragte ich. »Und wer sind die Sueben?«
»Sie sind ein östlicher Stamm, der etwa zur selben Zeit wie die römische Delegation am Rhenus eintraf. Und warum nun, die germanischen Häuptlinge sind große Schenker und versuchen ständig, sich gegenseitig an Großzügigkeit zu überbieten. Nasua führt seinen Stamm gemeinsam mit seinem Bruder Cimberius. Offenbar hatte Cimberius einen prachtvollen, juwelenbesetzten Pokal an den römischen Prokonsul senden lassen, also hat Nasua sie Vinius vor allen Häuptlingen und Würdenträgern überreicht. Er hat behauptet, sie wäre eine gefangene Prinzessin von einem
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