Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
aus wie ein zu hoch geratener Container, passte jedoch zu den militärischen Straßennamen. Paul Schweigert konnte sich nicht vorstellen, hier 'einkaserniert' zu sein, nicht mal als Student. Von vorne mutete das Gebäude futuristisch an, wie ein überdimensionales Tetris-Spiel, das ausschließlich aus weißen Steinen und Glas bestand, während einige Elemente herausgezogen zu sein schienen. Auf der Rückseite führte eine durchgehende Treppe zu den Wohnungseingängen der vier Stockwerke.
Lisbeth musste die Klingel mehr als einmal betätigen , bevor sich in der Studentenbude überhaupt etwas regte. Zunächst polterte es, dann hörte man einen Fluch, und schließlich ging das Licht an. Neun Uhr morgens mochten die meisten Studenten als unchristlich empfinden.
» Ja, ja, ich komm ja schon«, hörten die beiden Ermittler aus der Wohnung. Der Schlüssel wurde von innen zweimal herumgedreht, und ein verschlafener junger Mann in Boxershorts und verwaschenem T-Shirt setzte sich gähnend seine Brille auf.
» Herr Alexander Hoffmann?«
» Ja, richtig, der bin ich, und wer sind Sie?«
» Schweigert von der Kripo Oldenburg, das ist meine Kollegin Eicken. Dürfen wir reinkommen? Wir haben ein paar Fragen an Sie.« In seinem hübschen, fast jugendlichen Gesicht spiegelte sich in diesem Augenblick der schmerzliche Verlust eines geliebten Menschen wider. Es war für ihn nicht schwer zu erraten, warum die Polizeibeamten ihn sprechen wollten.
» Bitte, kommen Sie rein.« Der durchtrainierte Student war etwas kleiner als Paul, durfte etwa 1,80 Meter messen. Er ging in Richtung Fenster, zog die Jalousien hoch und öffnete es. Eine kräftige Stoßlüftung tat der abgestandenen Luft gut. Alexander Hoffmann räumte seine achtlos auf die Stühle geworfenen Trainingsklamotten eilig weg, um den Beamten Sitzplätze anbieten zu können.
» Nehmen Sie doch Platz, ich bin gleich bei Ihnen«, sagte der Jurastudent und verschwand im Badezimmer. ‚Kleine Nasszelle‘ wäre eine bessere Beschreibung gewesen. Anstatt sich hinzusetzen, sahen sie sich lieber im Wohn- und Schlafraum um. Unter dem offensichtlich aus Platzgründen aufgestellten Hochbett befand sich eine durchgesessene Schlafcouch. Ihr gegenüber stand ein schlichter, aber breiter Schreibtisch, dessen Arbeitsfläche man allerdings nur erahnen konnte, da sich Gesetzesbücher, Aktenordner und lose Blätter türmten. Inmitten des Chaos stand ein aufgeklappter Laptop, der nicht eingeschaltet war. An der Wand zeugte ein übersichtlicher Jahreskalender von bevorstehenden Prüfungen. Hier ist aber schon länger nicht mehr gesaugt worden, dachte Paul, als er sich den flauschigen blauen Teppich ansah. Einige Party- und Kaffeeflecken verrieten, dass er seine beste Zeit schon deutlich hinter sich gelassen hatte.
Die Fotos an der Pi nnwand zeigten nicht nur seine Familie, sondern auch, dass er sich nie mit der Trennung von Elena abgefunden hatte. Offensichtlich im Urlaub an einem Strand wirkten beide glücklich und verliebt.
» Wollen Sie einen Kaffee trinken?«
» Nein, danke. Sie können sich denken, warum wir hier sind?« Alexanders Gesicht nahm wieder diese düsteren Züge an. Er setzte sich und nickte.
» Elena.«
» Wo waren Sie in der Nacht vom Samstag, den 4. Februar auf den 5. Februar, zwischen 21.00 Uhr und 2.00 Uhr nachts?«
Der Jura-Student sprang auf. »Sie verdächtigen mich? Ich habe sie geliebt!«
» Reine Routine, wir müssen das fragen«, beschwichtigte Lisbeth Eicken, »also, wo waren Sie?« Alexander rieb sich die Hände und überlegte.
» Oli hatte Geburtstag, ist am 5. Februar 24 Jahre alt geworden. Wir haben mit ein paar Jungs reingefeiert. Ich war gegen acht Uhr abends dort, ging ziemlich lange, so gegen drei, halb vier bin ich gegangen.«
» Keine Frauen auf der Party?«
» Nee, ein reiner Herrenabend.«
» Wo hat die Party stattgefunden?«
» Hier im Wohnheim bei ihm. Er wohnt Nummer 38.«
» Geben Sie uns bitte die Namen und Adressen der Jungs , die noch auf der Geburtstagsfeier waren.« Lisbeth notierte die Daten.
» Haben Sie die Party zwischendurch verlassen?«
» Nein.«
» Wurde auf der Feier Alkohol getrunken?«
» Ja, Bier, aber keine harten Sachen. Zum Anstoßen um zwölf tranken wir Sekt.«
» Und Elena hatte sich von Ihnen getrennt?«
» Ja, angeblich, weil sie wegen des Studiums keine Zeit mehr für mich hatte. Ich bin mir sicher, dass sie nie aufgehört hat, mich zu lieben. Sie war abgelenkt, aber deswegen trennt man sich doch nicht,
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