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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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Sonntag nicht aufgegangen war. Das verdankte er einzig und allein dem verfluchten Apotheker Rapp. Warum war der Pillendreher nach dem Überfall nicht hier in seinem Haus erschienen? Was ging in dessen Schädel vor? Der Imitator straffte sich. Im Grunde konnte ihm das einerlei sein. Er würde das Spiel noch zwei, drei Tage durchhalten, und dann wäre die Sache ohnehin erledigt.
    Er begann sich wieder in der Offizin umzusehen. Es konnte nicht schaden, ein wenig besser Bescheid zu wissen, die Etiketten zu studieren, die Behältnisse, die Schränke, die vielen Schubladen. Er stellte sich hinter den Rezepturtisch und wiederholte im Stillen die Namen der Dinge, die sich darauf befanden. Da war zunächst einmal die große Waage mit den flachen Schalen und dem dazugehörigen Gewichtssatz. Jedes Gewicht wies einen geprägten Pferdekopf auf. Dazu kam eine Holzfigur, Aesculap mit seiner Tochter Hygieia zeigend, welche eine Salbdose trug. Dies zu wissen fiel nicht schwer, weil beide Namen eingeritzt waren. Es folgten ein kleiner Mörser mit Pistille und ein Leuchter mit drei Kerzen. Und natürlich einige Flaschen der allgegenwärtigen Rapp'schen Beruhigungstropfen. Der Imitator bückte sich, um die einzelnen Schubladen des Re-zepturtischs in Augenschein zu nehmen. Es waren insgesamt sechzehn. Die Aufschriften konnte er nicht lesen, da der Tisch quer zur Eingangstür stand und die Schubladen deshalb im Schatten lagen. Er überlegte kurz, ob er die Kerzen entzünden sollte. Dann tat er es. Schließlich war er Teodoras Rapp, und er hatte nichts zu verbergen. Solange er nichts verkaufte, konnte niemand etwas dagegen haben, wenn er sich in seiner Offizin aufhielt.
    Im Schein der Kerzen war er gleich darauf in der Lage, die einzelnen Bezeichnungen lesen. Er unterschied Aufschriften wie Campher, Lavandula und Valeriana. Nicht alle Namen sagten ihm etwas, aber häufig half ihm seine Nase, wenn er die Schubladen öffnete. So fand er heraus, das Campher Kampfer bedeutete, Lavandula Lavendel und Valeriana Baldrian. Ihm fiel auf, dass die lateinische Bezeichnung nicht selten der deutschen ähnlich war. Bei der letzten Lade jedoch verhielt es sich anders. Unter Pecunia Rappis hatte er ein Erzeugnis der Rapspflanze vermutet, aber dem Duft nach handelte es sich eindeutig um Melisse.
    Wo blieben die drei Burschen nur?
    Der Imitator richtete sich auf. Er ging links um den Rezepturtisch und kam an einem Stuhl, einem Schemel und der großen Standuhr vorbei. »Schon acht Uhr durch«, knurrte er. Vor ihm stand ein Pult mit dem, ja, wie hieß es noch? Richtig: Antidota-rium. Den Begriff musste er sich unbedingt merken, denn es handelte sich um das Apothekerhandbuch, ein Kompendium, das die Sammlung der am meisten verbreiteten Rezepte enthielt.
    Feder und Tinte standen dabei, falls ein Physikus eine neue Rezeptur hinzufügen wollte. Alle Ingredienzen mussten genauestens nach Mengen und Maßen aufgelistet werden. Der Imitator besah sich die Titelseite des Buchs. Wie der gesamte Einband war auch sie aus starkem, blau eingefärbtem Kaliko. Sie zeigte den Schriftzug Antidotarium, dazu einen geprägten Pferdekopf.
    Er trat zum Fenster und spähte hinaus. Nichts. Den Leuchter vor sich hertragend, ging er zur gegenüberliegenden Seite und wäre dabei fast über einen kniehohen Bronzemörser gestolpert. Er unterdrückte einen Fluch und fragte sich, wozu, um alles in der Welt, ein so riesiger Mörser gut sein mochte. Daneben stand ein schön verzierter Holzkasten zu seinen Füßen. Er untersuchte ihn und kam alsbald zu dem Schluss, dass es sich um eine Reiseapotheke handelte. Blieb noch die Stirnwand der Offizin hinter dem Rezepturtisch. Sie wurde fast gänzlich eingenommen von dem großen Wandschrank, der im oberen Bereich Regale aufwies, im unteren abermals zahlreiche Schubladen. Zwischen den Regalen ragte mittig der große schwarze Pferdekopf hervor. Das Wahrzeichen der Apotheke, das dem Imitator wegen seiner großen Lebensechtheit schon am Vortag aufgefallen war. Überhaupt musste festgestellt werden, dass der Besitzer des Hauses die meisten seiner Einrichtungsgegenstände mit viel Liebe hatte anfertigen lassen. Das galt auch für die herrlichen Opalinglasflaschen in den Regalen, für die Albarellos aus Siena, die Gefäße mit Emailmalerei, die schön geformten Steinzeugkrüge, die Anthorff'schen Töpfe. Sie alle trugen seltsame Aufschriften wie Semen Lythosperm oder Ol Mirhan oder Fungus Lands oder Extr: Filicis. Immer wieder stieß er dabei auf den

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