Tod im Schärengarten
Schmauchspuren und andere Indizien für einen Nahschuss zu untersuchen«, sagte Thomas.
»Was wäre die Alternative?«, sagte Margit. »Dass der Täter sich an Bord eines anderen Schiffes befunden hat? Einer der Konkurrenten vielleicht?«
Thomas nickte.
»Das würde heißen, wir suchen die Nadel im Heuhaufen.«
Thomas hatte Margits Kommentar nichts hinzuzufügen. Es war praktisch unmöglich, die Hunderte von Booten zu überprüfen, die sich im Gebiet getummelt hatten. Der Täter konnte von jedem dieser Boote aus geschossen haben.
Er blickte wieder auf seine Notizen.
»Winbergh glaubte zuerst, Juliander hätte einen Schlaganfall«, fuhr er fort. »Das war jedenfalls sein erster Gedanke, bis er das Blut auf der Brust sah. Aber nicht einmal da begriff er, dass der Mann niedergeschossen worden war.«
»Was ist mit den Booten der Zuschauer?«, fragte Margit. »Hat auf denen jemand beobachtet, was passiert ist?«
Thomas schüttelte den Kopf.
»Nicht direkt. Wir haben kurz mit einem Zeugen auf einer Storebro gesprochen, die eine größere Gesellschaft des KSSS an Bord hatte. Sie befanden sich nahe der Startlinie, als Juliander erschossen wurde. Wir werden sie morgen ausführlich befragen, heute war dafür keineZeit.« Er las in seinen Notizen. »Julianders Frau Sylvia war ebenfalls auf der Storebro. Sie stand so unter Schock, dass wir sie nicht befragen konnten. Zu der Gesellschaft gehörten auch ein Hans Rosensjöö und seine Frau.«
»Ist das nicht der Vorsitzende des KSSS ?«, fragte der Alte.
»Richtig. Er ist Bankdirektor. Seine Frau heißt Britta. Er hat hauptsächlich darauf geachtet, wie die Segel im Moment des Starts standen, sagt er, und nicht, was im Cockpit von Julianders Boot passierte.«
»Wer war noch da?«, fragte Margit.
»Sekunde«, sagte Thomas und blätterte in seinen Notizen. »Ein weiteres Ehepaar namens Ingmar und Isabelle von Hahne.«
»Die Crème de la crème natürlich«, brummte der Alte vor sich hin.
»Der Eigner der Storebro heißt Axel Bjärring und ist Arzt«, fuhr Thomas fort, ohne sich ablenken zu lassen. »Seine Frau Lena ist auch Ärztin, sie war es, die an Bord der Swan ging und Julianders Tod feststellte. Ihre halbwüchsige Tochter war bei ihnen. Nach den Weingläsern an Bord zu urteilen war die Gesellschaft nicht mehr ganz nüchtern.«
»Was wissen wir noch über das Opfer?«, fragte Margit. »Ich habe ihn manchmal im Fernsehen gesehen. Er war ja ziemlich bekannt.«
»Er galt als Favorit für dieses Rennen«, sagte Thomas. »Laut Winbergh hat Juliander an mehr als fünfzehn Gotland-Runt-Regatten teilgenommen. In diesem Jahr war er mit seinem neuen Swan-Boot aus Finnland am Start, deshalb setzte er alles daran zu gewinnen. Er war ein hohes Tier im KSSS und aktiver Segelsportler.«
»Feinde?«, warf Erik ein.
»Ein so bekannter Anwalt muss sich Feinde gemacht haben«, erwiderte Thomas. »Fragt sich nur, ob einer von denen hinter dieser Sache steckt.«
»Es ist trotzdem ungewöhnlich, dass Rechtsanwälte ermordet werden«, sagte Margit. »Und dann auf so eine spektakuläre Art und Weise. Verdammt aufsehenerregend, das kann man wohl behaupten.«
Kalle, der bisher noch nichts gesagt hatte, brummte zustimmend.
»Gibt es ein offensichtliches Motiv?«, wollte der Alte wissen.
Thomas schüttelte den Kopf. Die Ermittlung war gerade erst angelaufen. Aber spekulieren konnte man ja.
»Liebe, Hass oder Geld«, murmelte Margit.
»Was sagt die Rechtsmedizin?«, fragte der Alte und wechselte das Thema.
»Sie ziehen unseren Fall vor«, sagte Margit mit einem Anflug von Zufriedenheit in der Stimme. »Vielleicht schaffen sie es, ihn schon am Dienstag in Augenschein zu nehmen.«
Sie warf einen Blick zu Thomas, der beifällig nickte. Margit musste ordentlich Druck gemacht haben, damit es so schnell ging.
Seit den Mordermittlungen im letzten Sommer waren Thomas und Margit so etwas wie ein Gespann. Sie hatten auf einer persönlichen Ebene zueinandergefunden und entdeckt, dass sie sich bei der mühsamen Ermittlungsarbeit gut ergänzten.
Thomas hörte geduldig zu, wenn Margit sich über ihre beiden Teenagertöchter und die ständigen Diskussionen beklagte. Zum Dank hielt Margit ein wachsames Auge auf Thomas und versuchte zu verhindern, dass er allzu viele unangemessen lange Tage im Dienst verbrachte.
»Sobald Julianders Frau ansprechbar ist, werden wir mit ihr reden«, sagte Thomas. »Wir müssen natürlich seine Kollegen in der Kanzlei befragen und den Vorstand des Segelklubs. Sie
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