Tod im Tal der Heiden
nicht, wenn euch euer Leben lieb ist!« schrie ihr Anführer, ein großer Mann mit einem buschigen roten Bart und einem polierten Bronzehelm, der mit roten Emailstücken verziert war.
Fidelma wurde von Furcht erfaßt, als ihr bewußt wurde, daß er mit nördlichem Akzent sprach.
Ein zweiter Mann ritt an sie heran, und ehe sie sich wehren konnten, band er ihnen geschickt die Handgelenke auf dem Rücken zusammen. Binden wurden ihnen über die Augen gelegt. Hände ergriffen die Zügel ihrer Pferde, und sie wurden in schnellem Trab davongeführt. Sie hatten alle Mühe, sich auf den sich rasch bewegenden Pferden zu halten, und fanden keinen Atem, zu protestieren oder eine Erklärung zu verlangen. Beide konnten nicht abschätzen, wieviel Zeit verging, bis die, die sie gefangen hatten, ihr Ziel erreichten.
Der Ritt endete so plötzlich, wie er begonnen hatte.
Die Pferde hielten, Befehle wurden gerufen, und starke Arme hoben sie aus den Sätteln. Die Binden wurden ihnen abgenommen, und sie standen blinzelnd inmitten einer Kriegerschar. Fidelma bemerkte, daß sie sich in einer Schlucht befanden, kaum mehr als ein Felsspalt, in dem gerade vierMänner nebeneinander stehen konnten. Ringsum erhoben sich Felswände, der Himmel war kaum sichtbar. Es war eher ein enger, dunkler Gang.
Der Anführer der Krieger, der Rothaarige mit der grimmigen, fast zornigen Miene, stand vor ihnen, und seinem forschenden Blick entging nichts.
»Ihr kommt aus Gleann Geis.« Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
»Das bestreiten wir nicht«, bestätigte Fidelma kühl. »Wo kommt ihr her?«
Das Gesicht des Mannes zeigte keine Reaktion. Seine blauen Augen musterten sie eingehend und erfaßten Fidelmas Kreuz des Ordens der Goldenen Kette und Eadulfs ausländisches Aussehen. Er gab einem seiner Männer ein Zeichen. Schweigend reichte der ihm ihre Satteltaschen. Der rothaarige Anführer schaute erst in Eadulfs Satteltaschen und nahm danach Fidelmas.
»Dann seid ihr also gewöhnliche Diebe und Räuber?« höhnte sie. »Wenn ihr Reichtümer sucht, werdet ihr keine finden, denn …«
Der Mann ignorierte ihre Worte und durchsuchte die Tasche. Er fischte den Goldreif heraus. Seine Augen funkelten.
»Wer bist du?« wollte er wissen.
»Ich bin Fidelma von Cashel.«
»Eine Frau aus Muman, die den goldenen Halsreif von Ailech trägt?« Er lachte spöttisch. Er ließ ihn in die Tasche fallen und warf sie sich über die Schulter.
Als Fidelma den Namen Ailech hörte, fuhr sie zusammen.
Ailech war die Hauptstadt der nördlichen Uí-Néill-Könige,die in Feindschaft mit den südlichen Uí-Néill-Königen lebten, die in Tara herrschten.
Der Rothaarige bewegte sich auf eine der glatten Felswände zu. Seine Männer hatten einen Ring um Fidelma und Eadulf gebildet. Bevor sie noch Einspruch erheben oder Forderungen stellen konnten, wurden sie auf diese hoch aufragende Wand zu gedrängt. Das ging so schnell schnell, daß Eadulf unwillkürlich die Augen schloß, weil er einen Augenblick lang glaubte, sie sollten getötet werden, indem man sie einfach mit Gewalt gegen den Granitfelsen laufen ließ. Dann fühlte er sich plötzlich von Kälte und Dunkelheit umgeben. Er wagte die Augen aufzuschlagen und fand sich in einer Höhle wieder, die von einer einzigen Fackel schwach erhellt wurde. Irgendwie waren er und Fidelma durch einen verborgenen Höhleneingang geschleust worden.
Der Anführer lief weiter voran durch einen dunklen Tunnel. Weder Fidelma noch Eadulf erhoben Protest, das hätte wenig Zweck gehabt. Die Krieger zogen sie schnell und gekonnt mit sich. Es ging durch eine Reihe von Höhlen und engen Gängen. Dann machten sie plötzlich halt.
»Verbindet ihnen wieder die Augen«, befahl der Anführer.
Erneut befanden sie sich in völliger Dunkelheit.
Nach kurzer Pause wurden sie weiter vorwärtsgeschoben. Es dauerte nicht lange, bis sie wieder anhielten. Die Luft war auf einmal wärmer. Fidelma spürte auf den Wangen den Hauch eines Feuers.
»Wir haben zwei Spione aus Gleann Geis gefangen, Lord«, erklärte der Anführer der Schar.
»Spione, meinst du?« Diese Stimme kannten Fidelma und Eadulf. »Löst ihnen die Binden, damit sie sehen können.«Rauhe Hände nahmen ihnen die Binden von den Augen.
»Vorsichtig!« tadelte die Stimme. »Tut unseren geehrten Gästen nicht weh.«
Fidelma schaute blinzelnd in die rauchige, große Höhle, die von flackernden Fackeln erhellt wurde. Sie bemerkte Schlafdecken, ein Feuer in einer Ecke, günstig angelegt
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