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Tod im Palazzo

Tod im Palazzo

Titel: Tod im Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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Sachen, und bei dem Gedanken, sie anzufassen, schauderte ihn. Er blieb unter der Kolonnade stehen und ging weiter, ignorierte den Zwerg und sein »Wärmer!« und »Kälter!«. Wichtig war jetzt nur, so lange weiterzugehen, bis die Klaviermusik aufhörte, und dann… Oder waren das Tonleitern? Kein Wunder, daß sie ihn alle auslachten, während sie zusahen, wie er seine Runden drehte, ohne zu wissen, was er eigentlich tun wollte. Schläft im Stehen, sagten sie. Schlief er denn? Ja, mußte wohl so sein… »Herr Wachtmeister?«
    »Eh?«
    »Ich habe gesagt, wenn wir sie zusammen finden, was wollen Sie dann tun?«
    »Ich weiß nicht… ich muß wohl eingedöst sein. Wieviel Uhr ist es?«
    »Sie machen gleich zu. Da!«
    Die letzten Gäste kamen lärmend aus der Discothek. Leo war nicht unter ihnen.
    »Schon so spät?«
    Der Wachtmeister setzte sich aufrecht hin, hellwach jetzt. »Aber Mücke! Wir haben überhaupt nichts gehört.«
    »Sie haben sich doch schon längst gemeldet.«
    Lorenzini konnte eine leise Ungeduld nicht verbergen. »›Er geht jetzt los‹ haben sie gesagt. Sie folgen ihm zum Markt. Da ist Leo.«
    Er kam mit dem Besitzer heraus und sprach noch eine Weile mit ihm, bis ein Taxi vorfuhr. Der Besitzer stieg ein, und Leo verschwand zusammen mit den letzten Gästen. Lorenzini ließ den Motor an. »Was soll ich tun?«
    »Warten.«
    Sie warteten nur sechs, sieben Minuten, dann kam die Meldung durch das Funkgerät.
    »Er hört auf zu arbeiten, steht da, sieht sich um… Mist! Ein Lieferwagen versperrt jetzt die Sicht… halt, er setzt zurück… Mücke ist noch immer da. Er redet mit jemand…«
    »Wie sieht er aus?« rief der Wachtmeister dazwischen. »Ist er groß, kahlgeschoren, schwarz angezogen?«
    »Nee. Nicht der, den Sie suchen. Er ist zu alt. Ich schätze, Mücke fragt ihn, ob er ihn vertreten kann. Richtig. Schlägt ihm auf die Schulter und geht jetzt über die Straße…«
    »Verliert ihn nicht aus den Augen!«
    »Keine Sorge. Er geht in die Bar hinüber, wo alle frühstücken. Um diese Uhrzeit gibt es eigentlich nichts, wo er sonst noch hingehen könnte. Das wird es sein.«
    »Sind schon unterwegs.«
    Auch wenn Lorenzini am liebsten mit Blaulicht und heulender Sirene losgejagt wäre, sie mußten langsam und unauffällig fahren, weil sie Leo nicht überholen durften. In der Nähe des Marktplatzes stellten sie das Auto ab und gingen zu Fuß weiter. Die Morgendämmerung brach an, während sie die mit Gemüseabfällen übersäten Straßen entlanggingen, der Himmel so klar wie eine rosa Perle, aber die Lichter unter dem Glasdach der großen Markthalle brannten noch. Die Lastwagen, die sich während der Nacht auf dem Platz versammelt hatten, waren meist schon wieder abgefahren, aber unter den kleinen Händlern mit ihren kleinen dreirädrigen Karren herrschte noch viel lärmende Geschäftigkeit. Das Stehcafé war leicht zu erkennen. Alle anderen Läden in dieser Straße waren geschlossen und verrammelt, und viele Händler waren dorthin unterwegs, um zu frühstücken.
    »Dort drüben«, sagte Lorenzini. »Und jetzt?«
    Es gab keine Gelegenheit, eine Entscheidung zu treffen. Im Innern des Stehcafés kam es plötzlich zu einer Bewegung. Die Leute liefen näher, um zuzusehen, und plötzlich kam einer der Zivilbeamten herausgerannt und sah sich verzweifelt um. Lorenzini und der Wachtmeister liefen los. Als sie dort ankamen, hatten einige von Mückes Jungs, ebenso kräftig wie er, sich auf Leo gestürzt, aber sie hatten Mühe, ihn festzuhalten.
    Vier Männer hielten Mücke fest. Einer brüllte: »Schafft ihn raus! Schafft ihn raus, sonst bringt er ihn noch um!«
    Es stimmte. Leo hatte zwar in seiner Wut ein Messer gezogen, das jetzt vor ihm auf der Erde lag, aber es wäre Mücke gewesen, der getötet hätte, und zwar mit bloßen Händen. Seine Augen funkelten, und er stieß ein leises, unbeherrschtes Winseln aus. Er bemerkte nicht einmal die beiden uniformierten Männer. Leo bemerkte sie und warf sich in einem hilflosen Befreiungsversuch nach vorne.
    Der Wachtmeister nickte in Richtung Mücke, um zu signalisieren, daß er als erstes unschädlich gemacht werden sollte. Lorenzini stürmte wie ein Jagdhund mit Handschellen vorwärts. Die Männer, die ihn schon festhielten, die beiden Zivilbeamten und Lorenzini mußten ihre ganze Kraft aufwenden, um Mücke, dessen Hände auf dem Rücken gefesselt waren, mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu zwingen. Einer der Zivilbeamten versetzte ihm sogar noch einen

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