Tod im Beginenhaus
unterschiedlich harten Freiheitsstrafen zu Turme geschickt, Hilger auf Lebenszeit aus der Stadt verbannt.
Heinrich von Stave wurde wenige Tage später aufgrund der Unterstützung, die er seinem Neffen bei dessen Angriff auf die Stadtregierung geleistet hatte, wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und am 11. Januar 1396 auf dem Neumarkt enthauptet.
Nach dem Sturz der patrizischen Greifenpartei hofften die Kölner Gaffeln auf mehr Mitbestimmungsrecht im Rat. Sie wurden jedoch enttäuscht, denn der Führer der «Freunde», Konstantin von Lyskirchen, ließ aus dem Eidbuch alle Einträge löschen, die die Rechte der Patrizier beschnitten. Daraufhin nahmen die Gaffeln am 18. Juni 1396 die im Geburhaus zu Airsburg versammelten «Freunde» gefangen, eroberten das Stadtbanner und brachen so die Herrschaft der Aristokraten und Patrizier.
Sechs Tage später trat ein provisorischer Rat zusammen, in dem nun neben den reichen Kaufleuten auch die Handwerker vertreten waren. Nach langen Beratungen wurde schließlich am 14. September 1396 eine neue Stadtverfassung beschlossen und in Form eines Verbundbriefs niedergeschrieben. Demnach sollte der größte Teil der Ratssitze von den Gaffeln gestellt werden, der Rest von zunftlosen Bürgern. Außerdem sollten zwei Bürgermeister gewählt werden; bei schwierigen Entscheidungen war der neue «Gaffelrat» an die Zustimmung eines zusätzlichen Ausschusses, genannt die «Vierundvierziger», gebunden. Das Eidbuch hingegen, in das vorher sämtliche Beschlüsse eingetragen worden waren, wurde abgeschafft.
Diese Stadtverfassung behielt ihre Gültigkeit 400 Jahre lang, bis zum Einmarsch der französischen Revolutionstruppen 1794.
Noch ein Wort zur beruflichen Situation von Frauen: Gemeinhin wird angenommen, dass Handwerk und kaufmännische Berufe im Mittelalter eine reine Männerdomäne waren. Aus zahlreichen Quellen, gerade auch aus Köln, ist hingegen zu erfahren, dass dem nicht immer so war. Es gab eine Reihe von Berufsfeldern in Handel und Gewerbe, in denen Frauen erfolgreich arbeiteten und Geschäfte tätigten. Das Apothekerhandwerk gehörte auch dazu.
Es war den Frauen nicht nur gestattet, sich in einer fünf- bis siebenjährigen Lehrzeit zu Gesellinnen ausbilden zu lassen; bei entsprechendem Kapital konnten sie auch durch eine ordentliche Prüfung die Meisterwürde erlangen und in die entsprechende Zunft aufgenommen werden. Damit war es ihnen erlaubt, eine eigene Werkstatt oder ein Geschäft zu eröffnen und selbst Lehrlinge, allerdings nur weibliche, auszubilden.
So viel zur Geschichte, wie sie in den Chroniken und Geschichtsbüchern vermerkt ist. Die turbulenten Geschehnisse und die Intrigen Hilgers gegen die Stadt Köln einerseits und den Erzbischof Friedrich III. von Saarwerden andererseits geben natürlich breiten Raum zum Fabulieren. So habe ich mir erlaubt, die historischen Überlieferungen um einige «Missetaten» Hilgers zu erweitern.
Die große Zahl an Beginenhöfen in Köln – über hundert! – ist belegt. Ein Narrenhospital hat es aber, soweit mir bekannt ist, nicht gegeben.
Die Apothekerstochter Adelina Merten und der Medicus Neklas Burka sind ebenfalls meiner Phantasie entsprungen. Ihr Mut zum Aufdecken der Schandtaten des Stadtobersten spiegelt jedoch durchaus die Tatkraft undden Willen der damaligen Kölner Bürger zur Selbstbestimmung und Veränderung wider.
So bleibt es dem geneigten Leser, zu entscheiden, wie viel Wahrheit am Ende wirklich bleibt.
Informationen zum Buch
Die Apothekerstochter. Der Medicus. Ein unbekannter Mörder.
Herbst in Köln. In einem Spital der Beginen stirbt ein verwirrter alter Mann. Und das war nur der erste Tote. Eine Seuche? Adelina, die Tochter des Apothekers, glaubt nicht daran. Doch wem nutzt der Tod der armen Kranken? So selbstlos sich die frommen Frauen um die Geistesschwachen kümmern, mit jeder Leiche rückt die Schließung des Beginenhauses näher. Adelina hegt einen Verdacht, und den will sie beweisen, so sehr ihr Vater um den Ruf seiner eigensinnigen Tochter fürchtet. Aber heiraten will die ohnehin nicht. Schon gar nicht ihren seltsamen Untermieter, den Medicus Burka. Oder vielleicht doch?
Informationen zur Autorin
Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann und einem Schäferhund in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet mittlerweile freiberuflich als Lektorin und Schriftstellerin.
Mehr Informationen zur Autorin unter www.petralit.de .
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