Tod im Botanischen Garten - Frank Beauforts dritter Fall
Hand. »Wir sind uns doch auf deinem letzten Jour fixe begegnet. Und dann erst vor ein paar Tagen hier in der Sammlung. Wollten Sie zu mir oder zum Kollegen Harsdörffer?«
»Sowohl als auch. Frau Kamlin hier ist vom Bayerischen Rundfunk und arbeitet gerade an einer Radiosendung über die Sammlungen der Universität. Als ich ihr von der Antikensammlung vorgeschwärmt habe, wollte sie die unbedingt noch mit aufnehmen. Vielleicht haben Sie einen Moment Zeit, ihr die Sammlung zu zeigen?«
»Mit dem größten Vergnügen. Allerdings habe ich in einer halben Stunde einen Termin. Reicht Ihnen das?«
Anne nickte.
»Und ich bin gekommen, weil ich dringend mit Professor Harsdörffer unter vier Augen sprechen muss.«
»Sie können selbstverständlich über mein Büro verfügen.«
»Eine Lupe haben Sie nicht zufällig da?«
»Wenn Sie ein Vergrößerungsglas brauchen, empfehle ich Ihnen das Atelier unserer Fotografin. Dort gibt es sogar ein Mikroskop.«
»Das wäre ideal. Aber stören wir sie auch nicht bei ihrer Arbeit?«
»Frau Weyrauch erscheint meistens erst ab 16.00 Uhr und arbeitet dann bis in den Abend. Sie versorgt ihre kranke Mutter. Erst wenn ihre Schwester von der Arbeit kommt und die Pflege übernimmt, beginnt sie ihren Dienst hier. Sie haben also noch mindestens eine Stunde Zeit.«
Professor Degen geleitete die beiden Herren ins Atelier. Dann führte der von Anne sichtlich angezogene Althistoriker die hübsche Journalistin durch die Sammlung. Nur Beauforts Wunsch, ihr unbedingt die bemerkenswerte Preisamphora zu zeigen, konnte er nicht erfüllen, da sie sich bereits zusammen mit den anderen ausgewählten Exponaten im Stadtmuseum befand.
Das Atelier der Fotografin war zwar groß, aber ziemlich vollgestopft. Es wurde auch als Lager für antike Scherben und andere Fundstücke benutzt. Vor einer weißen Leinwand standen auf einem Sockel eine griechische Trinkschale und davoreine Kamera mit Stativ. Auf einer Arbeitsplatte waren Fotos von Pflanzen aus dem Botanischen Garten ausgebreitet.
»Jetzt haben Sie es aber wirklich spannend gemacht«, sagte Harsdörffer. »Welche Neuigkeit bringen Sie mir denn? Sie haben doch nicht tatsächlich den Dieb …«
»Möglicherweise. Aber bitte schauen Sie sich zuerst das hier genauer an.« Beaufort zog aus einer Plastiktüte mit dem Aufdruck des Würzburger Antiquariats zwei in Seidenpapier eingewickelte Bücher. »Können Sie identifizieren, ob das Ihre sind?«
Mit Feuereifer machte sich der Leiter der Handschriftenabteilung an die Aufgabe, untersuchte die Bücher minutiös mit Lupe und Mikroskop und wies Beaufort anhand einer ganzen Reihe von Kriterien nach, dass diese beiden Exemplare zweifelsfrei Eigentum der Universitätsbibliothek waren. Harsdörffer war ganz aus dem Häuschen über den Fund. Nicht ohne Stolz berichtete Beaufort ihm von seinen Recherchen und der Spur, die zu Professor Corrodi führte. Er äußerte die Vermutung, dass der Leiter der Bamberger Sternwarte die Bestände der Universitätsbibliothek bedenkenlos plündere, um seinen eigenen Sammelwahn zu finanzieren. Er habe nämlich dessen beeindruckende und äußerst wertvolle Sammlung an Büchern und Bildern selbst gesehen. Und von der harmlosen Sammelleidenschaft zur krankhaften Sammelsucht sei es ja oft nur ein kleiner Schritt, wie ein Blick in die Geschichte des Sammelns zeige. Diese Sucht müsse den Professor finanziell überfordert haben. Mal ganz abgesehen davon, dass der Rolls-Royce-Fahrer auch noch auf großem Fuße lebe. Wahrscheinlich verscherbele er die gestohlenen Bücher nicht nur an Antiquariate, sondern entwende sie auch gezielt für andere Sammler auf Bestellung.
»Aber ich habe diesen Menschen noch niemals in der Handschriftenabteilung gesehen. Wie stiehlt er bloß die Bücher?«
»Er muss einen Komplizen in der UB haben, der es für ihn tut.«
»Das kann ich nicht glauben! Ich verbürge mich für alle Mitarbeiter, die einen Schlüssel zur Schatzkammer haben.« Harsdörffer trippelte aufgeregt hin und her. Seine Gesichtsfarbe nahm eine ungesunde Röte an.
»Beruhigen Sie sich, Herr Professor. Ich vermute, dass es jemand aus dem weiteren Kreis Ihrer Leute ist. Jemand, der sich Nachschlüssel anfertigen lassen konnte.«
»Aber wie sollen wir den ausfindig machen?«
»Ich habe zwar einen konkreten Verdacht. Aber wenn Corrodi seinen Namen nicht ausspuckt, wird es schwer werden. So wie ich den Professor einschätze, wird er alles leugnen und zu den Vorwürfen schweigen. Da können wir
Weitere Kostenlose Bücher