Tod im Moseltal
Wortgeplänkel.
»Wussten Sie, dass Ihr Mann Sie betrügt?«
Marie starrte Buhle an. Wenn er ihre Gedanken gelesen hatte, war das jetzt wirklich das abrupte Ende eines bisher belanglosen Gesprächs. Nur danken wollte sie es ihm nicht. Sie verschränkte die Arme vor dem Oberkörper und blickte ihn geringschätzig an. »Wer behauptet denn, dass er mich betrügt?«
»Ihr Mann sagt das, auch wenn es noch Unstimmigkeiten gibt. Aber ich denke, bevor ich Sie noch ganz verärgere, sollte ich Ihnen nun berichten, was wir wissen. Danach können Sie dann mit Ihrem Mann sprechen. Aber Sie werden Verständnis dafür haben müssen, dass jemand von uns dabei sein wird.«
Buhle versuchte ein entschuldigendes Lächeln, das Marie nicht wirklich erreichte, und fuhr fort: »Ihr Mann rief uns heute Mittag an und meldete eine Tote in seinem Haus. Die fanden wir dann auch im Gästezimmer im Untergeschoss vor. Um wen es sich handelt, können wir nicht sagen. Aber es ist offensichtlich, dass die Frau Opfer eines Tötungsdelikts wurde. Ihr Mann behauptet steif und fest, er kenne die Frau nicht. Er gibt aber zu, über Nacht Besuch von einer alten Freundin gehabt zu haben. Die ist jedoch verschwunden.«
Buhle wechselte ein wenig die Stellung auf dem Kinderstuhl. Allmählich schien sich der Dreiviertelmeter Unterschied zwischen der siebenjährigen Nora und dem etwa fünfunddreißig Jahre älteren Kommissar bemerkbar zu machen. »Herr Steyn tat sich am Anfang etwas schwer damit, aber dann hat er zumindest eingestanden, Geschlechtsverkehr mit seinem Gast gehabt zu haben. Soweit es bis jetzt feststeht, finden sich auch frische Spermaspuren an verschiedenen Stellen im Haus. Wir werden natürlich im Labor noch prüfen, ob sie alle von Herrn Steyn stammen.«
Marie hatte durchaus bemerkt, dass der Kommissar beim Thema Seitensprung nicht mehr von »Ihrem Mann« sprach. Es machte die Sache aber nicht besser. Dass Thomas nicht treu war, hatte sie schon länger geahnt. Sie hatte versucht, tolerant zu sein, auch wenn es unstrittig wehtat. Solange er sich mit seinen Eskapaden auf Dienstreisen beschränkte und zu Hause den glaubhaften Ehemann und Vater gab, war es zu ertragen gewesen. Vielleicht war Monogamie ohnehin eine der gesellschaftlichen Lügen dieser Zeit. Aber in den vergangenen Jahren hatte sich der Ehemann zusehends verloren, und es war nur der zweifellos liebevolle Vater übrig geblieben. Marie hatte es stillschweigend akzeptiert.
»Von wem sollten die denn sonst sein?« In ihrer Frage schwang zunächst etwas Resignation mit. Doch dann richtete sie sich auf und rutschte bis zur Bettkante auf Buhle zu. »Was ist mit der Toten, was sagt er dazu?« Ihre Stimme hatte einen leicht kämpferischen Unterton angenommen. Es ging hier um einen Mordfall, und ihr Mann sollte die Tat begangen haben. Für Marie war das trotz allem unvorstellbar.
»Ihr Mann behauptet, die Tote nie vorher gesehen zu haben. Er habe sich mit einer Schulfreundin getroffen, einer Marion Spiegelrodt, geborene Schroeder. Mit ihr soll er im Internat eng befreundet gewesen sein. Kennen Sie die Frau?«
Marie bejahte. Thomas hatte zu Beginn ihrer Beziehung, als sie sich über ihre jeweilige Vergangenheit ausgetauscht hatten, über Marion gesprochen. Daher wusste sie, dass die beiden zur Schulzeit ein enges Verhältnis gehabt hatten, fast schon eine Art Symbiose. Anscheinend war aber nie etwas Sexuelles zwischen ihnen gelaufen. Danach war Marion eigentlich kein Thema mehr gewesen, auch weil Thomas nie an irgendwelchen Ehemaligentreffen seiner Schule teilnahm.
»Sie hätten sich auf einer Internetplattform nach Jahren wiedergetroffen und sich für das Wochenende verabredet«, fuhr Buhle fort. »Die Kontaktaufnahme muss vor einiger Zeit erfolgt sein, hatte er Ihnen etwas davon erzählt?«
Marie schüttelte den Kopf.
»Richtig nachvollziehen können wir das derzeit nicht. Er behauptet, seine Schulfreundin hätte darauf bestanden, nur das Notebook zu benutzen und alle Daten zu löschen, damit die Partner nicht durch Zufall etwas von dem Kontakt mitbekommen konnten. Zu prüfen ist das im Moment nicht, da das Notebook Ihres Mannes anscheinend verschwunden ist. Haben Sie eine Ahnung, wo es sein könnte?«
»Nein, Thomas hat sein Notebook aus dem Büro selten mit nach Hause genommen. Wir selbst haben gar keins. Unseren PC im Arbeitszimmer nutze ich nur, wenn ich zu Hause arbeite und für Haushaltssachen, Internet und so weiter. Manchmal darf auch Mattis da schon ran.«
»Wir haben
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