Tod eines Lehrers
paar Fragen stellen würde, aber das hebe ich mir für morgen auf.«
»Willst du das allein machen?«
»Wäre mir lieber.«
»Von mir aus, du lässt dir ja sowieso keine Vorschriften machen.« Spitzer warf einen Blick auf die Uhr, Viertel vor sechs, und sagte: »Dann lass uns gehen, der Tag war lang.« Er stand auf, nahm seine Jacke vom Haken und zog sie über.
»Ich mach mir nur noch schnell ein paar Notizen.«
»Was geistert in deinem Schädel rum?«
Brandt schüttelte kaum merklich den Kopf und antwortete: »Ich weiß es selber nicht, aber das mit dem Hund ist so merkwürdig. Welcher Hund geht einfach so mit jemandem mit, der gerade sein Herrchen umgebracht hat? Der Täter kennt den Hund und der Hund den Täter. Die beiden müssen sogar ziemlich vertraut miteinander sein, sonst hätte der Hund angeschlagen oder sich zumindest neben Schirner gelegt und Totenwache gehalten. Aber er ist mitgegangen. Von den Lehrern kennt angeblich jeder den Hund, die Frage ist nur, wie gut sie ihn kennen. Ein vollkommen Fremder kann als Täter ausgeschlossen werden. Es muss jemand aus dem engeren Freundes- oder Bekanntenkreis sein. Aber bis jetzt hab ich noch keinen, dem ich ein Motiv unterschieben könnte, weil bis jetzt jeder Schirner über den grünen Klee gelobt hat.«
»Vielleicht denkst du einfach in die falsche Richtung«, sagte Spitzer und setzte sich wieder. »Nimm doch mal an, es stimmt alles, was man dir über ihn erzählt hat. Vielleicht war Schirner ja wirklich der Supermann, als den ihn alle hinstellen. Was, wenn er irgendetwas über jemanden herausgefunden hat, das er eigentlich gar nicht wissen durfte, und deshalb sterben musste? Ist nur so ’ne Idee von mir.«
Brandt fuhr sich über das stopplige Kinn, überlegte und nickte. »Klingt plausibel. Es könnte immerhin sein, dass ihm ein Schüler oder eine Schülerin etwas anvertraut hat, das so heiß war, dass er allein für dieses Wissen umgebracht wurde … Aber warum dann die vielen Einstiche und der abgeschnittene Pimmel?«
»Ablenkung.«
»Aber dann muss entweder ein Schüler oder ein Lehrer eineRiesensauerei begangen haben. Und derjenige hat erfahren … Nein, Schirner hat vielleicht sogar versucht mit demjenigen zu reden, der andere hat sich einsichtig gezeigt und … Verflucht, irgendwie macht das keinen wirklichen Sinn.«
»Und wenn Schirner den andern erpresst hat?«, sagte Spitzer.
»Das würde dann aber in krassem Widerspruch zu dem Ehrenmann stehen. Außerdem, wenn es ein Kollege war, was hätte Schirner von ihm erpressen sollen? Lehrer sind genauso arme Schweine wie wir.«
»Und wenn es ein Schüler war?«
»Möglich ist alles, aber ich halte es für beinahe ausgeschlossen. Geh du nach Hause, ich muss mir ein paar Sachen aufschreiben und aufzeichnen. Und morgen leg ich dann richtig los. Ach ja, was auch gegen einen Raubmord spricht – die Gegend, wo’s passiert ist. Welcher Raubmörder wartet nachts bei eisiger Kälte an einer absolut einsamen Stelle auf ein potenzielles Opfer, das aller Wahrscheinlichkeit nach kein oder nur wenig Geld bei sich hat? Dort geht nachts kein Mensch spazieren, schon gar nicht in diesen Tagen.«
»Hast du noch was auf Lager?«
»Reicht das nicht? Für mich steht jedenfalls fest, dass Täter und Opfer sich gekannt haben. Und der Täter muss über den Tagesablauf von Schirner bestens informiert gewesen sein. Der hat da vermutlich nur ein paar Minuten gestanden und auf Schirner gewartet.«
»Dann mal viel Spaß. Aber mach nicht mehr zu lange, du hast auch noch eine Familie.«
»Keine Angst.«
»Mach’s gut und bis morgen.«
»Hm.«
Brandt erhob sich jetzt ebenfalls und ging in sein Büro, nahm einen Block und einen Stift und schrieb alles auf, was ihm zu diesem Tag und zu den ersten oberflächlichen Befragungen einfiel. Um halb sieben machte er sich auf den Weg zu seinen Eltern, umSarah und Michelle abzuholen. Auf der Fahrt dorthin dachte er daran, dass er noch eine Maschine Wäsche waschen und anschließend in den Trockner werfen musste. Er würde für sich und die Mädchen Pizza kommen lassen, und beim Essen würden sie vielleicht fernsehen und sich ein wenig unterhalten. Eigentlich war er müde und hätte sich nichts sehnlicher gewünscht, als einfach nur heimzukommen und ins Bett zu gehen. Aber es würde mit Sicherheit wieder Mitternacht werden, bevor er zum Schlafen kam.
Mittwoch, 16.30 Uhr
E berhard Teichmann hatte auf dem Nachhauseweg an einer Kneipe Halt gemacht, sich zwei Bier und zwei Korn
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