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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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auslassen«, sagte Mine, »aber sie ist immer noch besser als die olle Schifferbüx von gestern. Wenn ich mitkomm, kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Muss am Burstah ein paar geflickte Hemden abgeben.«
    Rapp freute sich. Er fragte sich zwar, warum Fixfööt diesen Botengang nicht für Mine erledigte, aber der Jüngling hatte sich seit heute Nacht noch nicht wieder blicken lassen. Wahrscheinlich erledigte er eigene Aufträge. »Fein, dann ist es abgemacht«, sagte er.
    Wenig später waren sie unten auf dem Hof, wo ihnen eine Horde kreischender Kinder entgegenstürmte, gerade so, als hätten alle auf sie gewartet. Rapp, der seine Krücke nicht mehr brauchte, trug den Stapel geflickter Hemden. Die Gören riefen mit schrillen Stimmen durcheinander. »Hööö, Mine!« »Hest slopen bi Mine, Teo?« »Segg mol, wo weer dat?« »Huuu, de sün'n Poor!« »Tüünkram, sowat deit Mine nich!«
    Mine errötete unvermittelt, und Rapp, der beileibe nicht alles verstanden hatte, wunderte sich. Aus dem Hintergrund rief Opa: »Moin, Mine, wo geiht di dat?«
    »Goot.« Mine blieb nichts anderes übrig, als Teo zum Misthaufen zu dirigieren, wo Opa schon Toback kauend auf sie wartete. »Das ist Teo, Opa.«
    »Weet ik«, sagte der Alte grinsend. Dann spuckte er einen braunen Strahl in den Misthaufen. »Hett Isi mi seggt. Güstern. Nich, Teo?«
    »Ja ... Opa«, erwiderte Rapp, der sich erst einmal an den Anblick des alten Mannes gewöhnen musste. Der Greis, den alle Opa nannten, trug eine eng geknöpfte, wollene Joppe, aus der sein kahler Schädel wie ein Schildkrötenkopf hervorlugte. Er saß auf einer Art Rollwagen, der aus einer Holzfläche mit vier kleinen Rädern und einer Stange zum Abstoßen bestand. Seine Oberschenkelstummel waren kaum zu sehen, da sie fast gänzlich von der Joppe überdeckt wurden. Es sah aus, als stehe Opa auf seinem Rumpf.
    »Ich kann auch Hoochdüütsch sprechen«, sagte der Alte stolz. Rapp versicherte höflich, dass ihm das sehr helfen würde. »Ich tu hier schon länger wohnen wie jeder andere«, erklärte Opa unaufgefordert, »darum heißt der Hof >Opas Hof<, nu weißt du Bescheid.« Rapp fiel darauf nichts Gescheites ein.
    Und Opa schien auch keine Antwort erwartet zu haben. Er schob den Priem in die andere Backentasche und versenkte abermals einen Tobackstrahl im Misthaufen. »Bis später dann, Kinners.«
    Als Rapp und Mine den Hof durch den niedrigen Gang verlassen wollten, schlüpfte plötzlich Isi heraus und lief winkend auf sie zu. »He, Teo! Siehst du, ich hatt Recht, Mine hat dich aufgenommen, nicht?«, rief sie fröhlich. Die anderen Kinder plärrten irgendetwas dazwischen. »Ihr haltet die Klappe!«, wurden sie zurechtgewiesen. Und als das nicht gleich half: »Muul hollen! Haut af!« Wieder zeigte sich, dass Isi unter den Gören das Sagen hatte, denn sie verzogen sich tatsächlich. »Wo wollt ihr denn jetzt hin? Flickhemden wegbringen?«
    »Ja, ich muss zum Burstah«, sagte Mine, die durch die unerwartete Begegnung etwas überrascht war. »Und dann geht's zu Teos Apotheke.«
    So sehr Rapp Mine mittlerweile auch schätzte, für diese Bemerkung hätte er sie steinigen können. Wie er Isi kannte, würde sie nicht eher Ruhe geben, bis sie alles über ihn und sein Apothekenhaus wusste. Und so war es auch. »Wieso? Hat Teo eine Apotheke?«
    Mine, die ihren Fehler bereits bemerkt hatte, versuchte abzuwiegeln. »Ja, aber darüber können wir ein andermal reden.« Isi schien sie gar nicht zu hören. »Wieso? Mensch, Teo, siehst nicht aus wie ein Apotheker!«
    »Ah-hm ... ja. Sag mal, wo kommst du denn gerade her?« »Vom Pferdemarkt. Hab die Koken-Marie hingebracht, damit sie Apfelkuchen verkaufen kann. Nachher hol ich sie wieder ab. Bist du wirklich Apotheker, Teo?«
    »Nun, ja.« Rapp unternahm einen weiteren Ablenkungsversuch. »Musst du eigentlich nicht zur Schule?« »Schule ist aus.« Isi, die stolz war, aufs Johanneum zu gehen und dies normalerweise jedem, der es wissen wollte – und jedem, der es nicht wissen wollte -, mitteilte, fragte unbeirrt weiter: »Was machst du denn hier, wenn du Pillendreher bist? Du musst doch in der Apotheke sein?«
    Rapp und Mine wechselten einen Blick. Dann sagte Mine mit einem Schulterzucken: »Erzähl's ihr ruhig.« »Meinst du wirklich?«
    »Ja, tu's nur. Isi kann schweigen wie ein Grab, nicht, Isi?« »Ja, oh ja!«
    Rapp seufzte. Die Personen, denen er seine Geschichte anvertraute, wurden von Mal zu Mal jünger. »Also gut«, sagte er, »aber lasst

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