Tod eines Lehrers
es aus Carmens Mund hören.
»Das kann ich nicht sagen.«
»Möchten Sie Ihre Aussage von gestern in irgendeiner Form revidieren?«
»Nein, weshalb sollte ich? Glauben Sie etwa, eine Nacht in einer dieser jämmerlichen Zellen würde mich plötzlich dazu bringen zu lügen? Das tun vielleicht andere, ich nicht. Wenn ich überhaupt etwas Gutes von meinem Vater geerbt habe, dann …« Sie hielt inne und verbesserte sich: »Nein, das war falsch. Mein Vater hat Grundsätze gelehrt, aber selbst keine gehabt. Ich stehe zu dem, was ich getan habe. War’s das?«
»Vorerst ja. Ich lasse Sie in Ihre Zelle zurückbringen, und sobald Ihre Mutter hier ist, können Sie sich in aller Ruhe mit ihr unterhalten. Wir haben extra einen Raum dafür. Haben Sie gefrühstückt?«
»Diesen Fraß?«, sagte sie verächtlich. »Ich bin ja einiges gewöhnt, doch so was rühre ich nicht an. Aber ich habe schon des Öfteren gefastet, ich werde es schon noch eine Weile aushalten.«
»Ich könnte Ihnen etwas Anständiges bringen lassen«, sagte Brandt.
»Das würden Sie für mich tun? Mir würde schon ein belegtes Brötchen und eine Tasse Kaffee reichen.«
»Dürfen es auch zwei Brötchen sein?«
»Aber nur, wenn Kerstin und Silvia auch was bekommen.«
»Versprochen.«
Brandt rief den Beamten herein und ließ Carmen in ihre Zelle zurückbringen. Wieder in Spitzers Büro sagte er: »Nicole, sorg doch mal dafür, dass die Mädchen was Ordentliches zu essen bekommen. Für jede zwei belegte Brötchen und Kaffee oder Tee. Und sollten sie sonst noch Wünsche haben, sofern sie machbar sind … Du weißt schon. Oder nein, besorg die Sachen nur, ich bring sie ihnen dann.«
»Klar, du Menschenfreund.«
Brandt grinste, Spitzer auch.
»Weißt du, was die Klein gemacht hat?«
»Sie hat mit allen gesprochen. Meyer sagt, sie hat sich sehr fair verhalten. Du sollst um halb eins in ihr Büro kommen, weil sie vorher noch einen Gerichtstermin hat.«
»Was kann die denn schon wieder wollen?«
»Vielleicht will sie dir eine Medaille um den Hals hängen«, meinte Spitzer mit einem breiten Grinsen.
»Haha, verarschen kann ich mich auch allein. Weiß die Russler eigentlich schon von gestern?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Von wem auch?«
»Dann werde ich mich mal zu ihr begeben und ihr die Neuigkeit überbringen. Bin gespannt, wie die reagiert. Aber vorher werde ich noch den Kellner spielen.«
»Sag mal, was ist eigentlich los mit dir? Du bist irgendwie anders.«
»So? Muss wohl am Wetter liegen.«
Eberl, die gerade die Essensbestellung aufgegeben hatte, grinste bei der Antwort still vor sich hin.
»Wieso grinst du?«, fragte Spitzer.
»Nichts, gar nichts.«
»Ihr verheimlicht mir etwas. Was?«
»Was sollen wir dir verheimlichen?« Brandt spielte den Ahnungslosen. »Es ist alles in Butter.«
»Ich krieg’s schon noch raus. Aber gut, gehen wir zur Tagesordnung über. Du fährst gleich zur Russler, dann hast du den Termin mit der Klein, und ansonsten liegt nichts weiter an, oder?«
»Doch. Ich will wissen, wo die Videos gedreht wurden. Die Abele hat ausgesagt, dass sie in Richtung Dreieichenhain gefahren sind, aber sie kann keine genauen Angaben machen. Die Schirner hätte es uns gesagt, wenn sie es wüsste. Mir bleibt deshalb nur die Teichmann. Vielleicht haben die ja irgendwo in der Ecke noch ein Häuschen oder eine Wohnung. Ansonsten kriegen wir das wohl nie raus.«
Es klopfte an der Tür, ein junger Mann aus der Kantine kam herein und brachte ein großes Tablett mit belegten Brötchen, einer Kanne Kaffee, Pappbechern und drei Snickers.
»Vielen Dank, das ging ja fix«, sagte Brandt, der das Tablettübernahm und sich in den Zellentrakt begab. Carmen, Kerstin und Silvia hatten drei nebeneinander liegende Zellen, er bat einen Wärter, die erste aufzuschließen.
Silvia saß auf der Pritsche, die Beine angezogen, die Arme um sie geschlungen. Ihre Augen leuchteten auf, als sie Brandt mit dem Essen hereinkommen sah.
»Hallo«, sagte er. »Ich habe gehört, dass Sie nichts Gescheites zu essen bekommen haben. Suchen Sie sich zwei Brötchen aus, Kaffee ist auch genügend da und noch etwas zu naschen.«
»Danke, ich bin fast am Verhungern. Wie lange müssen wir noch hier bleiben?« Sie biss in ein Brötchen und schenkte sich den Becher bis zum Rand voll.
»Nur noch bis heute Mittag. Nach dem Haftprüfungstermin kommen Sie in normale U-Haft, wo die Zellen um einiges wohnlicher sind.«
»Frau Klein hat aber gesagt, dass wir in eine Zelle
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