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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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Sahnetorte und leckte ihn genüsslich ab.
    *
    »Wie kommen Sie in der Sache voran?«
    »Leider bin ich noch nicht sehr weit.« »Ist Ihnen die Gefährlichkeit Ihrer Situation überhaupt bewusst?«
    »Sicher. Aber ich habe auch noch andere Verpflichtungen.« »Wir haben Ihnen den Namen der Wühlmaus mitgeteilt. Jetzt müssen Sie handeln. Das hat oberste Priorität.«
    »Ich führe ein ganz anderes Leben heute. Und Sie kommen nach über zwanzig Jahren wie aus heiterem Himmel ...«
    »Was denken Sie, worauf Sie sich damals eingelassen haben? Wir sind kein Verein, aus dem man so einfach austreten kann.«
    »Ich dachte, der Verein hat sich aufgelöst.«
    »Schluss mit der Diskussion. Holen Sie die Akte zurück und vernichten Sie sie. Wir erwarten Nachricht binnen 48 Stunden.«
    »Und die Wühlmaus?«
    »Die bringen Sie zum Schweigen. Ende.«

3. Attaque – Donnerstag, 14. Juli
    Erbost stieg Frank Beaufort in der Erlanger Kochstraße aus dem Taxi. Es hatte in dem Wagen so widerlich nach kaltem Rauch gestunken, dass ihm davon beinahe schlecht geworden war. Auf der Fahrt hatte er versucht, sich abzulenken, indem er an die letzte Nacht dachte, doch der Duft von Annes Haut ließ sich in diesem Mief nicht wirklich ins Gedächtnis zurückrufen. Selbst das Grübeln über das Kirschtorten-Paradoxon (Warum schmeckt Kirschtorte besser als Kirschen, obwohl doch die Kirschen das Beste an der Kirschtorte sind?) hatte nichts gebracht. Beaufort sog die frische Morgenluft tief ein. Wenigstens war durch diesen Ärger seine Müdigkeit wie weggeblasen. Normalerweise würde er zu dieser Stunde noch selig schlummern, aber den frühen Termin hatte er sich ja selbst zuzuschreiben.
    Geradewegs vor ihm, etwa zwanzig Meter zurückgesetzt von der Straße, erhob sich das sechs Stockwerke hohe, hellbeige verputzte Philosophische Seminargebäude, in dem zwar keine Philosophen saßen, wohl aber Soziologen, Politologen, Historiker, Klassische Philologen, Geografen und Archäologen ihre Institute hatten, oder wie auch immer das heute genannt wurde. Seit Beauforts Studienzeiten hatte sich an der Hochschule begrifflich einiges verändert. Fakultäten und Fachbereiche hießen jetzt neudeutsch Departements, aus dem Magisterstudium waren Bachelor- und Master-Studiengänge geworden, und selbst der Rektor betitelte sich nun als Universitätspräsident. Immerhin sah Beaufort es als gutes Omen an, dass sich gleich rechts neben dem Ziel seines Besuches das Gebäude der Theologen und gleich links der Winkelbau der Juristischen Fakultät mit ihren jeweiligen Bibliotheken befanden. Auch wenn man es aus ethischen Gründen nicht erwarten würde, galten gerade Theologie- und Jurastudenten als die größten Bücherdiebe an Hochschulen. Möglicherweise hatte Schifferlija in diesem Umfeld Entdeckungen gemacht, die ihm bei der Aufklärung seines Falles weiterhelfen konnten. Er ging den überdachten, mit Waschbetonplatten gepflasterten Gang zum Seminargebäude entlang, an dessen Seitengitter erst ein einziges Fahrrad angekettet war. Auch die Cafeteria in dem kleinen Flachdachbau zu seiner Rechten war noch völlig leer. So früh am Morgen begannen die Studenten der Philosophischen Fakultät noch nicht mit ihren Seminaren. Wenigstens das war seit seinen Studientagen gleich geblieben. Als Beaufort die Stufen zum Eingang hochstieg – das Erdgeschoss befand sich im Hochparterre – bemerkte er einen Krankenwagen und eine Polizeistreife auf dem noch fast leeren Dozentenparkplatz am Ende des Gebäudes. Doch da er schon ein paar Minuten über der vereinbarten Zeit war, unterdrückte er den Impuls der Neugierde und betrat das Haus.
    Nachdem er die doppelte Glastür durchschritten hatte, befand er sich in der Lobby mit dem zentralen Treppenhaus. Dem Bau aus den Sechzigerjahren sah man die Benutzung durch mehrere Studentengenerationen deutlich an. Der gemusterte Linoleumboden war abgewetzt, die Türen und Treppengeländer verkratzt und abgestoßen, und auch die abgeblätterten Holzfenster brauchten dringend einen neuen Anstrich. Beaufort fuhr mit dem Fahrstuhl in die dritte Etage und betrat den langen menschenleeren Gang, in dem das Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte untergebracht war. Er ging an Bürotüren, aufgereihten Stühlen, Metallspinden und Schwarzen Brettern vorbei, bis er das Zimmer mit der Nummer 318 erreichte. An der Tür klebte ein Zitat von Hugo Loetscher: Wenn der liebe Gott ein perfektionistischer Schweizer gewesen wäre, würde er heute noch auf den

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