Tod Im Anflug
brst«, war alles, was Tom verstehen konnte und Rio während des Schluckens herausbekam. Dann hatte der Fisch endlich ausgezappelt. Schwer beladen erhob sich Rio aus dem Wasser und flog auf den Ast eines blätterlosen, toten Baumes, wo er seine Flügel spreizte. Kleine Rinnsale bildeten sich und tropften aus dem Gefieder auf das Holz.
»Ich wollte mal fragen, ob du Hilfe brauchst. Du hattest recht, der Quark-Club bringt es nicht. Quark-Quark«, äffte Rio die Enten nach. Sein ausgebeulter Kropf zeigte derweil überdeutlich, wo sich sein Fang gerade befand.
»Du willst mir helfen? Wie?« Tom war skeptisch.
»Na, du hast doch gesagt, man könne dich unterstützen. Und ich wäre multifunktional einsetzbar, wenn du verstehst. Erkundigungen einholen, beobachten und so weiter. Ruf einfach nach Rio und ich bin startbereit.«
»Ich könnte deine Hilfe tatsächlich bei meinen Ermittlungen brauchen«, freute sich Tom. »Momentan bin ich auf der Suche nach Optima, der Haubentaucherin. Hast du sie vielleicht irgendwo gesehen?«
»Hm, die kleine Süße von der Versammlung?«
»Genau die.«
»Du willst endlich ein Date, richtig?«
»Rio! Kein Date. Sie ist eine Zeugin. Sie weiß was«, wiegelte Tom ab.
»Du traust dich wieder nicht, stimmt’s? Brauchst einen Vorwand, um sie anzusprechen.
Ermittlungen
, dass ich nicht krächze.« Rios grüne Augen funkelten verschmitzt.
Er hatte einen wunden Punkt getroffen, denn tatsächlich hatte sich Tom unsterblich in die bildhübsche Optima verbliebt. Doch genau hier lag sein Problem. Wie sagte man als unerfahrener Nilganter einer erfahrenen Haubentaucherin, dass man sie toll fand? Und wie würde sie reagieren?
»Na gut. Dann suchst
du
sie eben und sprichst mit ihr«, sagte Tom.
»Kann ich machen. Aber nicht sofort.«
»Nur zu. Du brauchst keine Rücksicht auf mich zu nehmen, Rio. Es macht mir nichts aus.«
»Tom, ich kann jetzt wirklich nicht.«
»Wieso?« Tom verstand nicht. Warum sträubte sich Rio?
»Ich bin nicht startklar. Ich habe eine Störung im Antrieb.«
»Wie? Was? Störung?«
»Tom, das habe ich dir doch schon ein paarmal erklärt. Ich kann jetzt noch nicht starten. Ich war doch gerade erst tauchen, mein Gefieder ist noch nass!«
»Also bleibt doch wieder alles an mir hängen«, stöhnte Tom und breitete die Flügel aus. »Gib mir Bescheid, wenn du wieder
startklar
bist. Vielleicht habe ich dann ja eine neue Aufgabe für dich.« Er rannte platschend einige Schritte übers Wasser – und weg war er.
Seit einer Stunde flog Tom nun schon am Ufer des Sees entlang. Die warmen Sonnenstrahlen der letzten Tage hatten die Vegetation wuchern lassen. Wilde Narzissen und Schlüsselblumen hatten sich durch den Boden gekämpft und ihre Blütenkelche geöffnet. Der bisher lichte Uferbewuchs gedieh prächtig und bot den Wasservögeln bereits gute Deckung. Tom wollte eine zweite Runde drehen, denn noch immer hatte er Optima nicht gefunden. Zwar hatten ihm andere Haubentaucher immer mal wieder Tipps gegeben, wo sie sich gerade aufhalten könnte, doch er hatte sie trotzdem noch nicht entdeckt. Wahrscheinlich war sie auf Futtersuche und deshalb meist unter Wasser.
Gerade flog er an der Stelle vorbei, an der er Rio zurückgelassen hatte – und traute seinen Augen nicht. Da saß sein Freund immer noch auf dem Ast und unterhielt sich angeregt mit einem Haubentaucher-Mädchen. Optima! Sofort verringerte Tom die Flughöhe und landete ziemlich plump direkt neben ihr auf der Wasseroberfläche.
»Hey Tom, schau mal, wer mich gefunden hat!«, begrüßte ihn Rio.
Optima war von nahem noch schöner, als Tom sie in Erinnerung hatte. Er musste an Rios Neckerei von vorhin denken und bekam nun doch tatsächlich vor lauter Aufregung keinen Ton mehr heraus.
»Rio hat mir erzählt, dass du mich suchst. Wir haben auf dich gewartet, Tom«, flötete dieses engelsgleiche Wesen ihm nun entgegen.
Doch Tom reagierte nicht. Er konnte nicht. Was war es noch gleich, warum er nach ihr suchte? Da war doch was gewesen. Leere breitete sich in seinem Kopf aus. Alles, jede Idee, jeder Gedanke – aufgesogen von einem großen schwarzen Loch.
»Tom? Hallo! To-hom!« Rio amüsierte sich. Wie paralysiert starrte sein Freund Löcher in die schöne Haubentaucherin. Es bestand kein Zweifel: Tom schien gerade Frühlingsgefühle zu entwickeln. Und Rio konnte ihn nur zu gut verstehen. Optima war ein tolles Weibchen. So eines würde auch er nicht vom Ast stupsen.
»Rio hat gesagt, ich sei eine wichtige
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