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Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi

Titel: Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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dem Hafenboden auf. Am Ende des
Hafenbeckens, neben dem Rathaus, stand der Aussichtsturm, den Leute erklommen
hatten, um von dort den Blick über das bunte Treiben zu genießen.
    Kirchner saß hinter seinem Schreibtisch. Trotz des sommerlichen
Wetters sah er blass aus. Die Augen lagen tief in den Höhlen, umrahmt von
dunklen Schatten. Er wirkte fahrig.
    »Sie können sich vorstellen, weshalb wir gekommen sind?«, fragte
Christoph.
    Der Bürgermeister nickte resigniert. »Ich kann es mir denken.«
    »Bestreiten Sie, mit Heike Bunge intim gewesen zu sein?«
    Kirchner sah die beiden Beamten nachdenklich an, als könne er die
Antwort so lange hinauszögern, bis sie nicht mehr eingefordert wurde. Er griff
zu einem Kugelschreiber und drehte ihn zwischen den Fingern.
    »Ich habe es nicht gewollt«, sagte er schließlich kaum wahrnehmbar.
    »Warum haben Sie sich uns nicht gleich anvertraut?«, fragte
Christoph.
    »Können Sie sich das nicht vorstellen? Man schweigt … und
hofft, dass alles unentdeckt bleibt. Und trotzdem. Hier …« Er streckte
seine manikürte Hand vor. Deutlich war das Vibrieren der Fingerspitzen zu
erkennen.
    »Es macht die Sache nicht einfacher, dass Sie uns in die Irre
geführt haben.«
    »Können Sie es nicht verstehen? Ich wollte nicht entdeckt werden.
Ist das nicht natürlich? Es ist doch schlimm genug, was ich getan habe.«
    »Haben Sie uns wirklich unterschätzt?«
    »Ja – nein!« Kirchner war konfus und fuhr sich mit der
gespreizten Hand durch die Haare. »Wenn ich es nur ungeschehen machen könnte.«
    »Dafür ist es zu spät«, stellte Christoph fest.
    Der Bürgermeister atmete tief durch. »Wie soll ich das den Menschen
da draußen erklären? Die, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Meiner
Familie? Meiner Frau? Hören Sie«, kam ihm plötzlich ein Gedanke. »Ich habe doch
gar nichts verschwiegen. Ich habe Ihnen doch freiwillig meine DNA gegeben. Sonst wären Sie gar nicht auf mich
gekommen.«
    »Sonst hätten wir uns einen richterlichen Beschluss geholt«,
erwiderte Christoph.
    Kirchner seufzte. »Das mag sein.«
    »Um eine weitere Frage zu stellen: Welche Schuhgröße haben Sie?«
    »Was hat das damit zu tun?«
    »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie meine Frage beantworten würden«,
sagte Christoph höflich, aber bestimmt.
    »Dreiundvierzig.«
    Das entsprach der Schuhgröße, die die Spurensicherung an der Hecke
am Graben gesichert hatte. Allerdings war es auch eine Schuhgröße, die sicher
sehr viele Männer hatten. Danach wären mehrere Tausend Nordfriesen verdächtig.
    »Entschuldigung«, sagte der Bürgermeister plötzlich. »Aber mir ist
nicht gut. Es ist gegen alle Regeln, aber ich halte es nicht mehr aus. Ich muss
jetzt rauchen.« Er angelte eine Zigarettenpackung aus der Tasche seines Sakkos,
das über der Stuhllehne hing. Erst im zweiten Versuch gelang es ihm, die
Zigarette anzuzünden. Gierig sog er den Rauch in seine Lungen. Nach dem zweiten
tiefen Zug schien er sich ein wenig beruhigt zu haben.
    Christoph registrierte, dass der Mann offenbar starker Raucher war.
Auch das passte zum Laborergebnis. Man hatte an Heike Bunges Gesäß
Nikotinspuren nachweisen können. Diese Tatsache behielt Christoph jedoch für
sich. Er wollte noch nicht alle Karten aufdecken.
    »Schildern Sie uns, was geschehen ist«, forderte er den
Bürgermeister auf.
    Kirchner musterte Christoph durch den blauen Dunst, der zur
Zimmerdecke emporstieg. Dann stand er auf und stellte sich ans Fenster. Erneut
inhalierte er den Rauch. Wie schwer mochte es Große Jäger, dem passionierten
Raucher, ergehen, wenn der Zigarettenduft vor seiner Nase waberte.
    Der Bürgermeister schien geistesabwesend zu sein. Er stand am Fenster
und starrte auf das bunte unbeschwerte Treiben.
    »Es war keine erfreuliche Veranstaltung«, begann er stockend. »Ein
Pflichttermin. Davon gibt es viele zu absolvieren. Das soll nicht heißen, dass
ich die nicht gern erfülle. So bin ich auch in guter Stimmung zu den
Reußenkögen gefahren. Es sollte ein kurzweiliger Besuch werden, ein eigentlich
positiver Anlass. Jede Verbesserung der wirtschaftlichen Struktur in unserer
Region ist gut für Nordfriesland. Und gut für Husum. Unsere Stadt. Meine Stadt.
Schon als ich dort ankam, spürte ich die eigentümliche Stimmung. Es waren zwei
Gruppen, die sich gebildet hatten und die weit auseinanderstanden. Die
Handwerker bildeten eine Clique. Diesen oder jenen kannte ich vom Ansehen. Sie
mieden offenbar den Umgang mit drei anderen Arbeitern, die sich

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