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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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    »Na?«
    »Er hat telefoniert.«
    »Mit wem?«
    »Ich weiß nicht. Ungelogen, er hat nichts gesagt. Er hat einfach ›Ich bin's. Hör zu‹ gesagt. Dann hat die andere Person die ganze Zeit geredet, und Leo hat hin und wieder bloß protestiert. Eines hat er ganz deutlich gesagt, und das war ›Paß auf, du Wichser, ich bin derjenige, der hier Protektion hat, du würdest ganz schön alt aussehen, wenn ich ein bestimmtes Wort sagen würde.‹ Sinngemäß jedenfalls. Nicht wortwörtlich. Dann noch ein paar Wenns und Abers und etliche Flüche, und dann haben sie offenbar ein Treffen vereinbart. Zumindest bestand Leo darauf; ob der andere einverstanden war, weiß ich nicht.«
    »Wo wollen sie sich treffen? Wo?«
    »Üblicher Ort. Mehr hat er nicht gesagt. ›Der übliche Ort.‹ Wenn das alles ist, dann sollte ich lieber wieder umkehren. Wenn Leo rauskommt und mich hier sieht…«
    »Sie sind sein Chef, richtig?«
    »Sie haben doch gesehen, was für ein Schrank er ist. Ich habe keine Lust, von ihm in die Mangel genommen zu werden. Ich gehe.«
    Sie beschlossen, wieder zu warten.
    »Der übliche Ort«, murmelte Lorenzini. »Ich bin Leo tagelang hinterhergelaufen. Welcher übliche Ort?«
    »Sie werden sich aus dem Weg gegangen sein.«
    »Ich weiß, aber trotzdem, Mücke muß zur Arbeit, wenn Leo nach Hause kommt und sich schlafen legt – es könnte einfach eine Straßenecke sein.«
    »Nein…«
    Das Funkgerät unterbrach sie, aber nur, um zu melden, daß alles ruhig war. »Nein. Es muß einen ›üblichen Ort‹ geben, wenn sie sich überhaupt kennen.«
    Sie schwiegen wieder. Wenn die Tür der Discothek nicht gerade aufflog, Leute herauskamen und mit ihnen ein Schwall von Licht, Lärm und Rauch, lag die Piazza einsam und verlassen da. So einsam, daß sie die Züge hören konnten, die ratternd und pfeifend in den Bahnhof Santa Maria Novella fuhren.
    Lorenzini unterdrückte ein Gähnen. Mehr um sich wach zu halten, unternahm er einen neuen Anlauf.
    »Vermutlich ist diese Catherine Yorke der Grund dafür, daß Corsi sich weigerte, für den Unterhalt des Palazzo Ulderighi aufzukommen.«
    »Mmmhm.«
    »Ganz schön dreist, sie dort als Mieterin einzuquartieren, in der Situation.«
    »Mmmhm.«
    »Kann es der Frau eigentlich nicht verübeln, daß sie ihn beseitigt sehen wollte – das heißt, wenn sie davon wußte.«
    »Sie wußte davon.«
    Das war ein Fortschritt. Lorenzini richtete sich ein wenig auf und hakte nach.
    »Grillo? Diese miese kleine Ratte?«
    »Ja. Grillo.«
    Er ist oft in diesem Zimmer gewesen. Hat viele Abende hier verbracht. Hat mit seiner kleinen Pistole gespielt.
    Natürlich war er nebenan in Catherines Zimmer gewesen, und wer würde das besser wissen als der Zwerg, der sich mit Hilfe seiner Geheimtüren und versteckten Passagen Zugang zu jedermanns Geheimnissen verschaffen konnte, um anschließend in seine Kammer zu schlurfen und sich zu überlegen, wem er – zur Sicherung seines geschützten Status – was erzählen sollte. Der Wachtmeister war überzeugt, daß er Neri nur solche Dinge erzählte, die ihn amüsierten. Neri, ebenso unfähig wie sein Dienen außerhalb des Hauses zu überleben, saß im selben Boot. Neri beobachtete von seinem Turm aus seine Mutter, und Hugh Fido wußte das. Grillo beobachtete Buongianni Corsi und Catherine. Die alte Tante wollte alle beobachten und Bescheid wissen.
    Ich möchte wissen, was in diesem Hans vor sich geht.
    Und nach dem grausamen Vorfall hatten alle weiterhin beobachtet. Den Wachtmeister etwa, der im düsteren, musikerfüllten Innenhof seine Runden machte, selber erfüllt von einer üblen Ahnung, die ihn ergriff und wieder nachließ, aber nie ganz verschwand. Er sah sich selbst schweren Schritts daherstapfen, von jedem Fenster aus beobachtet, während der Zwerg hinter den Säulen entlanghuschte, grinsend und ihm Zeichen gebend.
    »Komm her, komm her!«
    Er hatte das Spiel schon jahrelang nicht mehr gespielt, und er war ohnehin kein guter Spieler. Er war zu langsam. Die alte tata, die unter ihren roten Lämpchen saß und, wie sich herausstellte, seine Mutter war, beobachtete ihn hinter der geschlossenen Tür.
    »Komm schon, Salva! Du bist zu langsam. Du wirst nie gewinnen!«
    »Er geht los!« brüllte der Zwerg. »Wärmer, wärmer… Nein! Kalt! Kalt!«
    Dem Wachtmeister war es egal. Am Brunnen lag ein Haufen Kleidungsstücke, und er hatte nicht vor, dorthin zu gehen, wie sehr ihn der Zwerg auch verhöhnen mochte. Es waren vermutlich Corsis

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