Tod eines Lehrers
fragte Elvira Klein fassungslos und nahm auf dem Stuhl Platz.
»Ich sehe, Sie haben in Mathe aufgepasst. Und um es Ihnen ein klein wenig leichter zu machen, jede von ihnen behauptet, die Haupttäterin zu sein. In beiden Fällen.« Er öffnete die Tür zum Nebenzimmer und sagte zu Carmen, Kerstin und Silvia, die gerade ihre letzten Stücke Pizza aßen: »Würden Sie bitte rüberkommen, die Staatsanwältin erwartet Sie.«
Sie standen auf und kamen in Brandts Büro, sahen Elvira Klein an und dann von Eberl zu Brandt.
»Das ist Staatsanwältin Klein, die Ihnen noch ein paar Fragen stellen wird. Ansonsten wünsche ich Ihnen alles Gute. Wissen übrigens Ihre Eltern Bescheid, wo Sie sind?«
»Nein«, antworteten Kerstin und Silvia wie aus einem Mund. »Wir rufen sie nachher an«, fügte Silvia hinzu.
»Die Damen sind im Besitz von achtzehn brisanten Videos. Sie sind aber nur bereit, sie uns zu übergeben, wenn Sie, der Richter und ich schriftlich versichern, dass keine der auf dem jeweiligen Video gezeigte Person öffentlich bekannt gemacht wird. Das lässt sich doch einrichten, oder?«, fragte Brandt.
Klein musterte die drei kritisch, bevor sie sich mit nachdenklicher Miene an Brandt wandte: »Wir stehen jetzt schon unter einem enormen Druck seitens der Medien. Die werden natürlich darauf beharren, mit so viel Informationen wie nur möglich gefüttert zu werden. Sie kennen ja diese Pressefritzen.«
»Dann lassen Sie sich etwas einfallen.« Er beugte sich zu ihr hinunter und flüsterte ihr ins Ohr: »Sie sind doch sonst so clever.«
Klein lächelte gequält, doch der Blick, den sie Brandt zuwarf, war so eisig wie die Temperaturen draußen. »Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber ich bin ebenfalls der Ansicht, dass das Verfahren mit äußerster Diskretion durchgeführt werden sollte, das heißt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Presse bekommt nur die notwendigsten Informationen. Herr Brandt, können wir kurz unter vier Augen reden?«
Sie gingen in Spitzers Büro. Elvira Klein lehnte sich gegen die Zwischentür und zischte: »Wie kommen Sie eigentlich dazu, mir vor all den Leuten da draußen Vorschriften zu machen?! Was ich wie tue, ist ganz allein meine Angelegenheit. Sie tun Ihre Arbeit, ich meine …«
»Bevor Sie mich jetzt hier wieder anmachen …«
»Ich und Sie anmachen! Das …«
»Sie wissen genau, was ich meine. Bevor Sie mich jetzt also anmachen, will ich Ihnen sagen, dass ich mir das Wochenendeum die Ohren geschlagen habe, obwohl ich keine Bereitschaft mehr habe. Ich habe die Verhöre durchgeführt und bin einfach erledigt, weil ich mit einem solchen Fall noch nie konfrontiert wurde und mir das alles, ehrlich gesagt, ziemlich an die Nieren gegangen ist. Wenn Sie lieber Dienst nach Plan schieben wollen, ist das Ihre Sache, aber da drüben sind drei junge Frauen, Freundinnen, wenn Ihnen dieser Begriff überhaupt etwas sagt, die dringend Ihre Unterstützung brauchen, auch wenn Sie auf der andern Seite stehen. Es geht schließlich auch um Ihre ehemalige … Freundin. Und jetzt tun Sie was, und zwar das Richtige!«
»In was für einem Ton sprechen Sie überhaupt mit mir?«
»Ich habe mich nur Ihrem Ton angepasst. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, mein Tag ist beendet. Sollten Sie Hilfe brauchen, dann ziehen Sie einen Kollegen vom KDD hinzu oder von mir aus das ganze Präsidium. Guten Abend.«
»Ihnen auch«, erwiderte sie leise, als hätte sie gemerkt, dass sie zu weit gegangen war, und machte die Tür frei. Um einundzwanzig Uhr verließ Brandt zusammen mit Eberl das Präsidium. Er überlegte, ob er noch bei Andrea vorbeifahren sollte oder direkt nach Hause, um sich auszuschlafen. Am liebsten aber hätte er seine Töchter in den Arm genommen und nie mehr losgelassen.
»Nimm’s nicht so schwer«, versuchte Eberl ihn aufzumuntern. »Die werden nicht für den Rest ihres Lebens hinter Gittern verschwinden. Keine von ihnen. Du hast fantastische Arbeit geleistet, das kann auch die Klein nicht ignorieren.«
»Mir ist scheißegal, was die Klein denkt oder macht.«
»Quatsch, ist es nicht, dafür kenne ich dich viel zu gut.«
»Die soll mir einfach den Buckel runterrutschen.«
»He, sie ist noch unerfahren, gib ihr eine Chance. Und jetzt komm gut heim.«
»Du auch«, sagte er mit müder Stimme. Er wartete, bis sie eingestiegen war, nahm sein Handy aus der Tasche und tippte die Nummer von Andrea ein.
»Hi, ich bin’s. Es ist viel später geworden als geplant. Hast du überhaupt noch
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