Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
Ihnen davon erzählt. Er weiß doch, dass Sie die Inkarnation von Miss Marple sind und Ihre Nase hineinstecken werden.«
Vera stellte ihr Glas hörbar auf einem Fenstersims ab. »Sie wissen genau, dass ich zu diesen Kriminalfällen gekommen bin wie die Jungfrau zum Kinde«, sagte sie.
Engelenburg grinste. »Genau so«, sagte er.
»Ziehen Sie mich nicht auf, Jan. Ich will doch nur Pit helfen. Er wirkt ziemlich frustriert.«
»Seinetwegen haben Sie auch ein schlechtes Gewissen.«
»Ich breche alle Herzen, seit Jef tot ist, und auch ihm habe ich geschadet. Schließlich war es mein Nachbar, der ihn getötet hat. Ohne mich wäre Jef nichts geschehen.«
»Dann wäre er anderswo zu Schaden gekommen.«
»Glauben Sie denn an Schicksal?«
Engelenburg zögerte.
»Sehen Sie«, sagte Vera.
»Sie sollten wieder singen. Ihnen genügt es nicht, wohlhabend herumzusitzen. Ich kenne das Problem. Darum dieser Weinladen hier. Ich brauche dringend etwas, das mich vom Kühlschrank weglockt.«
»Glauben Sie, ich will von meinem Kind weggelockt werden?«
»Sie sind eine kluge warmherzige Mutter und doch nicht der mütterliche Typ.«
»Vielleicht, weil ich weiß, dass Anni das erledigt.«
Engelenburg nickte. Er nahm die Champagnerflasche und füllte die Gläser auf. »Ich darf Ihnen das alles sagen, Vera, ich könnte Ihr Vater sein.«
»Eben«, sagte Vera.
»Erkennen Sie mich in dieser Rolle an, oder zeigen Sie mir einen Vogel?«
»Beides«, sagte Vera.
Engelenburg trat mit seinem Glas vor Vera, als wolle er nun den Segen sprechen. »Wir sind hier zusammengekommen, um auf das Glück von Vera und Hauke anzustoßen.«
Warum glaubte er, eine väterliche Rede halten zu müssen?
Weil etwas in sein Herz stach, das nicht väterlich war?
»Das haben wir schon getan und tun es nun zum zweiten Mal«, sagte eine leicht irritierte Vera.
»Vielleicht haben Sie noch Informationen zu der kopflosen Leiche«, sagte Engelenburg. »Ich werde mich umhören. Halten Sie sich und den Jungen aus der Geschichte.«
»Sie haben Kontakte zum Kiez?«
»Ein guter Bankier kennt viele Leute.«
»Jan. Ich bin schockiert.« Von wem hatte Vera eigentlich diesen Mund, der ihr in gewissen Momenten von einem Ohr bis zum anderen reichte. Von Gustav? Nelly, ihrer Mutter?
»Nicht wirklich«, sagte Engelenburg. »Erzählen Sie nur Nick nichts von den Kontakten. Der ist der größte Träumer.«
»Haben Sie Bordelle finanziert?«
»Nein. Nur Bars wie die Bongo Bar.«
»Ist das ein Zufall?«
»Ja«, sagte Jan van Engelenburg.
»Ein Bankier aus einem wohlhabenden Elbvorort. Verheiratet. Konservativ. Gottgläubig.«
»Ich kenne Sie gar nicht als Bedenkenträgerin.«
»Ich weiß auch nicht, was los ist«, sagte Vera. Sie sah zu den Oleanderbäumen, die in schweren Terracottatöpfen vor der großen Glasscheibe standen. In diesen Töpfen würden sie wohl den Winter überstehen, um im Frühling Engelenburgs wunderbaren Friesenbänken den Rahmen zu geben.
»Wann werden Sie eröffnen?«
»Noch vor dem Weihnachtsgeschäft. Meine Winzer haben schon alles auf den Weg gebracht.«
»Und Hauke wird seiner Pflichten so schnell entbunden?«
»Die Husumer scheinen nur darauf gewartet zu haben. Der Brandumer Polizeiposten war ihnen ein Dorn im Auge.«
»Hauke war ihnen zu wenig konventionell«, sagte Vera.
»Darum ist er ein Glücksgriff für uns.«
»Die kopflose Leiche ist um die zwanzig. Groß. Vom Hauttyp vermutlich rothaarig. Viele Sommersprossen auf den Armen«, sagte Vera.
»Jeder zweite Holländer ist vom Hauttyp eher rothaarig«, sagte Engelenburg, »was hat das mit dem Kiez tun.«
»Er ist misshandelt worden. Im Genitalbereich.«
»Da fällt dem Herrn Hauptkommissar Sankt Pauli ein? Das passiert auch in einer Villa in Poppenbüttel.«
»Vielleicht weiß Pit doch mehr«, sagte Vera.
»Ich schlage vor, dass wir uns da völlig heraushalten und uns stattdessen um ein wunderbares Engagement kümmern. Sie glauben nicht, wie Leid es mir tut, Sie damals in der Bongo Bar verpasst zu haben.«
»Wollen Sie mir Auftritte in einer Ihrer Bars anbieten?«
»Ich habe keine Bars, verehrte Vera, nur die eine oder andere Finanzierung lief über meine Bank.«
»Ich weiß nicht, ob ich wieder singen will.«
»Lassen Sie uns dieses scheußliche Gewaltverbrechen auslassen«, sagte Jan van Engelenburg. In was war er da wieder hineingeraten? Eigentlich hatte er nur Annis Bitte erfüllen und die Sache mit dem Zettel klären wollen. Doch so war es, seit er Vera kannte. Ehe
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