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Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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muss sich doch der eine oder andere ein wenig oder sogar sehr benachteiligt gefühlt haben. Oder laufen hier lauter Heilige rum?«
    »Wir sind kein Kloster, nur eine Schule«, entgegnete Drescher leicht pikiert. »Aber wir genießen einen exzellenten Ruf, und die meisten Gymnasien im Rhein-Main-Gebiet würden wer weiß was darum geben, könnten sie auch nur annähernd unser Niveau erreichen. Wir sind keine Eliteschule, wir haben nur ein sehr gutes Konzept, dessen Leitsatz ist, dass alle an einem Strang ziehen, Schüler und Lehrer.«
    »Und warum wollen Sie dann diese Schule verlassen?«
    »Ich gehe für fünf Jahre in die USA, um in Yale Deutsch zu unterrichten«, antwortete Drescher. »Sie kennen doch sicherlich Yale?«
    »Ich war nie dort. Ist das was Besonderes?«, fragte Brandt, der den Namen der Universität sehr wohl kannte, aber bei derartdummen und überheblichen Fragen wie der von Drescher den Unwissenden zu spielen pflegte. Es waren diese Kleinigkeiten, die Menschen für Brandt unsympathisch machten.
    »Es ist eine
der
Elite-Universitäten. Mir ist ein Lehrstuhl für Deutsch angeboten worden, und ich habe natürlich sofort zugesagt. Präsident George W. Bush war übrigens auch in Yale.«
    »Hat ihm aber offensichtlich nicht viel gebracht«, entgegnete Brandt lakonisch, woraufhin Eberl belustigt den Kopf senkte. »Aber gut, bevor wir zu weit ausschweifen, informieren Sie bitte die 11a und alle Oberstufenlehrer, damit wir pünktlich mit unserer Befragung beginnen können. Viel Zeit bleibt Ihnen dazu nämlich nicht mehr.«
    »Ich werde im Sekretariat Bescheid geben, dass die Lehrer und Schüler entsprechend informiert werden. Wenn Sie mich bitte für einen Moment entschuldigen wollen.«
    Als er draußen war, sagte Brandt: »Was hältst du von dem Typ?«
    Nicole Eberl grinste ihn an und flüsterte: »Er ist ein überhebliches Arschloch, um deine Terminologie zu gebrauchen. Yale! Und weiter, wen interessiert’s? Soll er doch machen, was er will.«
    »Ganz meine Meinung. Präsident George W. Bush war übrigens auch in Yale! Wenn in Yale lauter solche Deppen rumlaufen, dann danke.« Er hielt inne und fuhr kurz darauf ebenso leise fort: »Und außerdem geht mir diese Lobhudelei auf den Sack. Schirner war wohl so was wie ein Übermensch. Aber ich habe bis heute komischerweise noch keinen Übermenschen getroffen, und auch keinen, der keine Leiche im Keller hatte. Da massakriert ihn jemand im wahrsten Sinn des Wortes, kastriert ihn, und da soll nichts weiter dahinter stecken? Wer’s glaubt!«
    Er hatte kaum zu Ende gesprochen, als Drescher wieder hereinkam.
    »Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass die Schüler der Elf bereits vor einer halben Stunde nach Hause gegangen sind. Ichhabe allerdings gebeten, die drei Kurse der Zwölf zu informieren, sich in einem Klassenraum einzufinden. Die Lehrer werden ebenfalls gerade in Kenntnis gesetzt. Wenn Sie möchten, können Sie schon mitkommen, damit ich Ihnen den Klassenraum zeigen kann.«
    Brandt und Eberl erhoben sich und folgten Drescher in den zweiten Stock.
    »Also, wenn …«
    »Schon gut, wir übernehmen alles Weitere«, wurde Drescher von Brandt unterbrochen. Er und Nicole Eberl begaben sich in den Raum. Brandt bat die Lehrer, die sich ebenfalls eingefunden hatten, sich im Lehrerzimmer zur Verfügung zu halten. Er wollte mit den Schülern allein sprechen. Einige saßen auf den Tischen, andere standen am Fenster, nur wenige waren auf ihren Plätzen. Insgesamt waren einundzwanzig Schüler anwesend.
    »Ich bin Hauptkommissar Brandt von der Kripo Offenbach, das ist meine Kollegin Oberkommissarin Eberl. Um es kurz zu machen, Herr Schirner, der ja Ihr Tutor war, wurde heute Nacht Opfer eines Gewaltverbrechens.«
    Ein Raunen ging durch die Klasse, ein paar Schüler starrten ihn ungläubig an, andere murmelten etwas vor sich hin, zwei Mädchen schrien kurz auf.
    »Ich kann mir denken, dass es, nach dem, was ich über Herrn Schirner gehört habe, für die meisten von Ihnen ein großer Schock sein muss. Trotzdem möchte ich Sie fragen, ob irgendeiner von Ihnen mir vielleicht sagen kann, ob Herr Schirner Feinde hatte, unter den Schülern meine ich.«
    Kopfschütteln. Ein junger Mann postierte sich demonstrativ vor die andern und antwortete mit fester Stimme: »Herr Schirner war ein guter, um nicht zu sagen ein ausgezeichneter Lehrer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es irgendjemanden gegeben haben soll, der ihm feindlich gesonnen sein könnte.«
    »Sehr gewählt

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