Tod im Netz: Kriminalroman (Oldenburg-Krimi) (German Edition)
Häuschen auf dem Land. Doch als Lisbeth sie dann kennenlernte, änderte sie ihre Meinung. Lisbeth wollte damals eigentlich nur etwas bei Paul abholen, als dieser Urlaub hatte. Wiebke öffnete mit Schürze die Tür und begrüßte sie herzlich, als würden sie sich schon Jahre kennen, und führte sie direkt in die Küche.
» Ich bereite gerade den Seelachs und die Bandnudeln in der Auflaufform vor, du isst doch bestimmt was mit, oder?«
» Äh, eigentlich…«, setzte Lisbeth an.
» Keine Widerrede. Paul erzählt so viel von dir, jetzt will ich dich endlich richtig kennenlernen. Du kannst schon mal den Salat anmachen, geschnippelt ist schon alles. Und dabei können wir dann mal schön schnacken. Du kommst ursprünglich aus Jaderberg?«
» Ja, ich bin da aufgewachsen.«
» Und ich bin dort auf das Jade-Gymnasium gegangen, immer schön brav mit dem Fahrrad hingefahren.«
» Echt? Das ist ja nur zwei Straßen von meinem Elternhaus entfernt. Ist da schon Salz und Pfeffer dran?«, fragte Lisbeth und zeigte auf die durchsichtige Salatschüssel.
» Nee, noch nichts. Und du wohnst jetzt in Oldenburg?«
» Ja, direkt in der Stadt. Gerade als ich noch keinen Führerschein hatte, kam ich ja nirgends hin.«
» Oh ja, das kenne ich, war ich damals froh, als ich den Lappen endlich hatte und selbst fahren durfte.«
» Wenn die Eintracht so weiterspielt, sind wir bald europaweit erfolgreich«, tönte es aus dem Wohnzimmer.
» Sehr schön, du kannst gleich mal erfolgreich den Tisch decken!« Lissi konnte ein hysterisches Lachen nicht unterdrücken.
Es wurde sehr viel geschnackt und gelacht an jenem Abend. Lissi warf ihre anfängliche Skepsis über Bord und fing an, Wiebke richtig gut leiden zu können.
***
Der Besuch bei Jens Wagner hatte die Ermittler keinen einzigen Schritt weitergebracht. Er war viel zu geschockt unter dem Eindruck des plötzlichen und gewaltsamen Todes seiner Schwester, die gleichzeitig auch seine beste Freundin war. Als wenn er unter Beruhigungsmitteln stand, gab er nur einsilbige Antworten auf ihre Fragen und starrte dabei die ganze Zeit auf ein Urlaubsfoto, das ihn und seine Schwester an einem Strand zeigte. Fast schien es so, als wollte er sie mit seinem Blick wiederbeleben. Den einzigen vollständigen Satz, den er rausbrachte, war die Bitte, ihn einfach alleine zu lassen. Sie würden ihn zu einem späteren Zeitpunkt erneut befragen müssen.
Paul und Lisbeth hatten an einer Imbissbude gehalten, um sich zu stärken, als das Handy klingelte.
» Schweigert.«
» Paul, hier ist Arne.«
» Was gibt es?«
» Ich sitze gerade über den Logfiles, der Provider hat sie heute Morgen elektronisch zur Verfügung gestellt, ellenlange Chatprotokolle.«
» Arne, wir essen gerade, und ich habe in meinem Leben schon x-mal Chatprotokolle gelesen.«
» Paul, glaub mir, so eines hast du noch nicht gesehen.«
Kapitel 5
Soziale Netzwerke im Internet nutzte er zwar auch, aber die echten Kontakte von wichtigen Persönlichkeiten wurden im realen Leben ge knüpft. Nur einem erlesenen Personenkreis war es vergönnt, zu einer intellektuellen und wirtschaftlichen Elite zu gehören. Im Gegensatz zu Facebook, wo einfach ein Kontakt per Anfrage zustande kam, wurde man im ‚Club Leonardos‘ lediglich durch eine persönliche Empfehlung Mitglied, das hieß dann zunächst 'vorläufiges Mitglied'. Nur wer die Bewährungszeit erfolgreich absolvierte, bekam in einer feierlichen Zeremonie die permanente Mitgliedschaft übertragen. Dieser 'Permanent-Member-Status' öffnete dann jede Menge wichtige Türen.
Kai Rentz gönnte sich dennoch zwei Profile bei Facebook, eine Fanpage, die bereits über 2.000 User mit einem 'gefällt mir'-Klick bedacht hatten, und ein privates Profil, das den Namen Mr. R. zierte. Unzählige weibliche Nutzer schrieben ihn an, da sie ‚Mr. Right‘ vermuteten. Als Profilbild hatte er das Bild eines extrem gut aussehenden glatzköpfigen und in Deutschland weitestgehend unbekannten US-Sportlers ausgewählt. Er hatte aufgehört zu zählen, wie viele Frauen ihn unbedingt kennenlernen wollten.
Grinsend beantwortete er die Anfrage einer jungen Blondine aus Hamburg - wer weiß, ob sie überhaupt ihr echtes Foto hochgeladen hatte - mit den Worten: »Sorry, keine Zeit die nächsten Wochen, beruflich sehr eingespannt«, als sein Handy klingelte. Das Display verriet ihm, dass sein Vize-Präsident anrief.
» Henning, was gibt es?«
» Moin, Kai, ich sollte wirklich mal meine Rufnummer
Weitere Kostenlose Bücher