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Tod im Moseltal

Tod im Moseltal

Titel: Tod im Moseltal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Ness
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Dienstreisen. Eine feste Beziehung zu einer anderen Frau hätte ich bislang ausgeschlossen. Aber ich hätte ihm auch nicht zugetraut, dass er sich Frauenbesuch zu uns nach Hause bestellt. Da müssen Sie dann vielleicht doch in den anderen Kreisen ermitteln. Und jetzt verschwinden Sie.«

11
    Luxemburg; März im selben Jahr
    Er saß noch immer wie versteinert in seinem Büro, in völligem Unverständnis gegenüber dem Geschehenen, keinen seiner zahllos umherschwirrenden Gedanken einfangend. Er hatte sich doch perfekt vorbereitet, hatte die kompletten Firmendaten recherchiert, jede Lücke im Konzept analysiert, war sich sicher gewesen, dass er ihn am Haken hatte. Und dann hatte der Alte eiskalt gekontert, hatte ein Ass nach dem anderen aus dem Ärmel gezogen, hatte ihn am Ende völlig in der Hand gehabt und sich nicht gescheut, ihn darin zu zerquetschen wie Harmstorf seinerzeit im »Seewolf« die angeblich rohe Kartoffel.
    Seit über zehn Jahren arbeitete er nun schon hier. Hatte unten angefangen, dann zum Überholen angesetzt und diese Spur bis heute nicht verlassen. Dass er es in der kurzen Zeit zum stellvertretenden Leiter seiner Abteilung geschafft hatte, war für ihn Genugtuung gewesen, egal was die Neider dabei dachten, die er hinter sich gelassen hatte. Er schien unaufhaltbar und nun dieses Desaster. Hatte der Alte ihn durchschaut, hatte er gewusst, was ihn erwarten würde, und ihn auf vorher gelegten Spuren ins offene Messer laufen lassen?
    Wäre es irgendein Kunde gewesen, hätte er irgendwann einlenken und noch die Kurve kriegen können. Dann wäre ihm diese unverschämt kompromittierende Standpauke seines Vorgesetzten erspart geblieben. Aber bei dem Alten konnte er nicht nachgeben, hatte gekämpft, als er schon am Abgrund stand, und verloren. Er fühlte sich immer noch im freien Fall, verzweifelt nach Halt suchend. Aber er fand keinen. Fiel immer tiefer und tiefer.
    Das neue Bankgebäude bestand fast vollständig aus Glas: Das in Dreieckswaben konstruierte Glasdach zog sich wie ein geviertelter Zylinder vom Boden bis über die ebenfalls vollständig gläserne, gerade abfallende Front, die nur mit mehrmals wechselndem Versatz vertikal gegliedert war. Auch die Stirnseiten und sogar Räume im Innern des Gebäudes waren geprägt von dieser alles dominierenden Transparenz. Das neue Gebäude am Boulevard Konrad Adenauer war ein architektonisches Kunstwerk, das dem Betrachter, sei er Kunde, Partner oder politische Kontrollinstanz, suggerieren sollte: Hier wird nichts verheimlicht, hier besteht Durchblick.
    Er hatte dieser Glasarchitektur nie etwas Positives abgewinnen können. Ständig war man beobachtet oder beobachtete selbst. In den ersten Monaten hatte er Anpassungsschwierigkeiten gehabt. Wie den meisten anderen aber gelang es auch ihm irgendwann, darüberzustehen. Doch auch jetzt, nach zwei Jahren, hielt er sich nur in den Büros oder Besprechungsräumen auf und verließ außerhalb der Arbeitszeit sofort das Gebäude. Die Kollegen, die sich in Pausen oder nach der Arbeit noch in den Atrien oder Wintergärten zwischen den V-förmigen Büroflügeln zeigten und somit auch einen Teil ihres Privatlebens für alle sichtbar machten, konnte er nicht verstehen.
    Nun war es fast überall dunkel; nur in ganz wenigen Büros brannte noch Licht. Langsam, ganz langsam fiel die Spannung von ihm ab. Endlich für sich, begannen seine Gedanken, sich wieder zu ordnen. Seine Starre blieb. Es waren zu viele Schatten geworden, die sein neues Leben verdunkelten. Die Gespenster von früher waren zurückgekehrt. Er musste etwas unternehmen, damit um ihn herum nicht wieder tiefste Nacht einkehrte.
    Es dauerte weitere zwei Stunden, bis er wusste, was er zu tun hatte.

12
    Trier; Donnerstag, 4. November
    Marie lag schon lange wach.
    Sie hatte durch das gekippte Fenster gehört, wie die ersten Autos gestartet wurden, hatte das langsam ansteigende Murmeln der Stadt wahrgenommen, das unsynchrone Schlagen der zahllosen Trierer Kirchenglocken, das musikalische Aufwachen der in den Gärten übernachtenden Singvögel vor dem Abflug in die ungestörten Wälder am Petrisberg.
    Peter hatte versucht, geräuschlos das Bett zu verlassen. War sie am Abend noch froh gewesen, Trost in seiner inwendig wärmenden Nähe zu finden, ließ sie ihn nun unbeweglich gewähren. Während zunächst aus dem Bad, dann aus der Küche die leisen Geräusche morgendlichen Tuns zu ihr gelangten, versuchte sie, ihre Lage einigermaßen zu erfassen.
    Es gelang ihr nicht. Sie

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