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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Rapp'schen Pferdekopf. Wahrlich ein Liebhaber und Sammler, dieser Apotheker. Letzteres sollte ihm zum Verhängnis werden. Ja, das sollte es ... Der Imitator fuhr zusammen. Schritte! Viel zu laute Schritte auf dem Kopfsteinpflaster! Das mussten die Burschen sein. Während er sich noch über seine Schreckhaftigkeit und gleichzeitig über die Unvorsichtigkeit der Kerle ärgerte, eilte er zu Tür. Da waren sie schon. Dunkel gekleidete Gestalten mit tief in die Stirn gezogenen Mützen. »Kommt rein!«, befahl er. Als sie in der Offizin standen, stellte er den Leuchter auf den Rezepturtisch. »Ihr seid spät dran!«, herrschte er sie an. Die drei erwiderten nichts.
    »Ihr geht recht großzügig mit meiner Zeit um, sieben Uhr war vereinbart«, fügte er hinzu, doch das Einzige, was er zur Antwort bekam, war ein Schulterzucken.
    Das ist Abschaum, dachte der Imitator bitter, übles Gelichter. Jedes weitere Wort wäre zu viel. »Nun, gut, aber ihr wisst, worum es geht?« Die drei nickten.
    »Dann folgt mir.« Er ging zur hinteren linken Ecke der Offizin, wo eine steile Holztreppe in die oberen Stockwerke führte. »Achtet auf eure Köpfe, auch wenn ihr sie nicht zu gebrauchen scheint.« Der Imitator gelangte in den ersten Stock, in dem, wie er wusste, dass Laboratorium eingerichtet war, und stieg zielstrebig weiter, bis er den zweiten Stock erreicht hatte. Oben angekommen, musste er erst einmal durchatmen. Zufrieden stellte er fest, dass die Burschen dies nicht taten. Wenigstens Puste schienen sie zu haben. Hoffentlich waren sie auch geschickt genug, das kostbare Diebesgut pfleglich zu behandeln. Immerhin machten sie große Augen angesichts der Kostbarkeiten, die hier oben gelagert waren. Der ganze Raum glich einer gewaltigen Schatzkiste, in der man leibhaftig stehen konnte. Es gab Exponate an allen Wänden, auf dem Boden und sogar an der Decke: Dort hingen die ausgestopften und präparierten Körper von Alligatoren, Knochenfischen, Seevögeln und Meereshunden. Sogar ein schwimmfähiges Kajak schwebte da. An den Wänden waren Kehrwiederhölzer, Keulen und Blasinstrumente aus Terra australis angebracht, außerdem Pfeile, Bögen, Speere. Ein präparierter Pygmäe aus dem Herzen Afrikas blickte seelenlos aus der Ecke. Brasilianische Schrumpfköpfe, knochenlos und nur faustgroß, grinsten verzerrt. Anderswo hingen Exotika, wie die Kleidung eines Algonkin-Indianers, dazu seine Jagdwaffen und sonstigen Gerätschaften. Zwei Panzer von riesigen Landschildkröten zierten die Wände, eine Kollektion Säugetierschädel von der Spitzmaus bis zum Bären, Geweihe, Elchschaufeln, der Zahn eines Narwals ... und überall dazwischen standen Schränke und Schreine. Darauf zylindrische Glasgefäße mit klarer Konservierungsflüssigkeit, die Schlangen, Schleichen, Vipern und Ottern bargen. Der Imitator trat vor einen besonders breiten und hohen Schrank und öffnete ihn. Der Anblick, der sich ihm bot, entlockte selbst den hartgesottenen Burschen hinter ihm ein erstauntes »Oh ...«
    Die gesamte obere Hälfte bestand aus Regalen im Panorama-Schnitt. Sie waren über und über mit bizarren Korallen belegt, Korallen der verschiedensten Formen, Farben und Größen. Den unteren Teil des Schranks bildeten sechs flache Schubladen, jede so breit wie die Armspanne eines ausgewachsenen Mannes. Der Imitator zog die Erste auf, und abermals konnten die Burschen nicht umhin, ein bewunderndes »Oh« auszustoßen. Vor ihnen lag ein Mosaikbild aus Hunderten von Schneckengehäusen. Es handelte sich, wie die Beschriftungen zeigten, um Schraubenschnecken, Flügelschnecken, Walzenschnecken, Turmschnecken, Kronenschnecken, Tritonshörner und viele, viele mehr. Sie alle bildeten ein geometrisches Muster, das in den herrlichsten Farben glänzte.
    »Ihr fangt mit den Schubladen an, das ist am einfachsten«, sagte der Imitator. »Legt immer zwei nebeneinander auf den Karren und zwei darüber. Mehr nicht. Und schiebt den Wagen vorsichtig und langsam. Vor allen Dingen langsam. Für jedes Stück, das ihr kaputt macht oder das verloren geht, drehe ich euch persönlich den Hals um. Ihr werdet es nicht schaffen, das ganze Zeug heute Nacht fortzubringen. Morgen und übermorgen werdet ihr ebenfalls zu tun haben, vielleicht auch noch die Nacht darauf. Geht lieber einmal mehr und behandelt sämtliche Sachen wie ein rohes Ei. Ihr kennt das Ziel?« »Jo, jo.«
    »Gut. Erst, wenn ihr alle Schubladen weggeschafft habt, nehmt ihr euch der völkerkundlichen Dinge an. Ich meine damit die

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