Tod im Koog - Hinterm-Deich-Krimi
du vertrauen
kannst?«
»Das sind Vorurteile. Außerdem gibt es gerade im kommunalen Bereich
unzählig viele Menschen, die sich für das Gemeinwohl engagieren und dafür
häufig nur Undank ernten. Oder möchtest du bei der derzeit angespannten Lage in
irgendeinem Gemeinde- oder Stadtrat sitzen?«
»Die Frage stellt sich mir nicht«, wich Große Jäger aus. »Trotzdem
möchte ich wissen, ob Kirchner tatsächlich so edelmütig war, wie er vorgibt.
Und wenn die beiden wirklich im Schwesternzimmer waren, ist immer noch
ungeklärt, welches Paar im Zimmer 17 kopuliert hat. Und wieso hat sich
Schwester Heike im Rausch dem Intensivraucher Kirchner hingegeben, wenn ihr vom
Nikotingestank übel wurde?«
»Und wenn Kirchner wirklich nicht der Mörder ist?«, gab Christoph zu
bedenken. »Was ist, wenn die beiden von einem Dritten beobachtet oder belauscht
wurden? Er muss es ja nicht gesehen haben. Es würde doch reichen, wenn jemand
mit dem Ohr an der Tür gehockt hat.«
»Hmh«, antwortete Große Jäger nachdenklich. »Kirchner hat behauptet,
der so unschuldig wirkende Blödorn wäre durchs Haus geschlichen. Und bei der
Abfahrt ist er auf de Frontier gestoßen. Der Architekt war den ganzen Abend
über hartnäckig hinter den Frauen her und wollte unbedingt eine von ihnen
aufreißen. Sein ganzes Bemühen ist vergeblich gewesen. Das kratzte am Ego des
so selbstbewusst auftretenden Mannes. Er, der sich selbst so smart sah, hat
eventuell miterleben müssen, wie der unscheinbar wirkende Kirchner mit den
rotblonden Haaren und dem biederen Äußeren bei einer der Frauen zum Zug
gekommen war. Und nach dem zweiten Abblitzen hat er sich nicht mehr unter
Kontrolle gehabt. Er wäre nicht der einzige Mann an diesem Abend gewesen, der
unter Kontrollverlust gelitten hätte. Dreschnitzki, Kohlschmidt, Kirchner und
der immer noch Unbekannte von Zimmer 17.«
Große Jäger stemmte die Hände in die Hüfte und atmete hörbar die
frische Seeluft ein. Viele Menschen opferten die schönste Zeit des Jahres, um
ein paar Wochen, manchmal auch nur Tage hier verbringen zu dürfen. Und ich darf
das ganze Jahr hier leben, dachte Christoph dankbar.
Große Jäger zeigte auf das schweinchenrosa Haus an der Ecke
Krämerstraße und Zingel. »Das Brötchen«, stand in großen Lettern über den
Markisen.
»Trinken wir einen Cappuccino?«, schlug er vor. Als Christoph
nickte, ergänzte er: »Vielen Dank für die Einladung.«
Das Café war gut besucht, und die Nähe der anderen Gäste
verbot es, ihren aktuellen Fall an diesem Ort weiter zu thematisieren.
Stattdessen wollte Große Jäger alle Einzelheiten der bevorstehenden Hochzeit
wissen. Natürlich gehörte er zu den geladenen Gästen, auch wenn es nur ein
kleiner Kreis war. Anna hätte sich eine größere Runde gewünscht. Schließlich
war es das erste Mal, dass sie einem Standesbeamten als Braut gegenüberstand.
Aber Christoph hatte sich durchgesetzt.
»Wann geht es auf Hochzeitsreise?«, fragte Große Jäger.
»Wir hatten geplant, am Sonntag zu fahren.«
»Sehr vernünftig. Dann könnt ihr den Sonnabend nutzen, um euch von
der rauschenden Hochzeitsfeier zu erholen.«
Christoph runzelte die Stirn. »Es wäre mir lieb, wenn wir unseren
Fall bis dahin geklärt hätten.«
Der Oberkommissar winkte ab. »Ach, das bekommen wir auch ohne dein
ständiges Einmischen und Stören hin. Oder soll ich dich auf der Hochzeitsreise
vertreten?«
Christoph lächelte. »Ich weiß nicht, ob es Annas Zustimmung findet,
wenn du mit ihr nach Venedig fährst.«
»Wie romantisch. Eine Hochzeitsreise nach Venedig. Andere reisen in
die Karibik, nach Hawaii oder auf die Isla Margarita. Und du entführst deine
Frau nach Venedig. Das macht man doch eigentlich vor der Hochzeit.«
»Wir bleiben dort nur vier Tage. Dann geht es für zehn Tage in die
Toskana.«
Große Jäger verdrehte die Augen. »Man müsste Hauptkommissar und
Doppelverdiener sein. Und«, dabei wies er mit dem ausgestreckten Finger auf
Christoph, »wenn man dir unterwegs in Italien deinen Volvo stibitzt, dann ruf
einfach an. Ich hole euch ab.«
Christoph lachte laut auf, dass die Gäste an den Nebentischen
aufmerksam wurden. »In deinem Smart?«
»Für Anna reicht es hin.«
»Und wie willst du nach Hause kommen?«
Große Jäger winkte ab. »Vielleicht triffst du in Italien Frauke
Dobermann unter deinem Bett.«
»Wie kommst du darauf?« Christoph war ein wenig irritiert.
»Man munkelt, dass sie sich in Hannover intensiv mit der Mafia
beschäftigt. Wenn sie
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