Tod eines Lehrers
stammten die meisten meiner Mitschüler aus einem guten Elternhaus. Aber welchen Unterschied macht das? Ist das verboten?«
»Nein, ich habe mich nur gewundert.«
»Sagen Sie, Herr Brandt, wie schaffen Sie das eigentlich, dieser Beruf und dazu noch allein erziehender Vater von zwei Töchtern?«, fragte sie mit wieder diesem süffisanten Lächeln. »Wird das auf Dauer nicht ein bisschen zu viel?«
»Zu viel?«
»Nun, das ist doch eine enorme Belastung, oder irre ich mich da?«
»Für Sie wäre es mit Sicherheit eine«, antwortete er nur und ging hinaus, ohne die Tür hinter sich zuzumachen. Er grinste, als er den Flur entlangging, denn er stellte sich das Gesicht von Elvira Klein auf seine letzte Bemerkung hin vor. Zimtzicke, dachte er und fuhr ins Präsidium. Auf dem Weg dorthin klingelte sein Handy. Es war Sarah. Sie wollte wissen, wann er kommen und sie abholen würde. Er antwortete, er könne es nicht genau sagen, aber sicher nicht später als sechs.
Im Büro wurde er von Bernhard Spitzer empfangen, der ihn gleich zu sich bat.
»Wie ist es bei der Klein gelaufen?«, fragte Spitzer.
»Wusstest du, dass sie Schirner kannte?«, sagte Brandt, während er sich eine Tasse Kaffee einschenkte. »Diese blöde Kuh! Ich könnte ihr den Hals umdrehen.«
»Jetzt mal ganz sachte. Woher kennt sie ihn?«
»Sie kommt aus Langen und ist dort auf die Schule gegangen. Sie hat Schirner als Lehrer gehabt.« Brandt setzte sich und lehnte sich zurück. »Und jetzt will sie natürlich so schnell wie möglich Ergebnisse sehen. Ich hab sie gebeten, mir etwas über Schirner zu erzählen, und was bekomme ich von ihr zu hören – die gleiche Scheiße wie von den andern. He, Schirner ist eiskalt abgemurkst worden. Und diese Tat war von langer Hand geplant, da verwette ich mein nächstes Gehalt drauf. Der Kerl muss ’ne fette Leiche im Keller liegen haben, ich frag mich nur, wo die ist und wer davon wusste. Hast du schon was von der Rechtsmedizin und der Spurensicherung gehört?«
»Hier.« Spitzer schob die Akte über den Tisch. »Ist aber nicht sehr aussagekräftig. Keine Fingerabdrücke auf der Brieftasche, außer die von Schirner. Ansonsten Fehlanzeige. Rechtsmedizin ebenfalls nicht mehr als das, was du wahrscheinlich schon heute Vormittag erfahren hast.«
»Steht da nichts drin von zwei Tätern?«
»Wieso von zwei Tätern?«, fragte Spitzer erstaunt.
»Na ja, Schirner hatte doch vorne und hinten Einstiche. Könnte ja immerhin sein, dass wir es mit zwei Tätern zu tun haben.«
»Ruf die Sievers an.«
Brandt griff zum Hörer und tippte die Nummer ein, in der Hoffnung, Andrea Sievers noch zu erreichen. Er hatte Glück.
»Hi, ich bin’s, Peter. Danke für den vorläufigen Bericht. Hast du mal geschaut, ob es einer oder zwei waren?«
»Ich wollte zwar gerade meine heiligen Hallen verlassen, aber um’s kurz zu machen, es wurde ein und dieselbe Klinge benutzt.Die meisten Einstiche erfolgten, als Schirner schon am Boden gelegen haben muss. Deshalb geben die Stichkanäle auch keine Auskunft. Sie verlaufen in alle Richtungen …«
»Augenblick. Kann es nicht trotzdem sein, dass es zwei Täter waren, die beide das gleiche Messer benutzten?«
»Das gleiche Messer?«
»Na ja, zwei Leute kaufen sich das gleiche Messer, der eine sticht von vorne zu, der andere von hinten. Jetzt kapiert?«
»Nichts ist unmöglich«, flötete sie in den Hörer. »Wir sehen uns übermorgen beim lauschigen Abendessen. Tschüüüs.«
Andrea Sievers legte einfach auf. Brandt lächelte still vor sich hin.
»Was ist los?«, fragte Spitzer neugierig.
»Nichts weiter«, erwiderte Brandt und legte den Hörer auf die Einheit.
»Du magst sie, stimmt’s? Komm, ich seh’s dir doch an.«
»Und wenn? Mein Gott, die Frau ist dreizehn Jahre jünger als ich und …«
»Scheiß drauf! Ich würd wer weiß was drum geben, wenn mich eine dreizehn Jahre Jüngere anbaggern würde. Vor allem, wenn sie so aussieht wie die Sievers.«
»Du bist glücklich verheiratet, du darfst an so was nicht einmal denken«, bemerkte Brandt grinsend.
»Ich bin seit zwanzig Jahren verheiratet, was glaubst du, an was man da so alles denkt.«
»Und ich habe immer geglaubt, ihr versteht euch so gut.«
»Tun wir ja auch, doch irgendwann kommt bei jedem der Alltagstrott. Aber darüber reden wir mal bei einem gepflegten Bier. Hast du heute noch was vor, was den Fall betrifft?«
Brandt schüttelte den Kopf. »Ich denk nicht. Obwohl, es gibt da ein paar Leute, denen ich gerne noch ein
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