Tod im Moseltal
er gehabt haben musste, auf seinen Todfeind gestürzt hatte, der das Leben seiner Frau bedrohte. Es waren kratertiefe Abgründe, die sich in den Augen beider Männer auftaten. Jetzt waren die Augen geschlossen. Ob sie sich jemals wieder öffnen würden, wusste er nicht.
Der zweite Rettungswagen, der wenige Minuten später erschien, war mit einem grauhaarigen Rettungsassistenten und einem blutjungen Sanitäter besetzt. Beide kümmerten sich um Marie. Sie versorgten die Wunde, fixierten den Arm, untersuchten die Verletzungen am Körper und legten die leichtgewichtige Frau erst dann vorsichtig auf die Trage, um sie abzutransportieren. Christian Buhle bewegte sich die ganze Zeit keinen Millimeter.
Die Ärzte entschieden, Dennis Mazzomaid mit dem Rettungshubschrauber abzutransportieren. Kurz nachdem dieser abgehoben hatte, fuhr auch der erste Rettungswagen mit Thomas Steyn zum nächsten Krankenhaus. In einigem Abstand und ohne Sirenen folgte das Fahrzeug mit Marie Steyn.
»Christian, alles klar?« Paul Gerhardts war vor ihm in die Hocke gegangen. Es war, als ob die Worte Buhle verzögert, Buchstabe für Buchstabe, erreichten.
Er blickte ihn an. »Nein, ich glaube nicht.« Er atmete tief durch und schob sich mit den Armen ein Stück die Hauswand hoch.
Gerhardts wartete noch ein wenig. »Komm, steh auf, die Kollegen von der Spurensicherung kommen gleich.« Er griff ihm mit einer Hand unter die Arme und half ihm hoch. Langsam gingen sie zu Nikolas Steffen, der am Rand des Schutthaufens saß und einen weit entfernten Punkt fixierte.
*
Am frühen Nachmittag saß das Ermittlerteam der Soko Domäne zusammen mit dem luxemburgischen Kollegen Henri Ducard im Besprechungsraum der Zentralen Kriminaldirektion Trier. Nachdem Soko-Leiter Paul Gerhardts mit seinem Bericht geendet hatte, herrschte erst einmal Schweigen. Der dramatische Ausgang des Falls war selbst für die erfahrenen Beamten nichts, was sie ohne Weiteres wegstecken konnten. Vor allem Christian Buhle wirkte in sich gekehrt. Nicole Huth-Balzer warf ihm ab und zu einen besorgten Blick zu.
»Ich habe vor einer halben Stunde mit den Krankenhäusern telefoniert.« Gerhardts’ Gesicht war noch ernster als bei den vorangegangenen Ausführungen. »Dennis Mazzomaid ist weiterhin ohne Bewusstsein, und es sieht so aus, als ob sich das auch kurzfristig nicht ändern wird. Er war nach der Strangulation durch Steyn mehrere Minuten ohne Atmung und somit auch ohne Sauerstoffversorgung des Gehirns. Hinzu kommen eine Kehlkopffraktur und erhebliche Quetschungen im gesamten Halsbereich einschließlich innen liegender Gewebepartien. Die Ärzte meinen, dass er überleben wird, können aber nichts über bleibende Schäden sagen.«
Er machte eine kleine Pause. »Das bedeutet für uns, wir müssen den Fall vielleicht ohne Aussage des Tatverdächtigen abschließen. Ihr wisst, was das bedeutet.«
Er blickte hinunter auf eine handgeschriebene Seite und fuhr fort. »Thomas Steyn wird immer noch operiert. Wie sein Zustand aktuell ist, weiß ich nicht. Heute Mittag hat mir ein Arzt berichtet, dass er verschiedene innere Verletzungen hat, unter anderem einen Nierenriss, mehrere Frakturen, offene Wunden, Prellungen und Quetschungen. Neben dem Nierenriss hat ihm die starke Unterkühlung besonders zugesetzt und zu Herzrhythmusstörungen geführt. Steyn befindet sich in einem insgesamt kritischen Zustand, aber wohl nicht in Lebensgefahr. Nach der Operation werden wir hoffentlich mehr wissen.«
Wieder machte er eine kurze Pause, bevor er weitersprach. »Marie Steyn ist ebenfalls im Krankenhaus. Sie hat eine Fraktur des linken Unterarms und zwei gebrochene Rippen, aber offenbar keine inneren Verletzungen. Trotz der Gefahr, in der sie sich befunden hat, ist sie anscheinend in einem erstaunlich stabilen psychischen Zustand. Wir können also hoffen, dass wenigstens sie einigermaßen glimpflich davonkommen wird.«
Er legte seine Unterlagen zu einem Stapel übereinander und sah mit ernster Miene in die Runde der Kollegen.
»Du siehst den Fall als gelöst an?«, fragte Ducard in seiner direkten Art ohne Umschweife.
»Ich habe keine Zweifel: Dennis Mazzomaid ist der Mörder von Elena Voiculescu und Isabelle Girardot. Ob wir ihn aber jemals zu einem Geständnis bewegen können, weiß ich nicht. Selbst dann nicht, wenn er überlebt und vernehmungsfähig ist. Hast du Zweifel?«
»Ihr müsst bedenken, dass der Fall für uns nicht einmal eine Woche alt ist«, sagte Ducard. »Aber sicher, es deutet alles
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