Tod eines Lehrers
eisern zu ihrem Wort. Aber frag mich jetzt bitte nicht, ob ich es gutheiße, was sie getan haben.«
»Die Antwort hast du doch eben selber schon gegeben.«
»Hab ich das? Bin ich deswegen ein schlechter Bulle?«
»Sieh’s mal von der Warte – die vier haben nicht aus Habgier getötet oder aus anderen niederen Beweggründen, wie es so schön heißt. Sie haben auch nicht aus reiner Mordlust oder im Alkohol- oder Drogenrausch getötet. Sie haben es gemacht, weil sie keinen anderen Ausweg sahen. Sie haben im Prinzip ein gutes Werk getan, obwohl ich das eigentlich auch nicht sagen dürfte. Und außerdem bist du der beste Bulle, den ich kenne. Und weißtdu, was dich so sympathisch macht? Wo andere einen Stein oder ein Loch haben, hast du noch ein Herz. Die meisten deiner Kollegen würden doch in die Hände klatschen und sagen ›Klasse, wir haben sie‹, aber was danach kommt, interessiert sie nicht mehr. Du bist halt anders.«
»Hör auf, ich kann mit so was nicht umgehen. Ich hoffe, sie finden milde Richter. Und ich hoffe auch, dass die Klein sich zurückhält und nicht zu hart vorgeht.«
»Wetten, dass sie ihre Sache gut macht?«
»Ich wette nicht, ich lass mich lieber überraschen. So, und jetzt lass uns über was anderes reden.«
»Einverstanden. Wie hast du morgen Dienst?«
»Von acht bis fünf, wenn nicht wieder was dazwischenkommt. Und du?«
»Auch von acht bis fünf. Aber morgen können wir uns nicht sehen, oder?«, fragte sie traurig.
»Doch, allerdings müsstest du zu mir kommen. Bei der Gelegenheit würdest du auch gleich Sarah und Michelle kennen lernen. Ich bin zwar nicht gerade der Spontanste, aber …«
»Aber was?«, fragte Andrea, als er nicht weitersprach.
»Nichts, vergiss es.«
»Ich will es aber wissen«, beharrte sie auf einer Antwort.
»Könntest du dir vorstellen, nach Offenbach zu ziehen?«
Andrea lachte auf. »In das Kuhdorf, wo die Bahnhofstraße nicht zum Bahnhof führt und die Stadträte oder wer immer im Suff eine Ruhezone im Verkehrskreisel planen? Wo es kein Theater gibt und auch sonst nichts, was zu sehen sich lohnt? In das Kaff soll ich ziehen?«
»War ja nur eine Frage.«
»Lass uns das ein andermal besprechen, wenn wir ausgeruht und entspannt sind. Aber ich hoffe, du hast gemerkt, dass ich nicht nein gesagt habe.«
»Schon gut, ich wollte dich auch nicht drängen.«
Sie stiegen aus der Wanne und trockneten sich gegenseitigab. Brandt rasierte sich noch und föhnte die Haare. Er fühlte sich wie neugeboren, die Müdigkeit war beinahe gänzlich verschwunden.
Sie aßen jeder zwei Scheiben Brot mit Wurst und Käse, tranken Tee und verbrachten den Rest des Abends bei leiser Musik auf der Couch, bevor sie um Mitternacht ins Bett gingen. Diesmal kuschelten sie nur. Andrea schlief wieder in seinem Arm ein, als wäre dies das Selbstverständlichste der Welt. Ihre Haare kitzelten in seiner Nase, aber es machte ihm nichts aus, denn es waren ja
ihre
Haare.
Der Wecker klingelte um halb sieben. Sie liebten sich kurz und innig, bevor sie aufstanden, frühstückten und eine Stunde später gemeinsam das Haus verließen.
»Bis heute Abend?«, fragte er zum Abschied.
»Bis heute Abend. Ich bin so gegen sieben bei dir.«
Sie fuhr in die Rechtsmedizin, er ins Präsidium. Auf der Fahrt dorthin hörte er laut die CD mit den größten Hits der Eagles.
Montag, 8.00 Uhr
P olizeipräsidium Offenbach, Mordkommission.
Bernhard Spitzer und Nicole Eberl sprachen über das vergangene Wochenende, als Brandt ins Büro kam.
»Hi, da bin ich«, sagte er gut gelaunt und zog seine Jacke aus. »Und, was Neues?«
»Einiges. Aber erst mal Gratulation zu dem raschen Erfolg«, wurde er von Spitzer begrüßt. »Ich frage mich, wie du das angestellt hast.«
»Glück«, antwortete Brandt nur und nahm sich einen Stuhl.
»Glück! Mann, jetzt sei doch nicht so bescheiden. Ohne dich …«
»Das Ding ist gelaufen und damit basta. Also, was gibt’s Neues?«
»Die Eltern von der Abele und der Esslinger waren gestern Abend noch hier. Die müssen einen ziemlichen Rabatz gemacht haben. Sagt jedenfalls Meyer vom KDD. Der war mit der Klein bis Mitternacht hier.«
»Haben die Eltern mit ihren Töchtern sprechen können?«
»Ja, und auch da muss es richtig heiß zugegangen sein. Meyer musste noch einen Beamten bemühen, um den Vater von der Abele davor zurückzuhalten, seine Tochter zu verprügeln. Der Typ ist völlig ausgerastet.«
»Und die Eltern der Esslinger?«
»Die sollen ziemlich ruhig gewesen
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