Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
ewig warten, bis wir die Bücher und die Grafik zurückbekommen. Die beiden Komplizen werden eher gestehen, wenn wir sie in flagranti erwischen. Ich bin dafür, ihnen eine Falle zu stellen.«
»Tun Sie alles, um die Sachen wiederzubekommen. Aber vermeiden Sie um Himmels willen jede öffentliche Aufmerksamkeit.« Harsdörffer tupfte sich mit dem Einstecktuch seines Jacketts die feuchte Stirn ab.
»Um die Falle zuschnappen zu lassen, brauchen wir aber die Polizei. Keine Sorge, das wird ganz diskret vonstattengehen. Ich habe einen einflussreichen Freund in der Justiz, der das arrangieren kann.«
»Wenn Sie es sagen, Beaufort.« Der Professor hatte vor lauter Aufregung seine blumige Redeweise eingebüßt. »Nur, wie wollen Sie es anstellen?«
»Ich brauche ein Vorlesungsverzeichnis.«
Beaufort verließ das Atelier und kehrte kurz darauf mit einem dicken Buch aus Degens Büro zurück. Darin blätterte er, bis er fand, wonach er suchte. »Hab ich mir doch gedacht, dass Professor Corrodi auch eine Vorlesung im Kollegienhaus abhält«, murmelte er. »Und natürlich am Donnerstag. Auch die Uhrzeit stimmt. Übermorgen ist seine letzte in diesem Semester. Wir müssen uns also ranhalten.«
»Sie sprechen in Rätseln. Was haben Sie vor?«
»Ich will Corrodi ein Lockvogelangebot machen. Und zwar ein so attraktives, dass er dazu nicht Nein sagen kann. Wir werden ein sehr wertvolles Buch aus Ihrer Bibliothek stehlen lassen.«
»Oh nein, bitte nicht!«
Es bedurfte einiger Überredungskunst, ehe sein Doktorvater zustimmte. Dann rief Beaufort einen alten Bekannten vom Verein der fränkischen Bibliophilen an. Auch der erklärte sich erst nach längerem Zureden zum Mitmachen bereit. Er sollte noch heute Corrodi kontaktieren und ein Buch bei ihm »bestellen«. Wenn der ihn ausforschte, woher er denn wisse, dass er in der Lage sei, solche Wünsche zu erfüllen, sollte er auf einen gemeinsamen Freund verweisen, der mit seinen Diensten sehr zufrieden gewesen sei, aber anonym bleiben wolle. Als der Lockvogel wissen wollte, welches Buch er denn stehlen lassen solle, dachte Beaufort einen Moment lang nach. Dann fiel sein Blick auf die herumliegenden Fotos. Er betrachtete das Bild einer blühenden Ananaspflanze, auf der allerlei Schaben herumkrochen. Offenbar hatte Roswitha Weyrauch nicht nur echte exotische Pflanzen fotografiert, sondern auch die kolorierten Stiche aus Maria Sibylla Merians berühmtem Surinam -Buch. Er nannte seinem Bekannten genau dieses wertvolle Werk, was bei Harsdörffer einen Entsetzensschrei auslöste. Doch Beaufort ließ sich nicht beirren, denn es war durchaus glaubwürdig, dass ein fränkischer Sammler für diesen wunderschönen Folianten einer ehemaligen Nürnbergerin ein Vermögen hinblättern würde – er selbst hätte ihn liebend gern besessen, gestand er. Sein Bekannter sollte dem Bamberger Professor 25.000 Euro versprechen, aber nur, wenn er das Merian-Buch bis Freitag liefere. Einem solchen Angebot würde Corrodi kaum widerstehen können. Die Chancen standen gut, dass er seinen Kompagnon in der UB auf den Diebstahl ansetzen und sich die Beute mit hoher Wahrscheinlichkeit am Donnerstag übergeben lassen würde.
Beaufort, der beim Telefonieren unruhig auf und ab gegangen war, blieb auf einmal wie angewurzelt unter einem der vergitterten Oberlichter stehen.
»Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Harsdörffer besorgt.
»Sehen Sie das auch, Professor?« Er deutete auf das Fenster über ihnen.
»Was soll ich sehen, mein Bester? In meinem Alter sind die Augen nicht mehr so scharf.«
Beaufort zog eine Trittleiter heran, die vor einem Regal mit Tonscherben stand, und stieg ganz hinauf, sodass er fast aus dem Fenster sehen konnte. In diesem Moment kehrten Anne und Degen von ihrem Rundgang zurück.
»Suchen Sie da oben etwas Bestimmtes?«, fragte der Historiker erstaunt.
»Da sind Blutspritzer.«
»Innen oder außen?«
Beaufort kratzte mit dem Fingernagel an der Scheibe. »Außen«, sagte er.
»Dann muss das die Stelle sein, an der Dr. Schifferli aufgeschlagen ist, als er in den Tod stürzte. Wirklich ein schreckliches Unglück. Wir sind immer noch ganz schockiert über den Vorfall. Ich kann nur hoffen, dass Frau Neudecker ihrem Kollegen zu Ehren mit der Ausstellung rechtzeitig fertig wird. Am Freitag soll die Eröffnung sein.«
Wieder auf Augenhöhe mit den anderen angekommen, fragte Frank beiläufig: »Wie kann ich eigentlich die Fotografin erreichen? Ich würde gern meine Bibliothek von ihr
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