Tod eines Lehrers
hatten hier schon mal so einen Fall, wo eine Frau ihren Mann regelrecht massakriert hat, während er schlief. Im Todeskampf hat er sich gedreht, und da hat sie von hinten weitergemacht. Sie hat so lange auf ihn eingestochen, bis ihr die Puste ausging. Aber vielleicht kriegen wir anhand der Einstichkanäle mehr raus. Wenn zum Beispiel einer der Täter sehr groß und der andere kleiner war, dann verlaufen die Kanäle bei dem Größeren von oben nach unten oder ziemlich grade, beim Kleineren aber von unten nach oben, da Schirner ja selbst über einsachtzig ist. Er wurde auf dem Rücken liegend gefunden, da ist es natürlich auch möglich, dass die ersten vierundvierzig Stiche von hinten geführt wurden, dann hat man ihn umgedreht und noch mal von vorne eins draufgesetzt. Übrigens waren über sechzig der Stiche tödlich. Der Typ ist ziemlich ausgeblutet. Auch möglich, dass von vorne und hinten …«
»Sonst noch irgendwas?«
»Noch nicht. Wir schnippeln ihn jetzt auf. Ihr könnt ja hier bleiben und das Ergebnis gleich mitnehmen«, sagte sie grinsend, weil sie wusste, wie sehr Brandt sich davor ekelte, und drückte die ausgerauchte Zigarette in einem kleinen Aschenbecher aus. Brandt hatte sich schon vor Jahren das Rauchen abgewöhnt, aber in dieser Umgebung empfand er jeden Geruch, der nicht von den Leichen kam, als Balsam für seine Nase.
»Nee, danke«, sagte Brandt und schüttelte den Kopf. »Schändedu weiter deine Leichen, wir haben noch was anderes zu tun. Wir sehen uns.«
»Kann ich dich mal kurz unter vier Augen sprechen? Nur ganz kurz.«
»Klar.«
Andrea Sievers ging mit Brandt in einen Nebenraum und sagte leise und mit einem beinahe unwiderstehlichen Augenaufschlag: »Wann löst du eigentlich dein Versprechen endlich ein? Ich meine, wann gehen wir essen? Ich dachte so an Freitag, danach kommt ein langes Wochenende. Und du hast doch bestimmt auch keine Bereitschaft, oder?«
»Doch, ich hab bis Freitag Bereitschaft. Aber ich ruf dich heute noch an, ob’s klappt. Bis dann und ciao.«
»Du rufst ja doch nicht an, Feigling.«
»Okay, okay, am Freitag. Und du darfst sogar das Lokal bestimmen.«
»Lokal«, sagte sie abfällig. »Restaurant, wenn schon, denn schon. So richtig schön mit Wein und guter Musik. Ich kenne da einen hervorragenden Laden in Sachsenhausen.«
»In Offenbach kann man auch gut essen«, entgegnete Brandt grinsend.
»Aber das, was ich meine, liegt nicht weit von meiner Wohnung entfernt«, sagte sie mit neckischem Augenaufschlag. »Überleg’s dir, aber nicht zu lange.«
»Rufst du mich heute Nachmittag an und sagst mir, ob wir’s mit zwei Tätern zu tun haben?«
»Natürlich. Und ich freu mich auf Freitag.«
Brandt und Eberl hängten die grünen Kittel an den Haken. Mit einem Augenzwinkern sagte sie: »Läuft da etwa was zwischen dir und Andrea?«
»Blödsinn, das ist nur …«
»Mein Gott, die steht total auf dich, merkst du das gar nicht? Und sie sieht auch noch gut aus. Und sie ist dreizehn Jahre jünger als du. Und …«
»Willst du mir jetzt ihre ganzen Vorzüge aufzählen? Ich habe zwei Töchter und …«
»Und was? Sie weiß das, aber es macht ihr offensichtlich nichts aus. Du bist jetzt seit über einem Jahr geschieden, du brauchst keinen Trauerflor mehr zu tragen. Ich als Frau sehe jedenfalls, dass du da eine echte Chance hast. Lass sie dir nicht entgehen.«
»Du hast ja Recht. Aber trotzdem, ich weiß ja nicht, wie Sarah und Michelle darauf reagieren würden.«
»Die wollten doch unbedingt zu dir. Trauern sie ihrer Mutter arg hinterher?«
»Nicht sehr.«
»Also, was hindert dich dran, es wenigstens zu versuchen? Außerdem passt ihr beide äußerlich echt gut zusammen, und das meine ich ernst. Und ihr habt eins gemeinsam – ihr seid beide geschieden. Gib dir endlich einen Ruck. Ein Mann wie du sollte nicht die ganze Zeit allein sein.«
»Mal sehen«, brummte er.
»Oder stehst du etwa mehr auf unsere schöne Staatsanwältin?«
»Die Klein? Aber sonst geht’s dir noch danke?! Die soll mir bloß gestohlen bleiben. Erst kommt sie aus Frankfurt und verpestet uns die Luft, und dann mischt sie sich auch noch permanent in laufende Ermittlungen ein. Die und Greulich würde ich am liebsten auf den Mond schießen, ohne Rückfahrkarte. Möchte wetten, dass wir noch heute was von ihr hören. Wie kommen Sie mit Ihren Ermittlungen voran? Bitte, machen Sie ein bisschen mehr Druck, sonst muss ich die Kollegen vom LKA hinzuziehen«, äffte er sie nach und fügte hinzu:
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