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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Mauer. »Büst du mall! Dor kummt een rut!« Vor Schreck war der fixe Jüngling wieder ins Plattdeutsche gefallen.
    Jetzt sah Rapp es auch. Eine dunkle Gestalt war aus dem Haus getreten, blickte sich mehrfach um und verschwand. Nein, da war sie wieder. Sie schob einen Keil unter die sich nach innen öffnende Tür. Für Rapp war klar: Da wollte einer im großen Stil stehlen, warum sonst sollte die Tür vor dem Zuschlagen gesichert werden - doch nur, damit reichlich Diebesgut ungehindert hinausgetragen werden konnte. Sein Thesaurus! War der Mann allein? Hatte er Komplizen? War der Imitator dabei? Rapp spürte, dass er unbedingt Gewissheit haben musste. Abermals zog es ihn mit Macht zu seinem Haus, doch wiederum hielt ihn der gewitzte, auf den Straßen groß gewordene Fixfööt fest und flüsterte: »Vorsicht, Teo, loot di Tiet! Lieber einmal mehr gucken als einmal zu wenig.« »Der Karren gehört mir nicht! Der gehört dem Kerl, der die Tür aufgemacht hat. Man will mich bestehlen!« »Ja, sicher, was denkst du denn.«
    »Aber es geht um meinen Thesaurus! Meine Sammlung! Meine Exponate! Sie sind oben im Haus untergebracht, genau da, wo das Licht hinter den Fenstern schimmert.« Rapp hielt es nicht länger aus. Er sprang vor, lief die wenigen Schritte zu seiner Apotheke und trat ein. In der Offizin, das sagte ihm ein schneller Rundumblick, schien alles so zu sein wie immer. Nichts fehlte. Gott sei Dank. Wahrscheinlich galt das auch für sein Laboratorium im ersten Stock. Aber dann ...? Rapp durfte gar nicht daran denken. Ohne nachzudenken, stieg er die Holztreppe empor, immer die schlagbereite Krücke in der Hand. Was ihn wohl in seinem Kabinett erwartete? Sein Puls hämmerte. Er musste kühlen Kopf bewahren. Wenn er es nur mit dem Mann von eben zu tun hatte, würde er mit ihm fertig werden. Wenn es mehrere Männer waren ... Nun, man würde sehen. Hinter sich hörte er ein winziges Geräusch. War das Fixfööt? Ja, er war's. Kaum sichtbar in der Dunkelheit, grinste er ihm von unten entgegen. Der brave Bursche! Er ließ ihn nicht im Stich. Aber er kannte die Treppe mit ihren Tücken nicht. Die neunte Stufe quietschte stets wie ein angestochenes Ferkel. Rapp deutete heftig auf die entsprechende Bohle, dann überstieg er sie mit demonstrativer Deutlichkeit. Fixfööt hatte verstanden. Er tat es ihm gleich. Gut, ihn bei sich zu haben! Kurz vor Erreichen des zweiten Stocks wurde es heller. Die flackernde Lichtquelle! Gleich würde er genau wissen, was der Dieb - oder die Diebe - im Schilde führten. Rapp schob seinen Kopf langsam über den obersten Treppenabsatz und spähte in den Raum. Drei Männer waren da. Hagere Halunken in ärmlicher, schmuddeliger Kleidung. Sie standen vor dem großen Schrank mit den Gastropoden und Conchylien. Zwei hatten eine der Schubladen in ihren dreckigen Pfoten, ein Dritter hielt den Kerzenleuchter aus der Offizin. Die verfluchten Schandbuben! Was wollten sie mit seinen Schätzen? Nie und nimmer wollten sie die für sich! Aber für wen? Für den Imitator? Warum war er dann nicht hier? Rapp knirschte mit den Zähnen und überlegte fieberhaft, wie er die drei überwältigen konnte, ohne dabei seine Exponate in Gefahr zu bringen. Er durfte keinen Fehler machen.
    Und doch machte er ihn. Für einen Augenblick hatte er vergessen, dass er die Krücke in der Hand hielt, und eben diese schlug nun gegen einen der Geländerpfosten, als er sich umdrehte, um Fixfööt zu warnen. Es gab ein lautes, klapperndes Geräusch, das unmöglich zu überhören war. Die Halunken fuhren herum und entdeckten ihn. Ein Schrei der Überraschung und Wut entfuhr dem Mund des einen. Es war der Kerl, der den Leuchter trug. Mit zwei, drei Schritten stürzte er zur Treppe, doch Rapp hatte die Zeit genutzt und war ihm entgegengesprungen. Er schwang die Krücke und hielt den Angreifer so auf Abstand. Gleichzeitig sah er aus dem Augenwinkel, wie die beiden anderen Kerle die Schublade absetzten. Wartet, ihr Langfinger, zu euch komme ich gleich! Rapp vollführte eine Finte und stieß seinem Widersacher die Gehhilfe in den Leib. Der heulte auf, machte einen Satz nach hinten und tat dann etwas, womit Rapp nicht gerechnet hätte. Er schleuderte ihm den Leuchter mitten ins Gesicht. Rapp spürte heißes, flüssiges Wachs auf der Haut und verlor die Krücke.
    Nahezu stockfinster war es jetzt, und Rapp brauchte einige Sekunden, um sich an das wenige verbliebene Licht zu gewöhnen. Es schien von der Straße herein, und es zeigte ihm, dass er

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