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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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westlich der Schaartorbrücke, es wird einige Zeit dauern, bis wir dort sind, aber ich denke, der Platz ist ideal. Der Hof ist verlassen, seit der alte Kroogmann das Zeitliche gesegnet hat. Genau ein halbes Jahr ist es jetzt her, dass er an einem Aneurysma der Herzwand starb. Es war ein schneller Tod, so schnell, dass meine Hilfe leider zu spät kam.«
    »Also, auf zur Gerberei«, entschied Rapp und steckte das Nönnchen ein. »Ich nehme den Oberkörper, Ihr die Beine, gemeinsam werden wir auch die letzten Schritte schaffen.« Sie wuchteten den Toten auf die Karre und deckten ihn mit einem schwarzen Laken ab. »Das Nieseln ist stärker geworden«, stellte Rapp leise fest, »nicht gerade das Wetter, das man einem Toten für seine letzte Fahrt wünscht, doch andererseits hat es sein Gutes: Der Regen wird auch den letzten Blutfleck von der Straße waschen.«
    De Castro brummte: »So ist der ewige Regen endlich einmal zu etwas nutze. Doch bevor wir losmarschieren, sollten wir noch Eure hölzerne Reiseapotheke, den großen bronzenen Mörser und einige andere Utensilien aufladen.« »Nanu? Wozu denn das?«, wunderte sich Rapp. »Ich hoffe, es erweist sich als unnötig. Lasst es uns einfach tun.« Rapp zuckte mit den Schultern. »Wie Ihr wollt.«
    Wenig später machten sie sich auf den Weg. Da sie zu zweit waren, ließ sich der Gang nicht schwer an. Dennoch bewegten sie sich langsam, damit die Räder des Karrens nicht quietschten. Die Fahrt ging nach Süden die Deichstraße hinunter und dann rechts ab in den Binnenkajen. Kein Mensch ließ sich blicken, nicht einmal ein Bettler oder ein betrunkener Zecher, nur die Geräusche der Nacht umfingen sie: ab und zu das Bellen eines Hundes, ein Schnarchen hinter Hauswänden, vereinzeltes Gelächter - dazu das stete Rumpeln des Wagens und die eigenen, seltsam hohl klingenden Schritte, deren Gleichklang fast etwas Einschläferndes hatte ...
    Unvermittelt wurden sie aus ihren Gedanken gerissen. Vor ihnen, im Schein der schwach erleuchteten Schaartorbrücke, hatten sich zwei Männer aufgebaut. Der linke hielt eine Laterne hoch. »Halt, Nachtwache!«, brüllte er. »Wer seid ihr? Was wollt ihr jetzt noch auf der Straße?«
    Rapp war so erschrocken, dass es ihm vorübergehend die Sprache verschlug, aber der Arzt an seiner Seite zeigte sich weniger beeindruckt. Mit ruhiger Stimme antwortete er: »Ich bin Doktor Fernäo de Castro, Physikus und Armenarzt dieser Stadt, und das ist ein Gehilfe.«
    »So, so.« Misstrauisch trat der Mann näher und hielt dem Physikus die Laterne vors Gesicht. Dann, plötzlich, brach es aus ihm hervor: »Ich werd verrückt! Ihr seid es wirklich, Herr Doktor, ich erkenn Euch!« »Ach? Wo habt Ihr mich denn schon gesehen?« »Im Hospital war's, Herr Doktor, Anno dreizehn, als ich auf den Tod lag, ich hatt die Beulenpest, und Ihr habt mich kuriert. Hannes Schwiers heiß ich.«
    »Natürlich, natürlich, Hannes Schwiers. Ihr seid damals dem Tod nur um Haaresbreite von der Schippe gesprungen.« De Castro konnte sich keineswegs an den Mann erinnern, was angesichts einiger tausend Krankheitsfälle nicht verwunderlich war, aber er hielt es für klüger, das nicht zu zeigen. »So sieht man sich also wieder. Wie ich schon sagte, dass ist ein Gehilfe, Molinus Hauser mit Namen.«
    Schwiers und sein Kamerad achteten kaum auf Rapp, sondern nickten ihm nur kurz zu. Dann räusperte Schwiers sich umständlich. »Tja, Herr Doktor, ich komm nicht drumrum, Euch zu fragen, was auf dem Karren ist, Ordnung muss sein, wenn Ihr versteht...«
    »Aber selbstverständlich, mein lieber Schwiers!«, gab der Physikus sich jovial. »Ich bin der Letzte, der kein Verständnis dafür hätte.« Er schlug das Laken zurück, und die mit Perlmutt-Intarsien verzierte Reiseapotheke wurde sichtbar. »Da, seht.« Er zog ein paar Schubladen auf. Schröpfkugeln, Flaschen und einfache chirurgische Instrumente rückten ins Licht. »Und hier: weitere Teile aus meinem Besitz.« Er lüftete das Laken am anderen Ende des Karrens, woraufhin der große Mörser erkennbar wurde. »Ein Mörser«, erklärte er, griff nach unten und holte den bronzenen Stössel hervor, »und hier ist der dazugehörige Pistill.« »Ja, Herr Doktor, ich seh's, aber mit Verlaub ...« »Ich ziehe um«, erklärte de Castro mit größter Selbstverständlichkeit.
    »Was? Mitten in der Nacht?«
    Der Physikus runzelte die Stirn. »Erstens, mein lieber Schwiers, haben wir noch Abend, und zweitens: Wann sollte ich wohl sonst umziehen! Ihr wisst

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