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Tod im Staub

Tod im Staub

Titel: Tod im Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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nicht richtig war, überfiel ihn. Er saß immer noch dort, als einer der Diener ihn fand und liebevoll nach Hause trug.
    Am nächsten Tag kletterte der Teufel wieder über die Mauer. Er wollte wissen, ob die Leiche wirklich wieder ganz gesund war.
    Auf dem Friedhof angekommen, suchte er sich einen Spaten und begann, die Erde vom Grab wegzuschaufeln. Unglücklicherweise hatte er vergessen, welches das frische Grab war, und so grub er eine Menge älterer Gräber auf. In jedem Erdloch fand er gräßliche Leichen mit schrecklichen Gesichtern, die voller Würmer waren. Da entschied er, daß alles andere besser sein müßte als die Heilung, die man Tod nannte.
    Es war an diesem Tag, daß der Teufel krank wurde; und es war auch an diesem Tag, daß er beschloß, was er einmal werden wollte, wenn er erwachsen war.«
    Ich starrte in das Gesicht der abstoßenden alten Frau mit ihren geschlossenen Augen. Wie alle Einwohner dieses Vorhofs zur Hölle war auch sie jenseits meines Begriffsvermögens. »Und was wurde der Teufel, als er erwachsen war?« wollte ich wissen.
    Sie lachte. »Nun, ein Städter natürlich!« sagte sie.
    Die Straße wirbelte mich weiter, aber vielleicht war es auch die Besessenheit in mir, die mich verfolgte. Ich schien zu fallen, immer schneller, so daß die anderen Lebewesen sich in verrenkter Haltung an mir vorbeidrehten wie Menschen, die von einer Klippe herabstürzten. Es war verwirrend, aber ich dachte, daß ich die Leute vielleicht immer das Falsche fragte oder aus ihren Antworten falsche Schlüsse zog, und daß dadurch meine Fallgeschwindigkeit beschleunigt wurde.
    Neben mir fiel ein kleines Mädchen, ein ausgemergeltes Kind mit einem kupferrot glänzenden Lockenschopf, aber mit einem Gesicht wie brüchiges Pergament. Ich rief ihm durch den Lärm zu: »Wie können wir herausfinden, ob wir für die Wahrheit geeignet sind?«
    Es lächelte mir zu, ein zahnloses Lächeln, und da hielt ich es für eine uralte Zwergin mit gefärbtem Haar.
    »Darüber gibt es eine Geschichte«, sagte es. »Eine Geschichte über einen armen, aber stolzen jungen Mann, der im siebzehnten Stockwerk aus einem Hotelfenster sprang. Während er herunterfiel, fragte er sich, ob nicht sein ganzes Leben und das Leben fast aller Menschen, die er kannte, auf illusorischen Werten aufgebaut war. Der Erdboden wirbelte ihm entgegen ...«
    »Hör auf! Hör auf! Du sollst mir nicht sagen, wie die Geschichte endet! Das ist meine eigene Geschichte! Ich werde sterben, wenn du sie weitererzählst. Jetzt kann ich sehen, daß ich noch immer die Macht habe, selbst zu wählen, welches Ende meine Geschichte haben soll!«
    Während ich das sagte, lichtete sich der Nebel des Wahnsinns etwas, in dem ich versunken war. Das alte Weib wirbelte an mir vorbei, und ich erkannte, daß das, was ich für eine Straße gehalten hatte, etwas ganz anderes war. Diese senkrechten Lüftungsschächte, diese Geländer und Fenster gehörten - zur Trieste Star. Denn mein afrikanisches Abenteuer war zu Ende, und ich befand mich mit meinem eigenen Schiff auf der Heimfahrt und ließ alle Schwierigkeiten und Sorgen hinter mir zurück.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nie bemerkt, daß mein Schiff gepanzert war; ich sah, daß das Grau der Straße in Wirklichkeit die Panzerung war, die fast das ganze Schiff bedeckte und uns gegen alles unverwundbar machte, außer gegen einen Angriff mit Kernwaffen. Während ich das Steuerrad umklammerte - wir fuhren mit enormer Geschwindigkeit durch die grauen Wasser -, konnte ich kaum sehen, in welche Richtung wir fuhren, so wenig ließ die Panzerung von den Fenstern frei.
    Als die englische Küste vor uns auftauchte, läuteten alle Schiffsglocken, und die Mannschaft brach in Jubelrufe aus. Ich fuhr die Turbinen noch etwas höher, und das Schiff reagierte feinfühlig wie eine Frau. Wir fuhren ohne Schwierigkeiten eine steile Rampe empor und weiter an Land. Bis zu dieser Minute war mir nicht bewußt gewesen, daß ich Kapitän eines Amphibienfahrzeugs war.
    In Sekundenschnelle erreichten wir die größte Stadt. Sie ruhte auf einer riesigen Plattform, um die sich das verdorrte Land erstreckte; bevor wir uns auf die Plattform hinaufkatapultierten, sah ich winzige, verschrumpelte Wesen, die Reihe um Reihe verkümmerter Pflanzen behackten. Mit langsamer Fahrt steuerte ich das Schiff eine Straße entlang.
    Die ganze Mannschaft stand jubelnd und winkend an der Reling. Auch in mir stieg eine grenzenlose Erleichterung darüber auf, daß wir wieder zu

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