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Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)

Titel: Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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seine Großmutter hinlegen sollte, wenn es einen Ort zu finden galt?
    Gerry lachte kurz auf.
    Er träumte von Wohlhabenheit und davon, einen platz in der Welt zu haben, und was fiel ihm ein? Ein Familiengrab.
    »Was lachst du?«
    Es gab nichts zu lachen. Sie hatte Recht.
    Könnte er Vera schockieren mit diesen Verhältnissen hier?
    Er hatte nicht einmal eine Ahnung, ob seine Mutter lebte.
    »Sie hat uns verlassen.«
    Diesen Satz hatte er im Ohr. Der konnte vieles bedeuten.
    »Ich habe dir dein Bündel geschnürt«, sagte seine Großmutter.
    Sie hob die Hand und wies in eine Ecke.
    Bündel. Was war er? Eine Gestalt aus Grimms Märchen, die in die Welt geschickt wurde mit einem Bündel?
    Er blickte in die Ecke. Hatte seine Mutter auch ein Bündel bekommen? Ein Stoffbeutel stand da. Ausgebeult vom Inhalt. Oben zugeschnürt. Gott sucht dich stand darauf.
    Beutel, die man im Gemeindebasar kaufen konnte.
    »Hast du mich darum von dieser Frau herholen lassen?«
    »Irmela hat dich gewickelt, als du neu geboren warst.«
    »Das war Irmela, die vor meiner Tür gestanden hat?«
    Er hatte keine Ahnung von Irmela. Wo war seine Mutter gewesen, als ihn eine fremde Frau wickelte?
    »Ich werde einen Arzt holen«, sagte Gerry.
    Sie würden ihm helfen. Vera. Anni. Der Holländer.
    Seine Großmutter schüttelte den Kopf. Es sah mühsam aus. »Irmela«, sagte sie.
    Wo war diese Irmela in den vergangenen zwanzig Jahren gewesen? Gerry erinnerte sich nicht.
    »Ich kaufe ein«, sagte Gerry, »und dann koche ich dir was Gutes.«
    Hatte er sich nicht schon an Tatar und Hühnersuppe versucht? Einen Pudding. Sie aß gerne Pudding.
    »Gibst du mir meinen Schlüssel?«
    »Irmela hat ihn«, sagte seine Großmutter.
    »Ich habe hier länger als zwanzig Jahre gelebt und kenne keine Irmela«, sagte er.
    Kamen vielleicht ganz fremde Leute und gaben sich als Vertraute aus, um das Letzte aus diesen Zimmern zu holen?
    Hörte man nicht diese Geschichten, dass sich Hyänen um Sterbende scharten? Starb seine Großmutter?
    Eines Tages stand vielleicht eine dieser Gestalten aus der Gemeinde vor ihm und sagte: Deine Großmutter ist tot.
    Hielt er es für möglich, dass sie starb?
    Kinder wollten nicht wahrhaben, dass die eigenen Eltern schwächer wurden. Starben. Waren sie ihnen deshalb nicht sogar böse? Zeigten Zorn und Ungeduld?
    Sie war nur seine Großmutter, dachte Gerry. Seine Mutter war jung und stark. Irgendwo.
    »Du verleugnest Irmela.«
    »Wie die Jünger den Herrn«, sagte Gerry. Er kannte sein Neues Testament.
    »Sünde«, sagte seine Großmutter.
    Sollte er das Bündel nehmen und gehen?
    Die Frau vor seiner Tür hatte sehr dramatisch getan. Damit er hier stand und nachdachte, ob er Pudding kochen sollte? Oder die Fenster öffnen?
    Urahne, Großmutter, Mutter und Kind in dumpfer Stube beisammen sind. Das war eine Sprechübung gewesen in einem kleinen Buch für Schauspielschüler. Weiter hatte Gerry sich nicht vorgetraut. Nur dieses Buch gekauft.
    Ein Druckereilehrling mit Träumen vom Theater.
    »Folge Irmela, wenn ich tot bin«, sagte seine Großmutter.
    War er ihr nicht gefolgt in viel zu dünner Kleidung?
    Er fror immer noch. Es war stickig in den Zimmern, aber kalt.
    »Irmela weiß immer den rechten Pfad.«
    »Ich werde zwei Handys besorgen«, sagte Gerry, »eines für dich und eines für mich. Dann können wir uns ohne Irmela verständigen, und ich komme, wenn du rufst.«
    Zwei gebrauchte Handys. Das würde er irgendwie noch hinkriegen. Konnte doch nicht die Welt kosten.
    Seine Großmutter schüttelte heftig den Kopf. Das Schütteln schien schon leichter zu gehen als vorhin.
    Handys waren vermutlich Sünde.
    Sie ließen Irmela außen vor und die anderen traurigen Gestalten, die ihm nachgingen.
    Gerry ging in die Küche und öffnete die linke Tür des Hängeschrankes. Dort wurden die trockenen Lebensmittel aufbewahrt. Haferflocken. Puddingpulver.
    Was war es anderes als Hilflosigkeit, sich in die Küche zu stellen und einen Pudding anzurühren. Sollte er anbieten, sie zu baden?
    Das Bett frisch zu beziehen?
    Er hoffte, dass das Irmela tat. Die Vorstellung der zu großen körperlichen Nähe zu seiner Großmutter ließ ihn schaudern.
    Gerry hörte ihre Stimme, kaum dass er das Rührgerät ausgeschaltet hatte. »Ich kann nichts essen«, sagte sie.
    »Vanillepudding«, sagte Gerry, »ich stell ihn erst mal kalt.«
    »Nimm das Bündel«, sagte seine Großmutter, als er ins Schlafzimmer zurückkam, »guck dir alles gründlich an. Doch Fragen stelle

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