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Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall

Titel: Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ars vivendi verlag GmbH , Co. KG
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richtigen Moment warten, um die Welt zu erschaffen. Beaufort schmunzelte. Das traf den schweizerischen Nationalcharakter auf den Punkt. Ob das Schifferli selbst oder ein Kollege dort befestigt hatte, würde er ihn gleich mal fragen. Er klopfte kurz und trat ein.
    Vor dem offenen Fenster standen ein Polizist in Uniform und eine grauhaarige Frau mit verweinten Augen und sahen ihn fragend an.
    Beaufort stutzte. Er hatte sich doch nicht in der Tür geirrt?
    »Guten Morgen. Bin ich hier richtig? Ich habe einen Termin mit Dr. Schifferli. Können Sie mir vielleicht sagen, wo ich ihn finden kann?«
    »Dort unten«, sagte die Frau mit tränenerstickter Stimme, wies mit ihrer Hand aus dem Fenster und begann zu schluchzen.
    »Das ist doch nicht möglich«, entgegnete Beaufort erschüttert und eilte ans Fensterbrett.
    »Einen Moment«, ertönte die Stimme des Polizeibeamten. Doch Beaufort konnte nicht widerstehen und sah hinaus. Direkt unter ihm in etwa zwölf Metern Tiefe lag auf den Betonfliesen des Innenhofes eine grotesk verrenkte, leblose Gestalt. Er erkannte den dunklen Haarschopf und die Kleidung Tom Schifferlis wieder. Ein Sanitäter und ein Polizist breiteten eine goldschimmernde Plane über den Toten.
    In diesem Moment legte sich eine Hand auf Beauforts Schulter und zog ihn energisch zurück. »Ihre Papiere, bitte«, sagte der noch recht junge Beamte streng, »und fassen Sie hier ja nichts an.«
    Beaufort hob entschuldigend die Hände und setzte eine betretene Miene auf. Dann zog er seine Brieftasche aus dem Sakko und reichte dem Mann seinen Personalausweis. »Wie ist das passiert?«, fragte er, während der Beamte das Dokument prüfte.
    »Er ist aus dem Fenster gesprungen. Ich hab ihn entdeckt, als ich ins Büro gekommen bin«, antwortete die Frau automatisch, als sei sie angesprochen worden. Die Arme stand sichtlich unter Schock. Beaufort hielt sie für eine Sekretärin hier am Institut. Er selbst war viel zu sehr damit beschäftigt, sich dieses Zimmer in allen Einzelheiten einzuprägen, um wirklich fassungslos zu sein.
    Der Raum war nicht sehr groß, etwa vier mal vier Meter. Die braunen Holzmöbel hatten schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel. Neben der Bürotür befand sich ein hohes Bücherregal, in dem zahlreiche Fachbücher standen und Papierstapel aufgeschichtet waren. An der rechten Wand stand ein halbhoher Aktenschrank, auf dem sich eine Kaffeemaschine, einige Leitzordner, eine Gießkanne und eine Grünpflanze den Platz teilten. Dort hingen auch zwei Poster. Eines zeigte ein schneebedecktes Alpenpanorama mit Eiger, Mönch und Jungfrau, das andere war das Plakat zur Ausstellung, an der Schifferli gearbeitet hatte. Darauf war ein ausgestopfter Gorilla abgebildet, der griesgrämig aus einem großen Pappkarton hervorlugte. Darüber prangte in großen roten Lettern: Ausgepackt. Die Sammlungen der Universität Erlangen-Nürnberg . An der gegenüberliegenden Wand befand sich der Schreibtisch des Wissenschaftlers, der ziemlich vollgestellt war. Neben der technischen Grundausstattung aus Rechner, Computerbildschirm, Tastatur, Drucker und Festnetztelefon lagen dort jede Menge Akten, aber offensichtlich auch einige Ausstellungsstücke. Beaufort erkannte einen zerklüfteten grauen Gesteinsbrocken, ein großes Standglas mit Deckel, in dem sich eine dickliche schwarze Flüssigkeit befand, mehrere alte Bücher, darunter ein besonders dickes in hellbraunem Leder, und ein paar unscheinbare getrocknete Pflanzen, die auf mehreren Bögen Büttenpapier fixiert waren. Ganz am Rand lag eines dieser modernen flachen Mobiltelefone, die seit einiger Zeit neu auf dem Markt waren. Ein Notizbuch oder einen Terminplaner konnte er nirgends entdecken. Neben dem Schreibtisch am Boden standen ein paar Sportschuhe.
    »Was sind Sie von Beruf, Herr Dr. Beaufort?«
    »Privatier.«
    »Aha.« Der junge Polizist ließ nicht erkennen, ob er verstanden hatte, dass sein Gegenüber keinen Beruf ausübte, oder ob er den Begriff für eine akademische Tätigkeit hielt,und reichte ihm den Ausweis zurück. »Und Sie hatten einen Termin mit Dr. Schifferli? Was wollten Sie von ihm?«
    »Nun … er hat mich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Fränkischen Bibliophilen darum gebeten, ein paar alte Bücher zu prüfen, die er für Raubdrucke hält«, flunkerte er. »Herr Schifferli bereitet nämlich gerade eine Ausstellung vor. Oder besser gesagt: hat sie vorbereitet. Es fällt mir schwer zu begreifen, dass er tot ist. Denken Sie wirklich, er hat sich

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