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Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Schirner niemals von ihrem abendlichen beziehungsweise nächtlichen Ritual abweichen würden, das heißt, mit ihrem Hund diesen einen speziellen Weg zu gehen. Und dafür kommen nicht so viele Menschen in Betracht. Und außerdem frage ich mich die ganze Zeit, weshalb der erste Hund am Leben gelassen wurde, während der zweite sterben musste. Können Sie mir vielleicht weiterhelfen?«
    »Nein, das können wir nicht«, sagte Carmen Schirner kühl.
    »Schade. Ich frage mich aber auch, wer mir das Video geschickt hat und wie der- oder diejenige überhaupt an das Band gelangt ist. Ich gehe davon aus, auch darauf keine klärende Antwort von Ihnen zu erhalten.«
    »Herr Brandt«, sagte Carmen Schirner plötzlich, »könnte ich Sie bitte unter vier Augen sprechen?«
    Kerstin und Silvia blickten erschrocken auf, doch Carmen nickte ihnen nur beruhigend zu.
    »Sicher. Wo wollen wir hingehen?«
    »In mein Zimmer.«
    »Ich bin gleich zurück«, sagte er zu Andrea Sievers.
    In ihrem Zimmer erklärte Carmen geradeheraus: »Ich habe Ihnen das Video geschickt. Aber bitte lassen Sie Kerstin und Silvia in Ruhe, die haben schon genug durchgemacht.«
    »Was haben sie durchgemacht? Jetzt rücken Sie schon raus mit der Sprache.«
    »Der Tod von Maureen, dazu kommt, dass beide kein einfaches Leben haben, wie Sie so treffend festgestellt haben. Kerstins Eltern unterscheiden sich nur unwesentlich von denen von Maureen, nur dass Kerstins Vater sie nicht schlägt. Ihre Mutter ist eine Möchtegernkünstlerin, die seit Jahren schon auf dem Selbstfindungstrip ist und sich einen Dreck drum schert, was Kerstin macht oder wie’s ihr geht. Und ihr Vater ist gelinde gesagt ein Arschloch, weil er Kerstin immer wieder auch vor andern runtermacht. Er stellt sie bloß, und das nur, weil sie kein Junge ist. Er wollte einen Sohn haben, einen, der ganz nach ihm kommt. Und bei Silvia«, sie verzog den Mund und schüttelte den Kopf, »na ja, sie tut unheimlich stark, in Wirklichkeit ist sie die Sensibilität in Person. Bei ihr zu Hause hat die Mutter das Sagen, der Vater schafft das große Geld ran. Ihre Eltern sind eigentlich ganz in Ordnung, aber richtig interessieren tun sie sich nicht für das, was Silvia macht. Auch dort zählt das Prinzip der heilen Welt. Sie brauchen sich nur meine Mutter anzuschauen. Sie hat hier auch immer das Sagen gehabt, aber sobald sie das Haus verlässt, ist sie nur eine unter vielen …«
    »Sie sind wirklich erst zwanzig Jahre alt?«, fragte Brandt.
    »Ja, warum?« Carmen sah ihn irritiert an.
    »Nur so. Sie reden wie eine Vierzig- oder Fünfzigjährige mit unglaublich viel Lebenserfahrung.«
    »Das liegt wohl an meiner Erziehung. Ich habe mit meinem Vater schon heiße Diskussionen geführt, da war ich gerade mal sieben oder acht. Und ich habe natürlich meine Mutter beobachtet, ich wollte nie so werden wie sie.«
    »Kommen wir noch mal auf Kerstin und Silvia zurück …«
    »Herr Brandt, wenn Sie Details aus ihrem Leben hören wollen, dann fragen Sie sie selbst. Am besten aber lassen Sie sie einfach in Ruhe, denn sie haben mit den Morden nichts zu tun«, sagte sie und verschränkte die Arme demonstrativ vor der Brust. Ihre Augen waren glühende Kohlen.
    »Das habe ich auch nicht behauptet. Aber was ist mit Ihnen?«
    »Ich war in Frankfurt, als mein Vater umgebracht wurde«, antwortete sie ruhig.
    »Kann das jemand bestätigen?«
    »Meine Zimmerkollegin. Allerdings geht die immer schon früh zu Bett, die braucht ihre zehn Stunden Schlaf, sonst ist sie nicht zu ertragen.«
    »Das heißt, sie kann nicht bezeugen, dass Sie am Dienstagabend in Frankfurt waren.«
    »Keine Ahnung.«
    »Gut, Sie waren also in Frankfurt. Und woher hatten Sie das Band?«
    »Als ich am Mittwoch herkam, habe ich am Nachmittag das Arbeitszimmer meines Vaters durchsucht und dabei das Band gefunden.«
    »Warum haben Sie das Arbeitszimmer durchsucht? Gab es dafür einen besonderen Anlass?«
    »Nein, ich wollte nur sehen, ob er vielleicht irgendwelche Drohungen oder so was erhalten hat, was er meiner Mutter natürlich nie gesagt hätte, um sie nicht zu beunruhigen.«
    Brandt lachte auf. »Frau Schirner, ich bin ein bisschen zu alt für Märchen. Warum sagen Sie mir nicht einfach die ganze Wahrheit?«
    Carmen schloss nach den letzten Worten von Brandt für Sekunden die Augen, bevor sie bitter hervorstieß: »Also gut, welche Wahrheit wollen Sie hören? Dass mein Vater ein mieses Schwein war, nach außen der integre, saubere Herr Lehrer, unddass sein Freund

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