Tod im Tal der Heiden
leiten lassen.«
»Dann bin ich bereit, diese praktischen Fragen zu besprechen.«
Laisre stand unvermittelt auf.
»Ich habe beschlossen, daß die erste Sitzung unserer Verhandlungen morgen früh mit einem Hornsignal eröffnet wird. Wir treffen uns hier im Ratssaal und erörtern die anstehenden Fragen. Doch für heute abend habe ich ein Festmahl und eine Feier vorgesehen, um euch in unserem Tal willkommen zu heißen. Das Horn wird euch zu diesem Fest in den Ratssaal rufen.«
KAPITEL 6
Es hatte Fidelma überrascht, daß sie nicht zu einem persönlichen Gespräch mit Laisre geladen wurde, um die eigenen Ansichten des Fürsten kennenzulernen. Es waren noch mehrere Stunden bis zum Beginn des abendlichen Fests, und Fidelma meinte, man hätte sie nutzbringend zu Vorgesprächen über die beiderseitige Haltung verwenden können. Anscheinend waren die Führer des Clans in dieser Sache gespalten. Man hatte ihr höflich bedeutet, daß weder Laisre noch Colla zu Vorgesprächen zur Verfügung standen. Deshalb fanden sie und Eadulf sich selbst überlassenund freundlich ignoriert, denn alle Bewohner des
rath
einschließlich Bruder Solin und seines jungen Schreibers schienen verschwunden.
Es war Fidelma, die vorschlug, sie könnten sich zweckmäßigerweise die Burg und ihr Gelände ansehen. So beschlossen sie also, eine Runde um die Befestigungen des
rath
zu machen, auf dem hölzernen Umgang an der Innenseite der Granitmauern. Sollte die Burg jemals angegriffen werden, konnten Krieger hier Verteidigungspositionen beziehen und mit ihren Bogen das Vorland beherrschen.
»Es ist der einzige Ort, der mir bisher aufgefallen ist, an dem uns keiner belauschen kann«, meinte Fidelma und sah sich um. »Den sollten wir uns merken, wenn wir uns mal ungestört unterhalten wollen.«
Sie standen an einer offenen Stelle der Mauer, weit weg von dem Wachposten über dem Tor.
»Beunruhigt dich denn etwas, weshalb du einen solchen Platz suchst?« erkundigte sich Eadulf.
»Ein paar Dinge beunruhigen mich«, gab Fidelma zu. »Vergiß nicht, daß das Rätsel der dreiunddreißig Leichen noch gelöst werden muß.«
»Du traust also Colla nicht zu, daß er wirkliche Beweise für das Morden mitbringt?«
»Das ist doch völlig klar«, erwiderte sie spitz. »Vielleicht hat Laisre einen triftigen Grund, uns hier zu behalten, aber ich habe das Gefühl, daß er uns nicht weiter nachforschen lassen will. Ich habe den Eindruck, man treibt ein Spiel mit uns. Warum läßt man uns untätig herumsitzen und kostbare Zeit vergeuden, in der wir den Zweck unserer Reise hierher recht gut erfüllen könnten?«
»Nun, wir können wenig tun, denn Laisre hat den Terminder Verhandlungen schon festgesetzt. Zu der Zeit ist Colla bereits unterwegs.«
Fidelma hob eine Schulter und ließ sie ausdrucksvoll wieder sinken.
»Ich fürchte, der Bericht, den er erstattet, wird uns wenig neue Erkenntnisse bringen. Aber etwas Näherliegendes macht mich besorgt, nämlich die Anwesenheit dieses Geistlichen aus Armagh. Es ist seltsam, daß er gerade jetzt hier auftaucht. Und wo sind er und sein junger Schreiber in diesem Moment? Bespricht er etwas mit Laisre, was ich nicht erfahren soll, und wenn ja, was?«
»Aber seine Anwesenheit kann doch keine schlimme Bedeutung haben?« Eadulf war überrascht von ihrem Verdacht.
»Natürlich kann sie das«, erwiderte Fidelma ernst. »Dies ist eine abgelegene Gemeinschaft, die normalerweise die Vertreter des Glaubens abweist. Doch jetzt lassen sie nicht nur eine Gesandtschaft von Imleach kommen, dem Hauptzentrum des Glaubens in Muman, sondern wir treffen hier auch einen Geistlichen aus Armagh an. Keinen einfachen Geistlichen, sondern den Sekretär Ultans von Armagh. Du weißt, daß Armagh das Hauptzentrum des Glaubens in Ulaidh ist. Vor dreißig Jahren erbat sich Cummian, der damals dort Bischof war, den Segen Roms dafür, daß er sich Erzbischof und oberster Bischof aller fünf Königreiche nennen dürfe. Imleach erkennt dieses Amt nicht an. Es stimmt zwar, daß Ultan als Comarb, also Nachfolger, Patricks anerkannt wird, aber hier hat Armagh keine Rechte. Und dieser Bruder Solin gefällt mir gar nicht. Wir müssen auf der Hut sein, denn ich fürchte, hier ist etwas nicht in Ordnung.«
Ihre Auffassung setzte Eadulf in Erstaunen, aber er stimmte ihr darin zu, daß Bruder Solin kein liebenswerter Mensch war.
»Er ist kein angenehmer Zeitgenosse. Er ist hinterhältig.«
»Hinterhältig? Inwiefern?« fragte Fidelma rasch. »Hast du deine
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