Tod eines Träumers (Vera-Lichte-Krimi) (German Edition)
er sich versah, stolperte er in einer Kriminalgeschichte herum.
»Vielleicht haben Sie Recht«, sagte Vera.
»Helfen Sie mir und Hauke, diesen Laden nach oben zu bringen«, sagte Engelenburg.
»Was soll ich tun?«
»An der eleganten Theke lehnen, die ich hier bauen lasse, und das Glas heben und zum Schaufenster hinauslächeln.«
»Stellen Sie doch ein Klavier hinein, und ich singe jeden Freitagabend.«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Ehe ich an Ihrem Schaufenster kobere«, sagte Vera.
Engelenburg sah verlegen aus. »Entschuldigen Sie,« sagte er, »ich habe nicht gemeint, dass Sie als Animierdame arbeiten sollen.«
»Vielleicht einen Flügel.« Vera sah sich um. »Der Laden ist ja groß genug.«
»Wunderbar«, sagte Engelenburg, »ich denke, dann brauchen wir auch einen Kühlschrank. Damit wir was Essbares haben.«
»Unbedingt«, sagte Vera, »einen von Smeg. Die sind groß.«
»Ist es nicht schön, wie wir uns verstehen, verehrte Vera?«
Vera lächelte. Sie war zu allem bereit, wenn Hauke hier nur Erfolg haben würde. Sie hatte wirklich das Gefühl, schon zu viel auf ihr Gewissen geladen zu haben.
Gerry träumte vom ersten Zimmer. Der Schreibtisch der Sekretärin stand hinter der Tür und ließ Gerry kaum vorbeikommen.
Eau de Cologne auf dem Tisch. Eingetrockneter Nagellack. Eine Frau winkte ihm zu, Gesten, die er als abwehrend deutete, doch er trat ein.
Er wachte auf, als er dabei war, an der Klinke des zweiten Zimmers zu rütteln, das verschlossen war. Gerry ging in die Küche und nahm ein Glas vom Abtropfbrett. Hielt es unter den Hahn an dem steinernen Spülbecken. Er trank das Wasser in gierigen Schlucken und ging mit dem Glas zum Fenster, um auf die Straße zu sehen.
Zu hell für drei Uhr morgens im November. Der Lichtsmog, der vom Hafen kam, belästigte alle Schlaflosen in der Straße. Oder waren sie dessentwegen schlaflos?
Gerry hatte Angst vor dem Schlaf. Nur nicht weiterträumen. Er drückte sich in der Küche herum und ging um Viertel nach drei ins Bett, weil ihm zu kalt wurde.
Selten gelang, dass sich ein Traum fortsetzte. Wenn, dann waren es die schlechten Träume. Auch im Traum war das Leben gnadenlos.
Er träumte, an die Tür des zweiten Zimmers zu klopfen. Nein. Er klopfte nicht. Er hämmerte gegen das Holz, als ginge es um Sekunden, dort eingelassen zu werden.
Die Tür öffnete sich und war keine Tür mehr, nur noch ein Nebel. Er ging hindurch, und wieder fand er nur ein leeres Zimmer vor. Warum fühlte er sich beobachtet?
Kahle weiße Wände. Nichts anderes.
Gerry riss sich aus dem Schlaf und dachte, dass das nicht stimme. Die Wände waren nicht kahl im zweiten Zimmer.
Ölbilder hingen dort herum. Sterbende Hirsche, längst nicht mehr röhrend. Ein Kalender von einer Bank, vom vorletzten Jahr. Warum hatte er solch eine Angst in diesem Traum? Weil er keinen Ausgang fand?
Das zweite Zimmer hatte keinen Ausgang. Träumte er das? Wie war er hineingekommen? Er tastete sich an kahlen weißen Wänden entlang, als suche er eine geheime Tür.
Gerry wachte auf, weil es klingelte. Der Wecker auf dem Tischchen neben seinem Bett zeigte halb zehn an.
Er war sich sicher, eine Frauenstimme gehört zu haben im letzten Teil seines Traumes.
Oder war es nur die vor seiner Tür an diesem Morgen?
Gerry setzte sich auf und stellte die Füße auf die Dielen und wusste nicht, ob er öffnen sollte.
»Evangelia«, sagte der kleine Herr Kolp, »können Sie sich vorstellen, dass eine Frau so heißt?«
Er stand im Treppenhaus und hielt eine Tüte in der Hand. Kleine Laibe beulten die Tüte aus.
Pit wäre ihm allzu gerne nach oben gefolgt, statt in den Nebel hinauszugehen, zu grübeln, wo er das Auto gestern geparkt hatte, und zum Präsidium zu fahren.
Wartete Evangelia in der Wohnung mit Kaffee, Wärme und ihrem stattlichen Busen auf Kolp und die Brötchen?
Pit Gernhardt tat sich Leid, als er in den alten Mercedes stieg, den er schließlich am Ende der Straße gefunden hatte.
Er war viel zu spät dran. Hatte kaum die Augen aufgekriegt im trüben Licht des November.
Was tat der Kollege Kummer wohl in diesem Augenblick?
Sich von kleinen schwarzen Kindern einkreisen lassen und den großen weißen Mann geben, der Geldstücke verteilte?
In einem der Meere schnorcheln und Korallen abpflücken?
Pits Phantasie war grimmig an diesem Morgen.
Das Papier auf seinem Schreibtisch sah er sofort, was nicht schwierig war, da die neue Dame im Vorzimmer des Chefs die Gewohnheit hatte, wichtige Informationen mit
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